Das Geheimnis von Turtle Bay
Golf, und …“
Manny bog auf den Parkplatz seiner Kirche ein, umfasste das Lenkrad und presste die Stirn auf seine Hände. Sie hatten den Leichnam gefunden. Bree hatte die Tote gefunden. Nun würden noch wildere Vermutungen ausgesprochen werden, und vielleicht folgten dann Vorwürfe und Verdächtigungen. Er konnte nur hoffen, dass ihr Tod als Unfall eingestuft wurde, damit es nicht dazu kam.
Trotz seiner vielen Sorgen hatte Manny seit Jahren nicht mehr geweint. So etwas tat kein echter Macho . Doch jetzt konnte er die Tränen nicht länger zurückhalten, sie liefen ihm über die Wangen und tropften auf seine Jeans. Zu viel … es war einfach zu viel, was sich seiner Kontrolle entzog. Er war es Bree schuldig, bei ihr zu sein und sie zu trösten, auch wenn sie nur noch Augen für Cole DeRoca hatte. Und sie hatte ihre andere Schwester und deren einflussreichen Ehemann, wenn sie sie brauchte. Caramba , wenn es auch nur einen Hinweis darauf gab, dass jemand Daria etwas angetan hatte …
„Die Behörden haben eine Autopsie angekündigt“ , redete die Stimme aus dem Radio weiter, „um die genaue Todesursache festzustellen und um Fremdverschulden auszuschließen.“
Fremdverschulden! Was für ein dummes, nüchternes Wort für eine schreckliche Sache.
Manny zuckte zusammen, als sein Mobiltelefon klingelte. Mit dem Ärmel wischte er sich die Tränen ab und griff nach dem Telefon auf dem Beifahrersitz. Bestimmt war es seine Frau, die die Nachrichten gehört hatte und ihm sagen wollte, dass man Daria gefunden hatte. Oder – Gott behüte – dass Lucinda etwas zugestoßen war.
„Que pasa?“
„Es geht um Lucinda“ , berichtete ihm Juanita hastig. „Sie ist zurückgekommen, als sie gehört hat, dass Daria tot ist. Weißt du das auch schon?“
„ Sí. Muy malo! Aber immerhin ist dadurch meine Tochter wieder da. Gib sie mir.“
„Sie sagt, es tut ihr leid. Sie ist zu deiner Mama gegangen. Sie war bei Freunden … bei ihren weißen Freunden. Keine Jungs, hat sie gesagt.“
„Ich komme nach Hause, dann muss ich zu Bree fahren und ihr helfen, wo ich kann, nachdem …“
„Nachdem was?“
„Ich bin sofort da. Und diese chica sollte lieber auf mich warten“ , murmelte er und beendete das Gespräch.
Auf der kurzen Heimfahrt ging er hart mit sich ins Gericht. Er hatte Darias Tod verursacht, und Bree wusste es. Wäre er bloß da gewesen, hatte sie gesagt. Aber eigentlich waren seine trotzige Tochter und seine geliebte Mutter der Grund dafür gewesen. Es lastete einfach zu großer Druck auf ihm. Er musste die Kontrolle über seine Familie zurückerlangen, und er brauchte Geld. Es necesario! Jetzt gehörte ihm das Bergungsunternehmen zur Hälfte. Er hatte getan, was er tun musste.
Mit geballten Fäusten trommelte er auf die Tür, wütend auf sich, seine Tochter und die ganze Welt. Juanita öffnete ihm, hob aber sofort beide Hände, um ihn zu bremsen.
„Bring sie mir her“ , befahl er und eilte an Juanita vorbei. In der kleinen, beengten Küche drehte er sich zu ihr um und senkte seine Stimme: „Meine kranke Mutter muss sich das nicht anhören. Lucinda wird sich nicht hinter ihr oder hinter dir verstecken. Ich sagte, bring sie her.“
„Und ich sagte, es tut ihr sehr leid. Sie hat ihre Lektion gelernt“ , bat ihn seine Frau. „Und zügele dein Temperament. Du weißt, dass nichts Gutes dabei herauskommt.“
Bis zum nächsten Morgen hatte Bree so viele Tränen vergossen, dass sie sich wie ausgedörrt fühlte. Als der Pastor vorbeikam, fragte sie ihn, ob sie für den Gedenkgottesdienst die kleine Turtle Bay Community Church benutzen dürften. Die Zwillinge hatten die am Meer gelegene Kirche schon immer gemocht. Wenn sie aufstanden, um ein Loblied zu singen, dann konnten sie auf die Bucht und die weite See dahinter blicken. Außerdem war es eine sehr nette Gemeinde. Aber Pastor Wallace machte einen guten Gegenvorschlag, als er sagte, der Gottesdienst könnte doch auch auf dem Rasen hinter der Kirche stattfinden, sofern das Wetter mitspielte. Von dort aus hatte man einen wunderschönen Blick auf die Bucht. „Die Familie der Verschiedenen“ , wie er es formulierte, hatte viele Freunde, und angesichts der Berichterstattung in den Medien würden sicher auch viele Fremde herkommen, um ihr Beileid auszusprechen.
Würde unter diesen Fremden auch jemand sein, der wegen des Berichts über das verschmutzte Wasser im Golf gegen sie oder Daria einen Groll hegte? fragte sich Bree insgeheim. Ganz sicher würde ein
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