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Das Geiseldrama

Das Geiseldrama

Titel: Das Geiseldrama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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diesen Blechhaufen ansieht, kann
man rückschließen auf den Affenzahn, den er drauf hatte. Ein Wunder, daß er
sich nicht das Genick gebrochen hat, als er rausgeschleudert wurde.“
    „Es steht schlecht um ihn“,
sagte Tarzan. „Hoffen wir, daß er durchkommt. Wir können ihn nicht leiden, aber
deshalb wünschen wir ihm nichts Böses.“
    Sie fuhren weiter, erreichten
schließlich den Waldrand und fanden die Einmündung der Forststraße.
    „Jetzt immer geradeaus“, sagte
Gaby. „Weit ist es nicht mehr. Jedenfalls nicht sehr weit.“

10. Keilerei
vor der Hütte
     
    Sand knirschte unter den Reifen
der Drahtesel. Die Luft roch nach Harz. Irgendwo hämmerte ein Specht. Dann
machte er eine Pause, vermutlich wegen Kopfschmerzen. Wo die Bäume nicht so
dicht standen, fiel Sonnenlicht auf Waldboden und Moose. Auf der Forststraße
war es angenehm schattig, was aber Klößchens Stimmung nicht besserte. Er
schimpfte immer noch über die Schinderei, die man doch mit leerem Magen nicht
aushalten könnte.
    Dann — hinter einer Biegung —
tauchte die Hütte auf.
    Sie stand am Rande einer
Lichtung. Die grünen Fensterläden waren geschlossen. Auf der Bank neben dem
Eingang saßen Meisen und hielten Mittagsschlaf.
    „Das müßte sie sein“, sagte
Tarzan.
    „Das ist sie“, bekräftigte
Gaby. „Dikal hat Ute Hollmeier von dem Drillingsstamm einer Buche erzählt. Dort
steht sie.“
    „Ich fühle mich auch wie ein
Drilling“, meinte Klößchen und packte seine Schokolade aus. „Ein einzelner
könnte gar nicht soviel Hunger haben.“
    „Aber unser Ausflug war
umsonst.“ Karl lehnte sein Rad an die aus Stämmen gefügte Wand. „Brigade
Staatsfeind hält nichts von grüner Natur. Hier ist jedenfalls niemand.“
    „Aber die Idee war gut“, sagte
Tarzan. „Das mußt du zugeben. Auch wenn sie sich als falsch erweist. Seltsam!
Ich hätte gewettet, daß wir hier was Staatsfeindliches finden. Ob die Typen
hier waren, jetzt irgendwo Ärger machen und dann wiederkommen?“
    Er rüttelte an der Tür, zog
vergebens an allen Fensterläden, umrundete die Hütte und setzte sich
schließlich zu seinen Freunden auf die Bank.
    „Hätte ich das vorher gewußt!“
stöhnte Klößchen. „Es gab heute Rindsrouladen mit Kartoffelbrei und... Ouhhh!
Ich darf nicht daran denken.“
    „Dann hör damit auf“, sagte
Gaby.
    Tarzan streckte die langen
Beine aus. „Ich würde zu gern mal reinsehen.“
    „Die Tür hat ein Sicherheitsschloß“,
gab Karl zu bedenken. „Und überhaupt: Es wäre Einbruch.“
    „Aber wir könnten eine Notlage
geltend machen“, frohlockte Klößchen. „Wir vermuten Lebensmittel in der Hütte.
Konserven. Vielleicht eine Dose mit Rouladen. Dann wäre es nur Mundraub, wenn
sie uns erwischen.“
    „Erstens glaubt uns das
niemand“, lehnte Gaby ab. „Zweitens wäre es gelogen. Drittens habe ich nicht
den geringsten Appetit. Schon gar nicht auf Rouladen aus einer Konservendose.
Lieber pflücke ich Sauerampfer vom Wegesrand.“
    Klößchen seufzte und schloß die
Augen. Gaby hatte sich vorgebeugt und ließ die Arme zwischen die Jeansbeine
baumeln. Auch ihre Goldmähne fiel nach vorn. Ein Sonnenstrahl spiegelte sich
darauf. Der Funke sprang in Tarzans Augen.
    Ich sitze neben einer Waldfee,
dachte er. Oder einer Elfe.
    Dann hob er lauschend den Kopf.
    Ein Motor säuselte. Er war noch
fern und klang nach mindestens 200 PS. Aber die waren nicht laut und auf Schau
getrimmt, entfalteten sich vielmehr in einem beachtlichen Hubraum mit
sicherlich zwölf Zylindern. Der Traktor der Waldarbeiter war das nicht. Auch
der geländegängige Allwetterschlitten des Oberförsters schnorchelte nicht so
distinguiert (vornehm).
    Zwölf Zylinder? Kruzifix! Doch
nicht etwa ein Jaguar?
    „Waldarbeiter sind in der
Nähe“, sagte Klößchen. „Ich höre eine Motorsäge.“
    „Irrtum!“ Tarzan sprang auf.
„Ein Eichhörnchen schnarcht. Leute, in die Büsche! Dalli, dalli! Nehmt die
Räder mit. Ein Wagen naht. Vielleicht ist das... hm.“
    Er dachte an Görr. Dessen Wagen
hatte er gesehen: gestern abend vor dem Bungalow in der Hermann-Straße. Der
Makler besaß einen Zwölf-Zylinder-Jaguar, dasselbe Modell wie Klößchens Vater.
Aber der hatte ihn ehrlich verdient.
    Sie stoben los. Jeder schob
sein Rad. Sie hasteten zur Lichtung, wo ein dichtes Gebüsch zur Straße hin
abschirmte. Die Tretmühlen fielen ins hohe Gras. Karl, Gaby und Tarzan kauerten
sich hinter die Zweige.
    Klößchen schnaubte verärgert
und sauste — wie ein

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