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Das Geiseldrama

Das Geiseldrama

Titel: Das Geiseldrama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Gestalt. Ohne einen
Laut brach sie zusammen. Görr sah, daß es ein Mann war.

    Himmel! dachte er. Habe ich ihn
umgebracht?
    Er zitterte, spürte Schweiß auf
der Stirn und ließ den Stein fallen.
    Als er sich über den
Bewußtlosen beugte, stampfte Hagedorn heran.
    „Stehen bleiben, Kerl!“ Er
packte Görr. Aber der schüttelte ihn ab.
    „Herr Hagedorn! Ich bin’s.
Görr! Den Dieb habe ich niedergeschlagen. Hier liegt er. Ich hörte, wie Sie
schrien. Was war denn?
    „Mein Geld!“ Der Alte beugte
sich vor und suchte auf dem Boden herum. „Da! Ich hab’s!“ Triumphierend hob er
einen Aktenkoffer auf. „Das sind die 350 000 für... Sie wissen schon!“ flüsterte
er. „Kommen Sie! Wir müssen die Polizei verständigen.“
    „Hm. Ja. Ich glaube, der hier
steht nicht so schnell auf.“ Er begleitete den Alten zum Haus. Währenddessen
erzählte der.
    „Wissen Sie, ich habe das Geld
nochmal gezählt. Als ich fertig war, kam’s in den Koffer. Dann bin ich in die
Küche gegangen, um mir ein Glas Burgunder zu holen, wo ich doch heute nacht
sowieso nicht schlafen kann. Bin viel zu gierig auf meine aramäische
Lüsternfayence. Gebe Gott, daß mich der Mensch, den Sie da kennen, nicht
enttäuscht. Jedenfalls war die Terrassentür offen. Mag ja sein, daß das
Leichtsinn ist. In der Küche hatte ich kein Burgunderglas. Also ging ich
zurück. Sehe ich doch gerade noch, wie der Kerl mit dem Aktenkoffer
verschwindet. Ich ihm nach, haste was kannste. Aber eingeholt hätte ich ihn
nicht. Die Zeiten, wo ich 100-Meter-Läufe gewonnen habe, sind schon eine Weile
vorbei.“
    „Und ich komme zufällig vorbei.
Offenbar bringe ich Ihnen Glück, Verehrtester.“
    Hagedorn verständigte das
Überfallkommando.
    Görr ließ sich den Hörer geben.
    „Vielleicht sollten Sie einen
Arzt mitbringen“, erklärte er dem Beamten. „Oder die Ambulanz. Ich habe
ziemlich fest zugeschlagen. Oh, ich glaube, ich muß mich um den Mann kümmern.“
    Hagedorn blieb im Haus. Er
hatte den Geldkoffer im Schreibtisch eingeschlossen und hielt davor Wache.
    Görr bewaffnete sich mit einem
Knüppel und tappte über den Weg zur Straße. Er hatte keine Taschenlampe und
fluchte. Die nächste Laterne war weit. Kein Nachbar hatte reagiert auf
Hagedorns Hilferufe.
    Immerhin: Görrs Augen gewöhnten
sich wieder an die Dunkelheit. Außerdem riß endlich die Wolkendecke auf, die
seit dem späten Abend den Himmel verhüllte. Mondlicht übergoß den Park, die
Straße, die Gärten.
    Görr verharrte wie angewurzelt.
    Wo der Dieb gelegen hatte, war
der Boden leer.
    Görr fröstelte. Rasch blickte
er hinter sich. Das Gefühl, der Kerl stünde hinter ihm, war ganz stark. Aber da
war niemand. Nur lauer Nachtwind berührte sein schweißnasses Gesicht, und die
Zweige der Büsche bewegten sich.
    Görr blickte vor die Garage.
Nichts. Er suchte auf der Innenseite des Zauns. Nein, der Kerl war nicht
weggekrochen. Hatte der einen Schädel aus Eisen? Oder — einen Helfer?
    Am Ende der Straße bewegte sich
jemand. Eine Gestalt entfernte sich. Die Bewegungen waren schwerfällig. Und
Görr begriff, warum.
    Jemand wurde getragen.
    Er zögerte keine Sekunde. In
langen Sätzen jagte er hinterher. Zwar dachte er nicht daran, den Komplicen des
Diebes zu stellen — was vielleicht Selbstmord gewesen wäre, denn bestimmt war
der Typ bewaffnet —, aber er wollte sehen, was lief.
    Er trug Schuhe mit Gummisohlen.
Seine Schritte waren unhörbar.
    Als er sich bis auf 50 Meter
genähert hatte, öffnete Dikal seinen Wagen. Das Innenlicht flammte auf. Sofort
beugte sich Dikal hinein und löschte das Lämpchen. Aber Görr hatte seinen
Squash-Partner erkannt.
    Er glaubte zu träumen. Seine
Pulse hämmerten. Er drückte sich in den Schatten einer Buche, deren Zweige den
Gehweg überdachten. Und wieder kam der Mond hinter den Wolken hervor.
    Görr beobachtete, wie Dikal den
Bewußtlosen in den Wagen stopfte, sich hinters Lenkrad warf und den Motor
anließ. Scheinwerfer flammten auf. Er fuhr ab. Er verschwand hinter der Kurve.
Aber eine Weile noch geisterte das Licht durch die Zweige des Parks.
    Nicht zu fassen, dachte er, wie
schnell der Bursche reagiert hat. Sieh einer an! Sowas unterrichtet die Jugend!
Und ich habe ihm den Tip geliefert. Eine Gemeinheit, daß er mir nicht mal ‘ne
Beteiligung anbietet. Aber das reibe ich ihm unter die Nase. Heute nacht noch,
mein Freund.
    Während er langsam zurück ging,
beschloß er, der Polizei nichts über den Studienassessor Dr. Jens Dikal zu
sagen. Das

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