Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis von Turtle Bay

Das Geheimnis von Turtle Bay

Titel: Das Geheimnis von Turtle Bay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Harper
Vom Netzwerk:
ohne Daria weitergehen sollte. Wie seltsam, dass sie sich seit diesem schicksalhaften Tag keine Gedanken über ihr Geschäft gemacht hatte.
    Falls jemand Darias Tod zu verantworten hatte, war derjenige davon ausgegangen, dass ihre Zwillingsschwester allein in einem tosenden Unwetter auch nicht überleben würde?
    Nach gut einem Kilometer entdeckte Bree ein handgemaltes Hinweisschild, das zum Gator Watering Hole führte. Das Wasserloch selbst war ein mit Wasser gefüllter Graben, der das Gebäude und einen kleinen Parkplatz auf drei Seiten umgab. In dem Wasser konnte sich durchaus der eine oder andere Alligator versteckt halten. Immerhin statten die Tiere in dieser Region sogar Golfplätzen, Zierteichen, Kanälen und Gräben einen Besuch ab. Die Leute mussten stets auf kleine Hunde und Kinder aufpassen und sich selbst natürlich auch in Acht nehmen.
    Das Lokal – sofern man es so bezeichnen wollte – erinnerte an eine Wellblechhütte, was im Kern ja auch auf sie zutraf. Das Dach bestand zum größten Teil aus robustem, altem Florida-Blech, über der Veranda war es dagegen aus Palmwedeln zusammengesteckt. Es erinnerte an die Hütten der Seminolen, die bei Cabañas und bei Poolbars in mondänen Hotels salonfähig gemacht worden waren. Allerdings war an diesem baufälligen Schuppen nichts mondän.
    Bree war sich ziemlich sicher, dass sie einer falschen Fährte folgte. Selbst wenn Daria von ihrem Kurs aus nicht viel Zeit benötigte, um herzukommen, konnte sich Bree nicht vorstellen, dass sie sich hier mit jemandem getroffen haben könnte. Außerdem war es hier nachts stockfinster.
    Sie kam zu dem Schluss, noch einmal den Kurs aufzusuchen und die anderen Teilnehmer zu fragen, ob sie vielleicht zu mehreren Leuten gemeinsam hergefahren waren. Oder hatte Daria den Bierdeckel irgendwo gefunden und behalten, weil er ihr gefiel? Aber diese Zeile „Hab dich lieb“ irritierte sie. Für wen hatte sie das aufgeschrieben, und von wem stammte die Erwiderung? Sie mussten diese Antworten jetzt bekommen, bevor Daria beigesetzt wurde, weil nur so Normalität in ihr Leben zurückkehren konnte. Da sie nun schon mal hier war und es ein helllichter, wenn auch völlig verregneter Tag war, konnten ein paar Fragen ihr vielleicht helfen, zur Ruhe zu kommen.
    Drei Pick-ups parkten vor dem Gebäude, einer dahinter, zwei davon in einem bedenklich verrosteten Zustand. Im Rückfenster des einen Trucks hing eine Konföderiertenflagge, außen war eine Gewehrhalterung montiert, was in dieser Gegend nichts Ungewöhnliches darstellte. Ein Wagen hatte riesige Ballonreifen, wie man sie für sogenannte Sumpfbuggy-Wettrennen benutzte, bei denen es einen morastigen Parcours zu bewältigen galt. Bree stellte ihren Wagen seitlich am Gebäude ab, um von den anderen Fahrzeugen weit entfernt zu sein.
    Sie fasste Mut, als sie eine Frau auf die Veranda kommen sah, wo sie eine Zigarette anzündete. Ihr Haar war stark toupiert, sie trug zu viel Make-up, und ihre Shorts und das Top waren mindestens zwei Nummern zu klein, aber wenigstens bevölkerten nicht nur Männer den Laden. Nach ein paar Zügen warf sie die Zigarette in eine Pfütze und verschwand wieder im Laden. Vielleicht war sie die Köchin oder die Barfrau.
    Bree parkte rückwärts vor einer Schwelle aus Palmenstämmen, damit sie sofort abfahren konnte, sollte die Situation das erforderlich machen. Als die Reifen gegen dieses Hindernis stießen, erinnerte sie sich an etwas scheinbar längst Vergessenes.
    Bis etwa zu ihrem zehnten Lebensjahr hatte ihr Dad Daria oft im Spaß als „den weiblichen Evel Knievel der Tiefe“ bezeichnet, weil sie dafür bekannt war, Risiken einzugehen, indem sie gern zu schnell oder zu tief tauchte. Erst als sie bei einem Tauchgang fast erstickt wäre, weil sie unter Wasser unbedingt Kaugummi kauen musste und sich daran verschluckte, wurde sie etwas ruhiger. Ja, genau, dachte Bree. Daria war so davon überzeugt gewesen, ihr könne gar nichts passieren, dass sie es geliebt hatte, immer neue Risiken einzugehen.
    Bree dagegen war immer die Bedächtigere von ihnen gewesen, und sie würde auch hier kein unnötiges Risiko eingehen. Nur schnell ein paar Fragen stellen und dann gleich wieder aufbrechen.
    Als sie zur Tür ging, wurde der Wind stärker und wehte die Wolken vor sich her, die noch mehr Regen brachten. Die Windrichtung war die gleiche wie an dem Tag, als Daria umgekommen war.
    Das Erste, was sie beim Eintreten wahrnahm, war der Regen, der unglaublich laut auf das Blechdach

Weitere Kostenlose Bücher