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Das Geheimnis zweier Ozeane

Das Geheimnis zweier Ozeane

Titel: Das Geheimnis zweier Ozeane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grigori Adamow
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für einen Sinn gehabt? Wozu wäre diese lange Kette des Verrats und der Lüge nötig gewesen? Wofür hatte er achtundzwanzig Menschen geopfert? Anna! Anna! Er sah in Gedanken ihr schönes, hochmütiges Gesicht. Warum hatte er sie damals nicht gleich mit in die Heimat genommen? Dieser verwünschte Alte, diese Kreatur Majedas! Gekauft hatten sie ihn mit schnödem Gold. Anna war anspruchsvoll, sie liebte Schmuck und schöne Kleider. Sie wollte das Leben einer reichen, verwöhnten Frau führen. Nein, niemals wäre sie ihm in die Heimat gefolgt. Dort mußte man arbeiten! Er liebte Anna! Er konnte nicht auf sie verzichten. Ahnte sie, wie es ihm jetzt erging? Er opferte sein Leben für sie … hatte das alles einen Sinn?
    Mit leeren Augen starrte der einsame Schwimmer vor sich hin. Die Wellen schlugen über ihm zusammen; wie durch einen Schleier, gespenstisch und unwirklich, sah er die Gesichter der lebenslustigen, lachenden Menschen, in deren Mitte er noch vor einigen Stunden an Bord der ,Pionier‘ geweilt hatte. Da war der liebenswerte Kapitän Woronzow, der sich nachdenklich über das Bärtchen strich; da waren der lebhafte Marat mit der ungebärdigen Haarsträhne über dem Scheitel, der gutmütige Riese Skworeschnja, der zutrauliche Lord und der treuherzige, ewig aufgeregte Schelawin. – Schelawin, der ihm, Gorelow, das Leben gerettet hatte! Wie vergalt er es ihm? Gorelow sah Pawlik lachen … Pawlik, der einem immer in die Quere kommen mußte. Da war auch Leutnant Krawzow, breitgesichtig und mit Koteletten. Ein Dummkopf! Kannte das Dienstreglement nicht! Ein Schwätzer! Ein hohler Stutzer! Hatte ihn aus dem U-Boot herausgelassen! War wie ein Gimpel auf den Leim gegangen! Zweifelsohne hatte der Kapitän verboten, ihn ohne besondere Erlaubnis von Bord gehen zu lassen. Er hatte ja schon lange gefühlt, daß man ihm mißtraute, daß man ihn verdächtigte. Wenn ihm dieser Einfaltspinsel keinen Passierschein gegeben hätte, wäre vielleicht alles anders gekommen … Unsinn! Die Uhr war bereits aufgezogen gewesen, der Schließmechanismus der Gaskammertür beschädigt. Nichts hätte mehr die Vernichtung aufhalten können. – Und jetzt sank die Sonne immer tiefer, und mit ihr versank auch in der Finsternis sein, Gorelows, Leben …
    Er rang nach Luft. In seinem Hirn jagten sich wie Schemen verworrene Gedanken. Er nahm zwei Schluck des kostbaren Wassers, fühlte sich aber nicht erfrischt. Ihm wurde schlecht. Angst packte ihn. Gorelow ließ die Schraube an und wurde durch den plötzlichen Auftrieb fast einen halben Meter über das Wasser emporgehoben. Er blickte rasch um sich. Der Ozean war nach wie vor leer.
    Gorelow mußte wieder nach Atem ringen, die Luft wurde knapp … Nein, Luft war schon da, aber zuwenig Sauerstoff … Sauerstoff …? Krutizki! So ein Schurke! Hatte er etwa den Taucheranzug mit komprimiertem, statt mit flüssigem Sauerstoff versehen? Oh, dieser Verräter! – Verräter? Ausgerechnet er, Gorelow, mußte dies sagen! Jetzt kam das Ende! Nicht einmal bis zum Sonnenuntergang würde der Sauerstoff reichen. Nein! Nein! Wenn auch der Wind brauste und die Wellen schäumten – es mußte versucht werden … Selbst auf die Gefahr hin, daß man ertrank …
    Dem Ersticken nahe, mit dunkelrotem Gesicht und hervorquellenden Augen schlug Gorelow wild um sich und versuchte, sich während des Schwimmens auf den Rücken zu werfen. Die Schraube stillzulegen, hatte er Angst. Er fürchtete, dann abzusinken. Nur ein einziger Rettungsweg blieb ihm noch offen.
    Gorelow spreizte die Beine und versuchte die Rückenlage beizubehalten. Mit zitternden Händen zog er aus einer Hülse am Steuergerät die an einer langen dünnen Schnur hängende Kupfernadel heraus und führte sie langsam zur Brust, zur Mittelnaht des Taucheranzuges. Mit krampfhaft zuckenden Fingern suchte er diese Naht – und fand sie nicht. Vor seinen Augen wurde es dunkel, die Brust hob und senkte sich keuchend. Sein Gesicht lief blau an. Die Hand mit der Nadel erstarrte.
    In einem fernen Winkel des schwindenden Bewußtseins klang ein leises, kaum hörbares Summen auf. Es kam näher, schwoll an, verwandelte sich in ein lautes Dröhnen und Brausen und riß dann ganz plötzlich ab.
    Gorelow verlor das Bewußtsein.
     
    Der Offizier sprach mit ausgesuchter Höflichkeit, sein Englisch war tadellos.
    „Leutnant Chassegawa hat sich nicht wenig bemühen müssen, und wir sprechen ihm für den so günstigen Ausgang seines Aufklärungsfluges unseren Dank aus; unter der

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