Das Geheimnisvolle Haus : Kriminalroman
ist tatsächlich leichter, Ihren Werdegang seit Ihrer Ankunft in diesem Lande zu verfolgen, als genaue Auskunft über Mr. Moole zu erhalten, der obendrein auch auf der amerikanischen Gesandtschaft nicht bekannt ist.«
Dr. Fall wurde dunkelrot.
»Sie überschreiten Ihre Amtsbefugnisse«, sagte er böse, »wenn Sie auf eine Tragödie anspielen, bei der ich nur das unschuldige Opfer von Verbrechern war.«
»Es ist möglich, daß ich das tue«, gab Mr. Smith zu.
Er verneigte sich leicht vor dem Doktor und stieg die breiten Marmorstufen hinunter zu dem Rasen, der sich vor dem Haus ausdehnte. Am Gartentor traten die beiden Leute zu ihm, mit denen er hergekommen war. Einer von ihnen war Ela.
»Nun, was haben Sie herausgebracht?«
»Ich habe allerhand gesehen, was uns wahrscheinlich in Zukunft nützlich sein wird«, entgegnete Mr. Smith, als er mit seinem Assistenten in den Wagen stieg. Dann wandte er sich an den anderen Beamten.
»Bleiben Sie hier und beobachten Sie, wer ein und aus geht. Ich komme in einigen Stunden zurück.«
Der Mann grüßte, und das Auto fuhr ab.
»Ich muß noch einen Besuch machen«, sagte Mr. Smith, »und es wäre besser, wenn ich dabei allein wäre. Der Chauffeur soll mich in der Nähe des Pfarrhauses absetzen.«
Lady Constance Dex war auf den Besuch des Detektivs vorbereitet. Sie hatte aus dem Fenster ihres Zimmers gesehen, daß er am Pfarrhaus vorbeigefahren war und die Richtung auf das »geheimnisvolle Haus« eingeschlagen hatte. Sie erwartete ihn im Empfangssalon, und er kam sofort zur Sache.
»Ich habe eben jemanden besucht, der gut mit Ihnen befreundet ist.«
»Meinen Sie Mr. Moole?«
»Ja«, erwiderte Mr. Smith liebenswürdig.
Lady Constance dachte lange nach, bevor sie wieder sprach. Offenbar überlegte sie, wie weit sie dem Beamten Aufklärung geben sollte.
»Ich vermute, daß Sie die Zusammenhänge bereits kennen«, sagte sie dann. »Wenn Sie Platz nehmen wollen, will ich Ihnen noch einige Informationen in Ergänzung zu meinen früheren Mitteilungen geben.«
Mr. Smith ließ sich in einem Sessel nieder.
»Es ist wahr, ich verkehre in dem geheimnisvollen Hause.« Sie sah den Detektiv nicht an, sondern schaute in den Garten hinaus. »Ich erzählte Ihnen schon von meiner großen Liebe zu George Doughton. Wahrscheinlich kennen Sie seinen Sohn?«
Mr. Smith nickte.
»Es war eine Liebe auf den ersten Blick. George Doughton war Witwer, er hatte einen liebenswürdigen, heiteren und gutmütigen Charakter, war kühn und tapfer, ein ausgezeichneter Mann. Als Forscher hatte er einen großen Ruf, wie Sie ja wissen. Ich lernte ihn in London kennen. Er machte mich auch mit seinem Freund, dem verstorbenen Mr. Farrington, bekannt. Als dieser in Great Bradley ein Haus für den Sommer mietete, war George Doughton hier sein Gast, und ich lernte ihn besser als irgendeinen anderen Menschen in meinem Leben kennen.« Sie machte eine Pause.
»Es war eine große und starke Liebe«, fuhr sie dann mutig fort. »Warum sollte ich mich nicht zu einem Erlebnis bekennen, auf das ich stolz bin? Unsere Hochzeit war festgesetzt und sollte an dem Tage stattfinden, an dem er sich nach Westafrika einschiffte. George Doughton war ein Ehrenmann vom Scheitel bis zur Sohle. Alle Skandalaffären waren ihm in tiefster Seele verhaßt. Er konnte sich mit der modernen moralischen Auffassung und der Lockerung der Sitten nicht befreunden, in dieser Beziehung blieb er etwas altmodisch. Er hatte ein besonderes Ideal von der Frau und hielt daran fest. Sein Vorurteil ging so weit, daß Männer und Frauen, die schuldig geschieden waren, für ihn nicht mehr existierten.«
Das Sprechen fiel ihr schwer.
»Ich bin eine geschiedene Frau«, sagte sie stockend, nahm sich aber dann wieder zusammen und fuhr leise fort: »In jugendlicher Unbesonnenheit habe ich mich schuldig gemacht. Es war eine Torheit. Ich hatte einen Mann von kühler Berechnung und wenig angenehmem Charakter geheiratet, als ich nicht viel älter als ein Kind war. Ich lief ihm mit einem Mann davon, der mich aus diesem schrecklichen Leben befreite, den ich aber nicht liebte und der eigentlich mehr wie ein Bruder zu mir stand. Ein ritterlicher, heiter-freundlicher Charakter, dem aber dieses Abenteuer selbst teuer zu stehen kam. Die Indizien für meine Schuld waren erdrückend, und meinem Manne fiel es damals nicht schwer, die Scheidungsklage gegen mich durchzuführen. Diese unangenehme Angelegenheit geriet in Vergessenheit, aber in den Tagen, als ich George Doughton
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