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Das Geheimnis zweier Ozeane

Das Geheimnis zweier Ozeane

Titel: Das Geheimnis zweier Ozeane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grigori Adamow
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später tauchte der Infrarot-Aufklärer in der Nähe der Plattform auf, nachdem er in immer enger werdenden Spiralen dicht über der Wasserfläche seine Bahnen gezogen hatte. Dann entfernte er sich wieder und überflog den Eisberg. Aber alles war vergeblich. Nirgends konnte man auch nur die Spur eines Menschen entdecken.
    „Ich begreife das nicht“, sagte Lord ratlos. „Hat der Junge vielleicht nur noch einmal um Hilfe rufen können, bevor er ertrunken ist? Schrecklich!“
    Plötzlich hörte man in der Ferne wieder einen verzweifelten Schrei. Die drei Männer auf der Plattform erstarrten. Skworeschnja faßte sich zuerst und rief:
    „Er ist auf einer Eisscholle, Genosse Kommandant.“
    „Aber bis zum Eisberg sind es, nach der Flugbahn des Aufklärers zu urteilen, mehr als drei Kilometer, Skworeschnja! Aus solcher Entfernung würde ein Hilferuf nicht mehr zu uns dringen“, widersprach der Kapitän.
    „Ich weiß es nicht … ich kann es mir nicht erklären, aber es muß dort sein, nur dort … woanders kann er nicht sein“, sagte Skworeschnja erregt.
    „Gut“, meinte der Kapitän, „ich werde den Aufklärer zum Eisberg lenken.“
    Im Bildschirm erschien wieder der Eisberg. Seine riesige Masse erhob sich matt glänzend aus den Fluten. Seine steilen Hänge waren von zahllosen Grotten zerklüftet, tiefe Spalte durchzogen ihn. Spitze Erhebungen und Säulen und Türmchen ähnliche Eisgebilde gaben ihm ein bizarres Aussehen. Dem Steuerrad in den Händen des Kapitäns scheinbar gehorchend, zeigte der Eisberg auf dem Bildschirm mal die eine, mal die andere Seite. Grotten, Spalte, scharfe Grate und ebene Flächen waren zu sehen. Einige von ihnen waren mit dunklen und grauen Flecken bedeckt. Bei näherem Hinsehen bemerkte man, daß sie Leben hatten; es waren Vögel, die ab und zu aufflogen und sich dann wieder niederließen.
    „Unser Aufklärer hat all diese Möwen, Fregattvögel und Tölpel aufgescheucht“, sagte Lord. „Vielleicht bemerkt der Junge den Apparat, und das wird ihn ermuntern. – Da ist er, da ist er …“, schrie er plötzlich, auf den Bildschirm starrend.
    Der Kapitän drehte das kleine Steuerrad scharf nach der anderen Seite: der Eisberg schwankte auf dem Bildschirm, neigte sich zur Seite, verschwand und tauchte wieder auf. Auf einem seiner flachen Vorsprünge, vor dem breiten Eingang zu einer Grotte, sah man einen länglichen, dunklen Fleck, der zusehends größer wurde, und nach ein paar Sekunden konnten die Männer eine kleine menschliche Gestalt erkennen, die auf dem Eis ausgestreckt lag.
    „Das ist er!“ rief Lord erregt.
    „Zehn Knoten voraus!“ hörte man die feste und klare Stimme des Kapitäns. „Gleitboot bereitstellen! Zum Tauchen fertigmachen!“
    „Zu Befehl!“
    Skworeschnja wandte sich zur nächsten Geländerstütze und drückte auf einen Knopf. An dem dicken Ende der Stütze klappte ein Deckel auf. Skworeschnja nahm aus der Öffnung ein kleines Mikrophon heraus. Halblaut gab er den Befehl weiter, stellte das Mikrophon zurück und schloß die Klappe wieder.
    Währenddessen berührte der Kapitän einen Knopf auf der Schalttafel und bewegte den äußersten, rot leuchtenden Hebel auf dem Skalenbogen ein paar Teilstriche nach rechts.
    Durch den Metallkörper ging ein Zittern; er setzte sich in Bewegung und wurde immer schneller und schneller. Mit leisem Plätschern zerteilte sich das Wasser an seinem breiten, runden Bug, glitt längsseits durch zahlreiche Auskehlungen und schloß sich wieder am Heck.
    Ohne die Augen von dem Bildschirm abzuwenden, warf der Kapitän das weiß leuchtende Steuerrad herum. Das Schiff drehte um einige Grad auf Süd.
    Aus dem Luk stiegen zwei Matrosen. Sie schleppten zwei Kästen herauf: einen länglichen flachen und einen etwas kleineren würfelförmigen. Die Männer stellten sich an den beiden Seiten des Luks auf, jeder mit seinem Kasten zu Füßen. Neben ihnen öffnete sich ein Spalt, eine biegsame Metalleiter schob sich an der Schiffswand entlang so weit nach unten, bis ihre unterste Sprosse im Wasser verschwunden war.
    Das Schiff war jetzt in voller Fahrt. Skworeschnjas laute Stimme zerriß die Stille:
    „Ein Mann auf der Eisscholle!“
    Zweihundert Meter vom Schiff entfernt ragte der Eisberg aus dem Wasser. Er sah, von den letzten Strahlen der untergehenden Sonne getroffen, wie ein brennender Berg aus, der in allen Farben des Regenbogens wie ein überdimensionaler Diamant leuchtete. Vor einer Grotte sah man jetzt deutlich einen Menschen

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