Das geheimnisvolle Gesicht
das Reisen abgewöhnen.“ Der anspruchslosere McButton hatte auf Anhieb wieder einen seiner Leib- und Magensprüche zur Hand: „Heute wohnt Jack McButton, Sohn eines ehrlichen Schneidermeisters aus Soho und einer fröhlichen Stiefmutter aus Wales, im Loderer und morgen im Hilton von New York!“
Sie befanden sich zur Zeit in Jacks Zimmer (einem mit Telefon), und Mike ließ sich aufs Bett fallen, das unter diesem Aufprall schmerzerfüllt quietschte. Er wippte ein wenig — es quietschte — er hob den Arm — es quietschte — bewegte den Kopf, das Bein und machte die Zehen krumm — es quietschte. Sogar beim tiefen Luftholen. Da sagte er: „Wenn du dir heute nacht in der Nase bohrst, werde ich es hören! Dein Bett hat die Matratzenkrankheit!“ Er klopfte gegen die Wand: „Meines steht direkt hinter dieser Wand!“
Jack McButton, der gerade die Funktionsfähigkeit der Nachttischlampe ausprobierte, stieß seinen Kumpan freundschaftlich gegen das Knie und machte in Gaunerphilosophie: „Wenn du weiter so an jedem und allem rummeckerst, wirst du nie ein großer Boß werden. Du wirst immer nur der kleine Fisch bleiben, der für die großen Pinkel die Dreckarbeit macht!“
Er klopfte sich vor die magere Brust. „Passiert mir nicht! Sobald ich eine volle Brieftasche habe, gründe ich meine eigene Bande, und dann werden nur noch große Dinger gedreht!“
Forster sah den Rotschopf nachsichtig und mitleidig an. „Armer Teufel... Ich glaube wirklich, daß man dich als Säugling zu lange über der Leine zum Trocknen aufgehängt hat. Gestern wolltest du noch eine Weltreise machen, vorhin warst du schon in New York, und jetzt gründest du eine eigene Bande. Ich muß schon sagen: Dein Aufstieg ist kometenhaft!“
Jack McButton schnippte mit Daumen und Mittelfinger. „Ist doch völlig egal, womit man anfängt!“
„Und die Polizei schickst du vor deinen großen Dingern in Urlaub, was?“
„Ich arbeite eben mit Köpfchen!“ Er grinste, doch das Grinsen verschwand so fix wieder von seinem Gesicht, als hätte es jemand abgeschaltet. Und zwar, als Forster sagte: „Dazu fehlt dir das Allerwichtigste, Jack — das Köpfchen!“ Die Entscheidung, ob McButton nun den Beleidigten spielen oder Mike einen Kinnhaken versetzen sollte, fiel zugunsten der ersten Überlegung. (Er dachte daran, daß Mike Forster schon zweimal den Kanal durchschwommen hatte!) So beschränkte er sich auf den inhaltsreichen Hinweis: „Du bist noch zu grün im Geschäft, deshalb will ich dir noch mal verzeihen. Außerdem verprügelt man seinen Freund nicht!“
„Ich bin nicht dein Freund, Jack, ich bin dein augenblicklicher Partner! Mehr nicht!“ Mike Forster sagte es leise, aber ein Unterton in seiner Stimme ließ es McButton ratsam erscheinen, dieses Thema zu beenden.
Das Geräusch schwerer Schritte, die sich näherten und vor seiner Tür endeten, enthob ihn für den Augenblick aller weiteren Kopfarbeit.
Die Tür öffnete sich! (Ohne Klopfen vorher.)
„Hallo!“ rief der Mann im Trenchcoat. Er war zirka 35 Jahre alt, dunkelhaarig und etwa 1 Meter 80 groß. Zwei Reihen blitzender Zähne lächelten den beiden Insulanern entgegen.
„Ich bin Roger Püttely!“ sagte er in fließendem Englisch. Jack McButton und Mike Forster, der sich von seiner stöhnenden und ächzenden Unterlage hochgestemmt hatte, schüttelten dem Neuankömmling die Hand.
„Ich konnte euch leider nicht vom Flugplatz abholen. Ich war diesem Clifton auf den Fersen!“
„Und wo steckt er jetzt?“ wollte McButton wissen.
„In einem Privathaus im Höhenweg... Ich konnte leider nicht näher heran, da sich zwei Männer direkt gegenüber dem Haus unterhielten. Ich glaube auch nicht, daß Clifton, kaum, daß er in der Stadt ist, unser Goldvögelchen fängt. Bei fast einer Viertelmillion Einwohnern!“
„Vielleicht ist das Vögelchen schon längst wieder fortgeflogen!“ meinte Forster, der seinem neuen Boß auf Anhieb ebensowenig Sympathie entgegenbrachte wie beispielsweise Patrick Mills. Doch Püttely ließ sich nichts anmerken. Er lachte Forster an und erwiderte: „Vielleicht ist es das... Dann hätten wir umsonst gesucht und müßten es auf die Seite schreiben, auf der man Verluste abbucht!“
Weniger freundlich wandte er sich McButton zu: „Du fährst jetzt mit einem Taxi in die Rittergasse!“ Er reichte dem völlig verdutzten Jack einen Zettel und einen Hundertfrankenschein hin. „Ich habe dir die Hausnummer aufgeschrieben. Im vierten Stock wohnt ein Mann namens
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