Das geheimnisvolle Gesicht
Versicherungsschwindel gekümmert!“
Püttely nickte anerkennend. „Richtig! Und falls Sie von der deutschen Polizei gesucht und — festgenommen werden, dann nicht wegen Versicherungsschwindels, Madame. Dann sucht man Sie wegen Rauschgifthandels!“
Während Püttely all das sagte, hatte er seiner Tasche eine jener kleinen weißen Tüten entnommen und war damit an den offenstehenden Kleiderschrank getreten. Mit den Worten: „Das wär’s!“ stäubte er ein weißes Pulver (wie sich später herausstellte, handelte es sich dabei um Sacharin) zwischen Kleider, Kostüme und Mäntel.
Claire Burton verfolgte sein Tun wie hypnotisiert. Endlich würgte sie hervor: „Was tun Sie da?“
„Das ist Rauschgift, Madame. Allerfeinstes, gefährliches Heroin. Die deutsche Polizei wird sich über so eindeutige Spuren freuen!“
„Sie sind ein Teufel!“ hauchte Claire und taumelte dem Sessel zu.
Püttely, der sein Werk inzwischen vollendet hatte, wandte sich ihr zu. „Sie haben den Krieg begonnen, Madame. So jedenfalls hat es mir Mills versichert. Und damit Sie sehen, welchen Sinn das alles hat, lassen Sie sich folgendes erklären: In Zimmer 7 auf dieser Etage hat ein gewisser Dr. Bertrand ein Zimmer gemietet. Dr. Bertrand selbst ist zwar noch nicht da, aber ein Bote hat für ihn bereits einen Koffer gebracht, der auch schon in Nr. 7 steht. In diesem Koffer befinden sich noch eine ganze Anzahl solcher hübschen Tüten mit dem kostbaren Inhalt. Und nun, Madame Lamatin oder — wenn Ihnen das lieber ist — Mrs. Burton, kommt der Knalleffekt: Der Portier unten, jener freundliche, gutgenährte Gentleman, ist bereits darüber informiert, daß Dr. Bertrand und Madame Lamatin gute Freunde sind.“ Püttelys Stimme nahm an Schärfe zu: „Sollten Sie sich bis 12 Uhr 30 nicht dazu entschlossen haben, mit mir nach England zurückzukehren, erhält die Polizei einen telefonischen Hinweis, daß in diesem Hotel eine gewisse Madame Lamatin mit einem falschen Paß Rauschgifthandel betreibt...“
Claire Burton saß verkrampft und zusammengesunken in dem Sessel und starrte auf ihre verschlungenen Hände. „Was geschieht“, fragte sie leise, „wenn ich mit nach England zurückkomme?“ Püttely zuckte mit den Schultern. „Ich nehme an, daß das von Ihrem eigenen guten Willen abhängt.“
„Wie haben Sie mich überhaupt gefunden?“
„Das war dank Ihrer gütigen Mithilfe“, er grinste dabei voller Hohn, „gar nicht so schwer.“ Sie sah auf. Verständnislos sah sie ihren Widersacher an. „Mit meiner Hilfe?“
„Es war ein Fehler, sich die Basler Fasnacht vor den Kameralinsen von Bildreportern anzusehen. Und ein zweiter Fehler war, einem Uhrmacher eine Nachsendeadresse zu geben.“
Sie nickte!
Sie nickte lange; es sah mechanisch aus, und es lag Resignation und Aufgabe in dieser Bewegung. „Also, fahren wir nach England zurück“, flüsterte sie.
Und Püttely sagte: „Dann lassen Sie uns jetzt eine Menge notwendiger Kleinigkeiten besprechen.“
Pünktlich auf die Minute, genau um 20 Uhr 30, landete die SWISSAIR-Maschine, von Zürich kommend, in München-Riem. Perry Clifton richtete es so ein, daß er als letzter den Omnibus, der die Fluggäste vom Flugzeug zum Flughafengebäude brachte, bestieg. Das hatte den Vorteil, daß er als erster wieder aussteigen konnte und somit zu denen gehörte, die als erste zur Paß- und Zollkontrolle kamen. In den Gängen und Hallen herrschte reger Betrieb.
Wo man hinsah, leuchtete einem die blau-weiße Olympia-Spirale entgegen. Die Olympiade präsentierte sich, als sei sie schon Gegenwart und nicht erst Zukunft. Der sogenannte Olympia-Dackel „Waldi“, Maskottchen der künftigen Wettkämpfe und gleichzeitig Lieblingsvierbeiner der Münchner, beherrschte in allen Größen und Ausführungen Schaufenster und Schaukästen.
Als Perry Clifton auf die Reihe der wartenden Taxen zuschritt, wurde er urplötzlich an Julie Young erinnert. Der vorderste, jetzt abfahrende Wagen, trug auf seinem Nummernschild viermal die Vier.
Der Fahrer des Taxis, in das er einstieg, mußte so um die sechzig sein. Er steckte in einer abgewetzten Lederjacke. Zwischen seinen Zähnen klemmte eine kalte Tabakspfeife, die er in diesem Augenblick in die Tasche seiner Jacke schob. „Guten Abend, wohin der Herr?“
„Guten Abend“, erwiderte Perry und ließ sich neben dem Fahrer nieder. „Ich möchte gern zum Hotel am Hofgarten.“
„Hm, Wurzerstraße!“ Mit einem klopfenden Geräusch sprang der Dieselmotor
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