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Das Geheimnis zweier Ozeane

Das Geheimnis zweier Ozeane

Titel: Das Geheimnis zweier Ozeane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grigori Adamow
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empor.
    Die Doraden und Delphine waren verschwunden. Schwärme fliegender Fische glitten blitzschnell über den Wellen dahin, ließen sich fallen, und kaum daß sie einen Wellenkamm berührt hatten, segelten sie wieder weiter. Manche von ihnen fielen in der Dunkelheit klatschend auf das seltsame Schiff oder schlugen gegen seine gerippten Wände.
    Einer der Offiziere, ein hochgewachsener Mann, ließ schließlich sein Fernglas sinken und machte eine resignierende Handbewegung.
    „Nichts zu sehen, Lord“, sagte er in vorzüglichem Russisch und schob sein Fernglas zusammen. „Wahrscheinlich ist der Junge doch ertrunken. Wir verlieren nur Zeit.“
    Trotz der hereinbrechenden Dunkelheit konnte man sein braungebranntes Gesicht und den hellen Spitzbart erkennen. Die Nase über der bartlosen Oberlippe war leicht gebogen.
    Der Angesprochene, ein untersetzter Mann mit großem Kopf und einem prächtigen schwarzen Vollbart, sah zu dem Spitzbärtigen auf.
    „Wir müssen uns trotzdem davon überzeugen, Kapitän“, entgegnete er und schob ebenfalls sein Fernglas zusammen. „Um so mehr, als die ,Pionier‘ die verlorene Zeit leicht aufholen kann. Wir haben doch nur zwei Tote treiben sehen. Wo aber ist der dritte Schiffspassagier?“
    „Das weiß ich nicht, Lord! Vielleicht ist er vom Sog der untergehenden ,Diogenes ‘ in die Tiefe gerissen worden. Mir tut der Junge leid, aber wir können nicht länger hier bleiben. Gehen wir“, schlug der Kapitän vor und ging langsam, als zögere er noch, zu einem geöffneten Luk am hinteren Ende der Plattform.
    In diesem Augenblick fuhr der riesige Matrose zusammen und beugte sich lauschend vor.
    Der Kapitän und Lord blieben stehen. Ohne sich zu rühren, horchte der Riese angespannt in die Dunkelheit hinaus. Leise klatschten die Wellen an die gerippten Schiffswände. Es war das einzige Geräusch, das die Stille ringsum unterbrach.
    „Was ist los, Skworeschnja?“ fragte der Kapitän ungeduldig.
    „Haben Sie denn nichts gehört?“ brummte der Riese. „Dort ruft doch ein Mensch …“ Er wies mit der Hand auf die See hinaus.
     „Was sagen Sie da?“ Der Kapitän drehte sich um und warf einen Blick in die bezeichnete Richtung. „Das schien Ihnen doch nur so, Skworeschnja!“
    „Ein Irrtum ist ausgeschlossen, Genosse Kapitän“, erwiderte Skworeschnja und richtete sich zu seiner ganzen Größe auf. „Ich hörte rufen … Halt!“ unterbrach er sich.
    Aus der Ferne hörte man jetzt ein schwaches Geräusch.
    „Ein Mensch!“ flüsterte Lord. „Ich höre eine Stimme, Kapitän.“
    „Ja, ja! Aber nicht aus der Richtung, in die Skworeschnja zeigt, sondern von backbord.“
    „Nein, Genosse Kommandeur, ich habe mich nicht geirrt“, widersprach Skworeschnja entschieden, aber respektvoll. „Ich hörte in Bugrichtung jemand schreien.“
    „Man müßte den Scheinwerfer einschalten …“, sagte Lord zögernd.
    „Auf keinen Fall!“ entgegnete der Kapitän entschieden und näherte sich mit schnellen Schritten dem vorderen Teil der Plattform.
    An dem breiten Geländer war eine Schalttafel mit Knöpfen, winzigen Hebeln und kleinen Steuerrädern befestigt. Der Kapitän drückte auf einen der in der Dunkelheit leuchtenden Knöpfe. Von der Steuerbordseite des Schiffes löste sich ein dunkler walzenförmiger Gegenstand. Leicht surrend schraubte er sich wie ein Torpedo nach oben und verschwand in der Dunkelheit. Gleichzeitig leuchtete am Schutzgitter ein kleiner runder Bildschirm mit trübem, milchigem Licht auf.
    „Der Infrarot-Aufklärer!“ rief Lord erfreut und sah gespannt auf den Bildschirm.
    Der Kapitän drehte das Steuerrad langsam um 90 Grad nach steuerbord und dann nach backbord. Auf dem Bildschirm zeigten sich verschwommene Schatten. Alles, was die drei Männer in der Dunkelheit erkennen konnten, waren ohne Zweifel traurige Überreste der Schiffskatastrophe.
    „Welch geniale Erfindung!“ rief Lord aus, ohne die Augen vom Bildschirm abzuwenden. „Dieser Aufklärer begeistert mich immer wieder … Da ist ja auch schon der Eisberg!“
    „Ja“, stimmte der Kapitän zu, „aber die See um ihn herum ist ohne Spuren menschlichen Lebens. Jetzt sieht man auch keine Trümmer mehr auf dem Bildschirm. Woher kann dann nur der Schrei gekommen sein?“
    „Vielleicht haben wir die Trümmer unter dem Aufklärer nicht genau angesehen?“ vermutete Lord.
    „Durchaus möglich“, pflichtete ihm der Kapitän bei, „wir müssen diesen Abschnitt der See noch besser durchsuchen.“
    Zehn Minuten

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