Das Geheimnis von Turtle Bay
solcher Jemand nicht bei den Freunden zu finden sein.
Nach dem Besuch des Pastors verbrachte Bree einige hektische Stunden. Sie traf sich mit ihrem Anwalt, um über Darias Testament zu reden. Wegen ihrer manchmal doch gefährlichen Arbeit hatten sie beide ein Testament hinterlegt und sich gegenseitig als Erbinnen eingesetzt. Sollte ihnen beiden etwas zustoßen, dann rückten Amelias Söhne als Erben nach. Sie hatten sich dafür an den einzigen Anwalt in Turtle Bay gewandt, da sie fürchteten, Ben könnte sonst versuchen, über ihr Erbe zu bestimmen. Auf Darias Vorschlag hin hatten sie erst vor Kurzem einen Nachtrag aufnehmen lassen, wonach Manny vollwertiger Partner in ihrem Geschäft werden sollte, falls eine von ihnen ums Leben kam.
Vom Anwalt aus ging es weiter zu einem Treffen mit Amelia und Ben, um den Sarg auszuwählen, ein Bestattungsunternehmen zu beauftragen und die Beisetzung neben Darias Eltern zu veranlassen. Allerdings protestierte Amelia beharrlich, dass sie ein eigenes Grab bekommen sollte, auch wenn es auf dem gleichen Friedhof lag. Das Grab, das ihr Vater nach dem Tod ihrer Mutter gekauft hatte, bestand aus drei Einzelgräbern, doch niemand kannte den Grund dafür. „Vielleicht galt der Kaufpreis für drei Gräber, und dein Dad hat das dritte Grab einfach mitgekauft“ , meinte Ben dazu.
All diese Dinge waren bereits in Angriff genommen, und dabei war der Leichnam noch gar nicht freigegeben. Ganz zu schweigen davon, dass sie noch keine Antworten auf all ihre Fragen bekommen hatte, überlegte Bree. Sie versprach Ben und Amelia, zum Abendessen zu ihnen zu kommen und mit den Jungs zu reden, doch kaum waren sie abgefahren, schaute Cole bei ihr vorbei.
„Ich weiß noch nicht, wann wir vom Rechtsmediziner hören“ , rief sie ihm zu, als sie ihn in der Tür stehen sah. Sie umarmten sich zum Gruß, er küsste sie auf die Wange. Dabei fiel ihr auf, wie erschöpft er wirkte.
„Vermutlich schmecke ich vor lauter Tränen so salzig wie das Wasser im Golf“ , warnte sie ihn.
„Und wie kommst du zurecht?“
Arm in Arm wie alte Freunde oder wie ein zufriedenes Liebespaar schlenderten sie zum Sofa. „Cole, ich hoffe so sehr, der Rechtsmediziner und die Polizei kommen zu dem zweifelsfreien Schluss, dass es sich um einen Unfalltod handelt. Ich … ich glaube nicht, dass ich irgendetwas anderes ertragen könnte.“ Sie setzte sich zu ihm, stellte ein Bein angewinkelt auf die Sitzfläche und drückte sich ein Kissen gegen die Brust, damit sie sich nicht wie auf Sams Barkasse wieder in Coles Schoß sinken ließ.
„Ganz sicher nicht“ , sagte er und legte seine Hand auf ihre. „Bist du schon ihre Sachen durchgegangen?“
„Ben sagte, ich soll das nicht machen, falls wegen eines Verbrechens ermittelt werden muss. Er … ach, bei ihm ist es reine Routine, so zu denken. Er hat zu viele Verbrechen verhandeln müssen. Es kann nichts anderes als ein schrecklicher, verrückter Unfall gewesen sein, eine Tragödie. Ich weiß, ich habe mich geirrt, als ich die ganze Zeit über dachte, dass sie noch lebt, obwohl das gar nicht möglich war. Aber ich konnte den Gedanken an ihren Tod einfach nicht ertragen.“
„Ich nehme an, wenn man sich so nahegestanden hat, dann ist es als Erwachsener nicht so leicht zuzugeben, dass die Verbindung vielleicht gar nicht so intensiv ist.“
Sie warf ihm einen skeptischen Blick zu. „Wir hatten einen unterschiedlichen Geschmack und unterschiedliche Freunde, aber jede von uns wusste alles über die andere. Es muss ein Unfall gewesen sein, verdammt noch mal! Man kann sich nicht an jemanden heranschleichen und ihn überraschen, wenn dieser Jemand sich mitten im Golf von Mexiko aufhält und ringsum meilenweit von Wasser umgeben ist. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich einen Bootsmotor gehört habe. Ich habe ja nicht mal gehört, wie der Motor unseres Boots gestartet wurde, und das Geräusch ist mir bestens vertraut, auch unter Wasser.“
Die Türklingel erklang, woraufhin Bree aufsprang wie bei einem Feueralarm. „Vielleicht irgendwelche Freunde“ , sagte sie und ging zur Treppe. „Die haben inzwischen so viel Essen vorbeigebracht, ich könnte eine ganze Armee damit verpflegen. Und trotzdem beharrt Amelia darauf, dass ich heute Abend zu ihr zum Essen komme. Wenn es wieder ein Reporter ist, mache ich nicht auf.“
Sie hörte, wie ihr Cole nach unten folgte. Es war eigenartig – sie kannte ihn erst seit drei Tagen, und doch vertraute sie ihm ohne Vorbehalte. Als sie das
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