Das Geheimnis von Turtle Bay
setzten sich an das kurze Ende der Theke, sodass sie das gesamte Lokal überblicken konnten, in dem inzwischen deutlich mehr los war als zu der Zeit, als Bree sich hier gewesen war. Dank ihrer Beschreibung erkannte Cole den Barkeeper auf Anhieb. Er sah ihm an, dass ihm Mannys Anwesenheit nicht gefiel, als ob ein einzelner Mexikaner sich in dieser konservativen Region mit einem Amerikaner anlegen würde. Um die Aufmerksamkeit des Barkeepers auf sich zu lenken, bestellte Cole auf Spanisch. „ Dos cervezas de aqui – Mountain Brewed.“
Der Mann zog eine dichte Augenbraue hoch. „Davon verkauf ich hier nicht viel. Hab nur einen besonderen Kunden, für den ich ’nen Kasten dahabe.“
„Ach, ja? Könnte ein Freund von mir sein. Dunkelhaarig, ziemlich durchtrainiert?“
„Kann schon sein“ , meinte der Barkeeper nervös. „Kommt nie selbst rein, schickt immer ’ne Freundin her.“ Er griff nach dem Flaschenöffner und drückte den Kronkorken hoch.
Cole überlegte, ob er sich dumm stellen sollte, was Brees Besuch in dieser Kneipe anging, aber vermutlich würde das nicht funktionieren. Also entschied er sich für die direkte Methode von Mann zu Mann und hoffte, nicht handgreiflich werden zu müssen, auch wenn er dazu bereit war. Aber ein falsches Wort oder eine falsche Bewegung, und sie würden es wohl mit allen Gästen gleichzeitig zu tun bekommen.
„Wir sind mit der Frau befreundet, die heute Mittag hier war“ , sagte er mit gedämpfter Stimme. „Die Frau, die zwei Flaschen Mountain Brewed mitgenommen hat.“
„Was ist mit dem Kerl los, den Sie suchen?“ , fragte er. „Ich schwöre Ihnen, ich kenne seinen Namen nicht. Und ich weiß auch nicht, wofür ’ne Lady wie sie sich mit ihm hier trifft – obwohl … na ja, schätze, ich weiß wofür“ , fügte er mit einem schiefen Grinsen an.
„Hat Bess den Mann genauer gesehen?“
Der Barkeeper erschrak, dass Cole den Namen der Frau kannte. „Was ist das Problem, hab ich gefragt“ , wollte er wissen, sprach aber unverändert leise weiter. „Hat er sie sitzen lassen, und sie will ihn zurück, oder was?“
„Richtig“ , erwiderte Cole. „ Oder was . Kann ich kurz mit Bess sprechen?“
„Die hat viel zu tun. Der Fisch muss gebraten werden.“
„Wissen Sie, wir haben auch viel zu tun. Wenn ich mich mal eben mit ihr unterhalten kann, dann werde ich nicht mehr so versessen darauf sein, bei der Polizei Anzeige zu erstatten, weil die Frau heute Mittag von einem Kerl mit einem Schraubenschlüssel angegriffen wurde, als sie mit den zwei Flaschen Bier hier rausspazierte. Ihr Angreifer könnte der Beschreibung nach der gleiche Mann gewesen sein, nach dem ich suche. Aber ich kann auch die Cops nach ihm suchen lassen, und die werden sich dann etwas gründlicher hier umsehen, die Schanklizenz überprüfen, den Gästen Fragen stellen und …“
„Schon gut, ich habe kapiert. Kommen Sie mit nach hinten, dann können Sie mit ihr reden. Und das Gesundheitsamt muss uns auch keine Lebensmittelkontrolleure schicken, falls Sie das als Nächstes sagen wollten.“
Die Beschreibung, die Bess von dem geheimnisvollen Mann lieferte, war kein bisschen erhellender, sondern so vage wie das, was der Barkeeper und Bree gesagt hatten. „Aber eine Sache war seltsam“ , fügte sie an, nachdem der Barkeeper wieder ins Lokal zurückgekehrt war und Cole und Manny eben gehen wollten.
„Und zwar? Wissen Sie, jede Kleinigkeit kann unter Umständen weiterhelfen.“
„Ein paarmal kam es mir so vor, dass sie sich mit verschiedenen Typen traf. Als würde sie sich hier mit Kunden verabreden oder so. Sie wissen schon – Freier. Wenn Sie mit ihr was haben, würde ich sie an Ihrer Stelle danach fragen.“
Cole schlug mit der flachen Hand so fest auf den Tresen, dass die ausgebreiteten Messer einen Satz machten. Schnell griff Bess nach einem Messer und hielt es vor sich.
„Ich wollte damit nichts andeuten, ich hab nur die Wahrheit gesagt“ , murmelte sie. „Wenn Ihnen das nicht passt, dann verschwinden Sie, bevor ich Jerry rufe.“
Manny stieg in Coles Achtung, als er im gleichen Moment Rückendeckung gab, indem er sich zur Tür umdrehte, um vorbereitet zu sein, sollte sie ihre Drohung wahr machen. Cole presste die Lippen aufeinander und knirschte mit den Zähnen.
„Können Sie irgendeinen von den Männern beschreiben, mit denen sie sich traf?“
„Hören Sie, Mister. Nachts ist es da draußen stockfinster, und ich steh hier und mach den Abwasch oder kümmere mich ums Essen.
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