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Das geheimnisvolle Gesicht

Das geheimnisvolle Gesicht

Titel: Das geheimnisvolle Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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durchgegeben hatte: „Herr Dr. Bertrand ist in einer Konferenz, die etwas länger dauert. Er bittet Dr. Tonin, also Sie, in seinem Zimmer auf ihn zu warten und die Verträge vorzubereiten.“ Püttely schnipste ärgerlich mit den Fingern. „Zu dumm, diese ewigen Konferenzen...“ Der Portier empfahl: „Gehen Sie doch inzwischen etwas essen!“
    Püttely wehrte erschrocken ab: „Wo denken Sie hin, das ist mir viel zu riskant. Ich muß heute noch nach Genf zurück, da kann ich es mir gar nicht leisten, Dr. Bertrand auch nur um eine einzige Minute zu verpassen.“ Er seufzte theatralisch: „Also werde ich mich allein über die Verträge hermachen. Welche Zimmernummer hat er denn?“
    „Nummer 7 haben wir für ihn reserviert.“ Der Portier nahm den Schlüssel vom Haken und reichte ihn Püttely. „Im ersten Stock, bitte.“ Püttely hatte die Hand schon ausgestreckt, als der Mann hinter dem winzigen Tresen verlegen bat: „Dr. Bertrand hat das Zimmer zwar noch nicht bezogen, aber ich wäre Ihnen doch dankbar, wenn Sie sich ausweisen würden
    „Aber natürlich“, Püttely winkte jovial ab, „das ist doch selbstverständlich.“ Zehn Sekunden später reichte ihm der Portier den schweizerischen Paß zurück. „Vielen Dank, Herr Doktor!“
    „Kein Grund zum Dank. Ordnung muß sein!“ Püttely hatte schon drei Schritte in Richtung Treppe gemacht, als er umkehrte. Er tat, als sei ihm plötzlich etwas Ulkiges eingefallen: „Dr. Bertrand sagte mir heute morgen am Telefon, daß eine gemeinsame Bekannte in Ihrem Hause wohne — Madame Lamatin.“
    „Ach, Sie kennen Frau Lamatin auch?“ Der Mann hinter dem Tresen schien überrascht, aber dann fiel auch ihm etwas ein: „Dr. Bertrand wünschte, daß ich für heute mittag einen Strauß gelber Rosen besorgen sollte. Jetzt habe ich schon bei drei Geschäften angefragt, doch keines hat gelbe Rosen. Können Sie mir einen Rat geben?“
    „Hm“, machte der falsche Dr. Tonin und fuhr sich gedankenverloren über die Stirn. „Ich glaube in diesem Fall, daß es doch besser ist, wenn wir auf Dr. Bertrand warten. Ist Madame denn überhaupt im Haus?“
    „Sie hat sich vor einer halben Stunde erst das Frühstück aufs Zimmer bringen lassen. Sie geht selten vor 14 Uhr weg
    Püttely grinste den Portier verschwörerisch an. „Ich möchte mit Ihnen wetten, daß sie ein Zimmer mit einer 3 genommen hat. Das ist nämlich ein Tick von ihr. Sie schwor schon in unserer Studentenzeit auf die Ziffer 3.“
    Der Portier schüttelte den Kopf, und mit dem Zitronenlächeln von vorhin gab er zurück: „Die Wette hätten Sie glatt verloren, Herr Doktor. Frau Lamatin hat Nr. 12 im ersten Stock. Ein Appartement!“
    Püttely reagierte sofort. Mit aufgesetzter Fröhlichkeit stieß er mit dem Zimmerschlüssel ein Loch in die Luft und lachte: „Da haben Sie’s. Um ein Haar hätte ich die Wette gewonnen. Zählen Sie doch eins und zwei zusammen, dann haben sie die Drei! Aber jetzt muß ich mich über die Verträge machen…“
    Roger Püttely eilte die Stufen zum ersten Stock hinauf. Er schloß die Tür von Nummer 7 auf und trat ein. Bewegungslos verharrte er fast drei Minuten in dieser Stellung, dann hatte er seine Nerven wieder unter Kontrolle. Er stellte den Diplomatenkoffer auf den Tisch, öffnete ihn und entnahm ihm zwei kleine weiße Papiertüten. Als er diese in der rechten Jackentasche verschwinden ließ, huschte ein zynisches Lächeln über seine Lippen. Aus dem Deckelfach des Koffers fischte er eine Fotografie in Postkartengröße. Lange betrachtete er das aparte Gesicht darauf. Apart und schön war es. Die schwarzen Haare und die ebenfalls tiefdunklen Augen verliehen dem Gesicht etwas Exotisches.
    „Bis gleich!“ flüsterte Püttely dem Bild zu und ließ es ebenfalls verschwinden. Dorthin, wo schon ein anderes Foto steckte. Vorsichtig öffnete er die Zimmertür einen Spalt und lauschte nach draußen. Als er sicher zu sein glaubte, daß der Gang leer war, huschte er hinaus und zog die Tür leise hinter sich ins Schloß.
    Die Zeiger seiner Armbanduhr zeigten 11 Uhr 50 an.
    Von der Rezeption drangen Wortfetzen herauf. Es waren mindestens drei verschiedene Stimmen.
    Nr. 8... 9... von oben kam jemand die Treppe herunter, Püttely drängte sich in die Nische neben einer Tür... vorbei. Da war sie, die Nummer 12.
    An der Rezeption wurde noch immer gesprochen.
    Püttely klopfte.
    Nicht zu laut, aber auch nicht so, daß man es überhören konnte.
    Er hatte mit einem „Ja“ oder einem „Wer

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