Das Geheimnis von Turtle Bay
mitzunehmen, die ihr Angst bereitete, die sie zugleich aber auch zur Vernunft brachte.
„Zwei Dinge“ , erklärte er mit todernster Stimme. „Du bleibst hier, bis ich zurück bin. Und auch wenn er sehr hilfsbereit war, halt dich weiterhin von Sam Travers fern.“
„Es kann sein, dass er zur Beerdigung kommt. Nachdem er uns geholfen hat, Daria zu finden, kann ich ihm das schlecht verbieten.“
„Ich meine damit nur, du sollst auf Abstand zu ihm bleiben, klar?“ Er lehnte sich weit zurück, damit er ihr einen ernsten Blick zuwerfen konnte. Sie war es nicht gewöhnt, sich Vorschriften machen zu lassen, doch wenn sie von Cole kamen, konnte sie vielleicht eine Ausnahme machen.
„Schon gut, ich halte mich von Sam fern.“
„Und in der Zwischenzeit“ , er ließ sie los und betrachtete nachdenklich seine Hände, „nehme ich Manny als Rückendeckung mit. Du kannst für seine Tochter Babysitterin spielen. Mir ist nämlich gerade nach einer Flasche Mountain Brewed im guten alten Gator Watering Hole.“
Bree versuchte sich von ihren Problemen abzulenken, indem sie Lucindas Klagen lauschte. Dennoch kreisten ihre Gedanken weiter um Cole. Zusammen mit Manny übernahm er jetzt die Drecksarbeit, um herauszufinden, wer der Mann war, mit dem sich Daria heimlich getroffen hatte. Sie befürchtete aber auch, dass er es bei dieser Gelegenheit ihrem Angreifer heimzahlen wollte, und sie ertrug die Vorstellung nicht, ihm oder Manny könnte etwas zustoßen.
Lucinda war sichtlich froh darüber, nicht länger das Lager fegen zu müssen. Außerdem war sie so wenigstens eine Weile ihren Vater los. Nachdem Bree sich geduscht und die Haare gewaschen hatte, setzten sie sich an den Tisch in ihrem Apartment und aßen vom Shrimpssalat und von den Keksen, die man ihr vorbeigebracht hatte. Bree war zu nervös, um Hunger zu verspüren, aber Lucinda aß mit großem Appetit. Sie war ein hübsches Mädchen mit lebhaften braunen Augen. Zwar war sie nicht ganz schlank, doch gerade ihre Rundungen verliehen ihr eine sinnliche Figur. Kein Wunder, dass Manny sie im Auge behalten wollte. Sie redete munter drauflos, bis sie etwas sagte, das Bree aus ihren quälenden Gedanken riss.
„Wenn ich dir was verrate, Bree, schwörst du mir, meinem Dad nichts zu sagen?“
„Wenn es etwas Schlimmes oder Gefährliches ist, dann solltest du mir das besser nicht verraten. Manny ist mein Angestellter, und er ist auch ein Freund.“
Lucinda zog die Augenbrauen hoch. „Ja, aber er ist doch jetzt dein Geschäftspartner.“
„Ja, sobald alles wieder in geordneten Bahnen verläuft. Mir war nicht klar, dass du das weißt.“
„Ich kriege eine Menge mit. Wie das, was der Typ über dich gesagt hat, der die Schwimmflossen hergebracht hatte. Aber Dad hat schon vor langer Zeit der ganzen Familie von der Partnerschaft erzählt. Das ist ’ne tolle Sache, weil wir das Geld wirklich gebrauchen können. Ist es okay, wenn ich dich was frage, anstatt dir ein Geheimnis anzuvertrauen?“
Bree kannte die gesamte Familie Salazar. Lucinda war von allen die Einzige, die wie eine Amerikanerin klang, nicht wie eine Latina. Genau das störte Manny, für den seine Tochter viel zu amerikanisch war. Bree sah das gelassener, wollte sich aber keinesfalls einmischen.
„Na gut, Lucinda, dann schieß mal los“ , forderte Bree sie auf, anstatt sie auszufragen, was Manny noch über diese Partnerschaft gesagt hatte.
„Zuerst mal kannst du Cindi zu mir sagen, wenn du möchtest. Mit einem i am Ende. Ich male gern über jedes i ein Herzchen oder einen Smiley, weißt du?“
„Ja, klar. Aber wenn dein Vater dabei ist, bleibe ich vielleicht besser bei Lucinda, oder?“
„O ja.“ Sie verdrehte die Augen. „Weißt du, es ist echt toll, mal mit einem Erwachsenen zu reden, der mich auch versteht. Okay, also nehmen wir mal an, eine Freundin von mir – eine Latina – verliebt sich in einen amerikanischen Jungen, der so richtig total amerikanisch ist. Blond, toller Body, groß, Basketballer. Ein richtig heißer Typ. Und nehmen wir an, seinen Eltern gefällt das nicht, weil die meinen, dass Latinos alle nur illegale Einwanderer sind. Und Katholiken, keine Baptisten, auch wenn das stimmt. Jedenfalls frage ich dich das für meine Freundin, weil du in der Highschool mit Sams Sohn gegangen bist und Sam total dagegen war.“
„Nein, das stimmt so nicht“ , widersprach Bree, schob den Teller weg und lehnte sich müde auf ihrem Stuhl nach hinten, während sie sich die Augen rieb. „Sam Travers
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