Das Geheimnis von Turtle Bay
Ich werfe nur mal zwischendurch ’nen Blick nach draußen, mehr nicht. Es waren mindestens zwei verschiedene Typen, einer davon größer und schmaler als der andere. Mehr weiß ich nicht.“
Cole fuhr sich durchs Haar. „Danke für Ihre Hilfe, und ich weiß Ihre Ehrlichkeit zu schätzen“ , sagte er, dann gingen sie durch die Bar nach draußen.
Allerdings beabsichtigte er, Bree gegenüber weniger aufrichtig zu sein.
Nachdem es aufgehört hatte zu regnen, wollte Lucinda auf der Terrasse sitzen, um von dort das Treiben am Hafen zu beobachten, aber Bree war nicht wohl dabei. Solange Cole nichts über ihren Angreifer in Erfahrung gebracht hatte, wollte sie keinen Schritt vor die Tür machen.
Es ärgerte sie maßlos, dass sie so empfand. Sie wollte kein Opfer sein oder sich ihrer Freiheit berauben lassen. Natürlich musste sie von nun an vorsichtiger sein, aber ob ihr Angreifer ihr nur Angst einjagen oder sie für immer zum Schweigen bringen wollte, sie würde das nicht mitmachen. Ein gut geplanter Angriff war zweifellos die beste Verteidigung.
„Wie wär’s, wenn du uns zwei Gläser Orangensaft bringst? Ich geh kurz nach oben“ , schlug Bree vor. „Und lass uns lieber im Patio sitzen. Die Stühle auf der Terrasse werden vom Regen völlig durchnässt sein. Aber wir können die Tür aufmachen. So haben wir frische Luft, eine schöne Aussicht und einen trockenen Allerwertesten.“
Während Lucinda in der Küche verschwand, ging Bree ins Badezimmer und von dort weiter ins Schlafzimmer, wo sie ihr noch feuchtes Haar ausbürstete. Zurück im Flur zögerte sie kurz, als sie die geschlossene Tür zu Darias Zimmer sah. Manny hatte ihr erzählt, Sam habe für Ted regelrecht einen Schrein errichtet, ganz sicher etwas mit vielen Erinnerungsstücken und Fotos. Bree würde eine solche Besessenheit nicht entwickeln, und Daria hätte das auch gar nicht gewollt.
Nach der Beerdigung wollte sie aber doch noch einmal die Sachen ihrer Schwester durchsehen. Sie würde einen Teil ihrer Kleidung der Kirche geben, die sie an Einwandererfamilien verteilen konnte. Wertvolles würde sie natürlich behalten, und das ein oder andere konnte Amelia haben. Bei ihrer gestrigen Suche waren ihr einige neue Kleidungsstücke aufgefallen, die Daria noch gar nicht getragen hatte. Vielleicht würde sie sogar einiges davon für sich behalten. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie Kleider tauschten.
Aus einem unerklärlichen Grund fühlte sie sich veranlasst, die Tür zu öffnen und einen Blick in den Raum zu werfen. Abrupt hielt sie den Atem an und schlug die Hände mit solcher Wucht vor den Mund, dass die Verletzung an ihrer Unterlippe schmerzte.
Sicher, Daria hatte ihr Zimmer unaufgeräumt zurückgelassen, und Bree selbst hatte das Durcheinander noch etwas vergrößert, doch so hatte sie es nicht verlassen. Was hatte sich während ihrer Abwesenheit hier also abgespielt?
Das Kissen auf dem Bett war aus dem Bezug geholt worden, das Foto, das sie in Griechenland gemacht hatten, hing schief an der Wand, und aus einer Schublade hing eine Socke heraus. Und zwei Paar Schuhe schauten jetzt unter dem Bett hervor, obwohl sie sich ein Stück weit darunter befunden hatten.
Zitternd schaute Briana hinter die Tür, sah unter dem Bett nach und öffnete den Schrank, in dem die Kleidung anders angeordnet zu sein schien als zuvor. Sie zog die Schubladen auf, die sie schon einmal durchsucht hatte, und musterte vor allem die oberste Lade, da sie sich sicher war, dass irgendjemand sie inzwischen durchwühlt hatte.
Der Bierdeckel aus dem Gator Watering Hole war verschwunden.
Fast hätte sie auf der Stelle Cole auf seinem Mobiltelefon angerufen, doch ihr fiel noch rechtzeitig ein, dass sie Amelia einen Wohnungsschlüssel gegeben hatte. Sie war so erfreut darüber gewesen, als hätte Bree ihr den Heiligen Gral überreicht. Vielleicht hatte Amelia ein Erinnerungsstück an Daria haben wollen, und sie war dafür hergekommen – wahrscheinlich war das allerdings nicht. Außerdem hätte sie nicht ein solches Chaos hinterlassen.
Und natürlich wusste Manny, dass sich in Brees Schreibtisch ein Ersatzschlüssel für das Apartment befand. Er war den ganzen Morgen hier gewesen, während Lucinda das Lager fegte.
Bestürzt kehrte sie zu Lucinda zurück, die zwei Gläser Orangensaft auf den Wohnzimmertisch gestellt hatte, gleich neben die orangefarbene Orchidee von Cole. Außerdem hatte sie die Flügel der Terrassentür geöffnet, sodass von der Bucht eine warme Brise
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