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Das Geheimnis von Sittaford

Das Geheimnis von Sittaford

Titel: Das Geheimnis von Sittaford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Emily Trefusis heißt, so bist du ein noch größerer Esel, als ich dachte – das ist alles, was ich dir zu sagen habe.»
    «Aber Tante Caroline…»
    «Ich bin abgespannt, Ronald. Schluss jetzt!»

22
     
    C harles Enderby dachte ohne jede Begeisterung an die ihm bevorstehende Nachtwache, von der er sich keinen Erfolg versprach. Emily – mit ihrer allzu lebhaften Phantasie – hatte den wenigen erlauschten Worten zweifellos eine Deutung beigelegt, die ihnen gar nicht zukam. Wenn ein Mensch müde ist, ersehnt er den Anbruch der Nacht, und wahrscheinlich war auch Mrs Willett müde gewesen.
    Verdrossen blickte er zum Fenster hinaus und erschauerte. Es war eine raue, neblige, nasskalte Nacht, die nicht im Mindesten dazu einlud, im Freien herumzulungern und zu warten, ob sich wohl irgendetwas ereignete.
    Trotzdem wagte er nicht, seinem heftigen Verlangen, im warmen Zimmer zu bleiben, nachzugeben. Er erinnerte sich der schmelzenden Stimme Emilys, als sie gesagt hatte: Ich muss das Gefühl haben, dass ich mich auf Sie verlassen kann! Und jetzt verließ sie sich auf ihn. Und er? Sollte er sich ihres Vertrauens unwürdig erweisen? Wie? Jenes schöne, hilflose Mädchen im Stich lassen? Niemals!
    Außerdem, überlegte er, während er mehrere Schichten Unterwäsche, Pullover und schließlich noch einen Mantel anzog, würden sich die Dinge verteufelt ungemütlich gestalten, wenn Emily bei ihrer Rückkehr herausfand, dass er seinem Versprechen untreu geworden war. Sie würde ihn abkanzeln, vielleicht auch ganz mit ihm brechen. Nein, dieser Gefahr durfte er sich nicht aussetzen! Was aber das erwartete nächtliche Ereignis anging – ja, wann und wo sollte es sich eigentlich zutragen? Er konnte doch nicht überall gleichzeitig sein! Und wenn es nun innerhalb der Mauern von Mrs Willetts Residenz geschah? Nichts würde er dann davon hören und sehen!
    «Das ist so richtig Weiberart», nörgelte der junge Mann. «Zum Vergnügen nach Exeter fahren und mir die Dreckarbeit überlassen!»
    Doch dann erinnerte er sich abermals der schmelzenden Stimme und schämte sich seines Zorns. Schnell stülpte er die Mütze auf und schlich sich, ohne dass es Mrs Curtis’ scharfes Ohr hörte, zum Haus hinaus.
    Die Nacht war noch kälter und unfreundlicher, als er gedacht hatte. Ob Emily sich wohl vergegenwärtigte, welche Leiden er ihretwegen auf sich nahm? Hoffentlich! Seine Hand tastete nach der rückwärtigen Tasche und streichelte zärtlich eine dort verborgene Flasche.
    «Des Mannes bester Freund!» murmelte er.
    Mit geziemender Vorsicht pirschte er sich auf das feindliche Gebiet. Da die Willetts keinen Hund hielten, brauchte er in dieser Hinsicht wenigstens keine Sorge zu haben. Dunkel lag das Haus des ermordeten Captain da, mit Ausnahme eines erleuchteten Fensters im ersten Stock.
    «Diese beiden Frauen mutterseelenallein in dem großen Kasten! Na, angenehm kann das auch nicht gerade sein…»
    Er ging, einen gewissen Abstand innehaltend, rund um das Haus herum, doch soweit er sehen konnte, deutete nichts auf irgendetwas Ungewöhnliches hin. Hierauf stattete er der Garage, dem Geräteschuppen und sonstigen Nebengebäuden einen Besuch ab und überzeugte sich, dass sie sämtlich verschlossen waren.
    «Gott gebe, dass sich etwas ereignet!», seufzte Charles, als die Stunden dahinschlichen, und nahm einen tüchtigen Schluck aus der Flasche. «So eine Kälte habe ich noch nie erlebt. Armer, lieber Vater, was musst du an der Front durchgemacht haben!»
    Er blickte auf seine Uhr. Was, erst Viertel vor zwölf? Und er hatte die Morgendämmerung schon nahe gewähnt!
    Ein unerwarteter Laut ließ ihn die Ohren spitzen, ein Laut, als ob jemand vorsichtig einen Riegel zurückzöge. Behände von Busch zu Busch springend, wagte Charles sich näher ans Haus heran. Ja, sein Gehör hatte ihn nicht getäuscht: Die kleine Seitentür wurde langsam geöffnet. Eine dunkle Gestalt stand auf der Schwelle und spähte offenbar besorgt in das Dunkel hinaus.
    «Mrs oder Miss Willett», sagte der nächtliche Kundschafter zu sich selbst. «Aber ich vermute, es ist die blonde Violet.»
    Nach zwei Minuten schloss die spähende Frau geräuschlos die Tür und begann sich in der dem Haupteingang entgegengesetzten Richtung zu entfernen. Wie Enderby wusste, führte der Pfad, den sie einschlug, durch ein kleines Wäldchen hinaus aufs freie Moor.
    Jetzt ging die Gestalt ganz nahe an dem Busch vorüber, hinter dem Charles Enderby kauerte, so nahe, dass er Violet Willett, in einen

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