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Das Geiseldrama

Das Geiseldrama

Titel: Das Geiseldrama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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niemand im Haus“,
sagte der Terrorist zu der Maskierten.
    Mit dem VW-Bus sind sie
gekommen, dachte Gaby. Und da steht noch so ein Kerl. Auch mit MP.
    Der dritte Terrorist kam heran.
„Hanna, wir zwei filzen noch die Nebengebäude. Hinter den Fenstern habe ich
Gesichter gesehen. Im Hauptgebäude ist alles unter Kontrolle.“
    Hanna? dachte Gaby. Also Hanna
Neu? Klar! Das könnte sie sein.

     
    „Mir ist heiß“, sagte der
Terrorist, der Franke und Fräulein Blank aufgestöbert hatte. „Schluß mit dem
Mummenschanz!“
    Er zerrte sich die Maske vom
Kopf. Gaby sah, daß es Schorbach war.
    Seine Komplicen folgten dem
Beispiel und waren offenbar froh, nicht länger unter dem schwarzen Nylon
schwitzen zu müssen. Hanna Neu und Felix Ohnesorge kamen zum Vorschein.
    Beide liefen zu den
Nebengebäuden. Schorbach scheuchte Gaby und die Lehrer ins Haupthaus.
    „Wo seid ihr?“ brüllte er im
Flur.
    Aus dem Speisesaal antwortete
einer der Komplicen.
    Als sie dort eintraten, traute
Gaby ihren Augen nicht. Etwa 30 Schüler waren versammelt. Der Überfall hatte
sie offensichtlich beim Frühstück überrascht. Auch die Köchin und zwei
Küchenhilfen saßen mit angstvoller Miene an einem der Tische.
    Der mit MP bewaffnete Terrorist
hatte sich seiner Maske schon entledigt. Gaby erkannte Martin Macke.
    „Wir haben alle
zusammengetrieben“, erklärte er grinsend. „Francesca überprüft noch die
Schlafräume.“
    Wenigstens meine Freunde sind
nicht hier, dachte Gaby und fühlte, wie ihr ein Gewicht von der Seele wich.
Tarzan ist bei Karl — wegen des Tapezierens — und hat Klößchen wohl doch
mitgenommen.
    Sie und die Lehrer mußten sich
an einen Tisch setzen.
    Macke nahm einen Apfel und biß
hinein, daß es krachte.
    Lähmende Stille breitete sich
aus.
    „Hast du ein Pech, Gaby!“
flüsterte Axel Holzweg, der in ihrer Nähe saß. „Warst bei der Hollmeier, wie?“
    „Schnauze!“ brüllte Macke.
Drohend ging er auf Axel zu. „Keiner redet! Ist das klar?“
    Thomas Weller ließ sich nicht
beeindrucken. „Was wollen Sie eigentlich? Ist doch Irrsinn, die Schule...“
    „Du willst wohl, daß ich dich
auf den Schädel haue?“ Macke hob seine Waffe.
    Aber Weller blieb unbeirrt.
„Ihre Komplicin hat auf mich geschossen. Mein Arm ist verletzt. Ich brauche
Verbandszeug.“
    „An der Schramme stirbst du
nicht“, höhnte Macke.
    Die Schwingtür des Speisesaals
wurde aufgestoßen. Eine Frau mit hexenhaften Zügen kam herein. In der rechten
Hand hielt sie ihre Pistole, in der andern die Strumpfmaske.
    Neben ihr trottete eine
verschlafene Gestalt. Nicht mal der Schreck konnte Klößchen munter machen. Er
blinzelte durch halbgeschlossene Lider. Sein Pyjama war grün-gelb gestreift,
paßte in der Breite, war aber — was Ärmel und Hosenbeine betraf — zu lang.
    Mein Gott! Er hat noch
geschlafen, dachte Gaby.
    „Das ist der letzte“, sagte
Francesca Oliviri. „Hat gepennt wie ein Murmeltier. Ich habe ihn kaum aus dem
Bett gekriegt.“
    „Sympathisant von Ihnen“, sagte
Klößchen, „werde ich nie, Frau Oliviri. Das ist nun der einzige Tag, an dem ich
mal ausschlafen kann — und da kommen Sie mit Ihrem Scheiß!“
    Sprach’s, gähnte und tappte zu
Gaby, die er soeben entdeckt hatte. Freundlich grinsend setzte er sich neben
sie.
    „Morgen, Pfote! Was machst du
denn hier?“
    „Ruhe!“ brüllte Macke und
stampfte auf. „Verdammt nochmal, Ruhe! Ich will, daß ihr ruhig seid. Niemand
redet. Oder ich mache euch zur Schnecke!“
    Angewidert verzog Klößchen das
Gesicht. Gebrüll in aller Frühe — das konnte er nicht vertragen, schon gar
nicht auf nüchternen Magen.
    Was wollen die nur? überlegte
Gaby. Hat das was mit Lotzkas Freipressung zu tun? Ist das die angedrohte
Vergeltung? Der vernichtende Schlag? Gegen wen? Gegen die Schule? Heißt das,
sie werden uns umbringen und die Schule in die Luft sprengen, nur um sich zu
rächen?
    Jetzt kamen Hanna Neu und
Ohnesorge zurück. Sie hatten vier Gefangene gemacht, Schüler der Oberstufe, die
aber mehr Angst zeigten als ihre jüngeren Kameraden. Jedenfalls war keinem der
Oberstufler zuzutrauen, daß er Francesca Oliviris Aktion einen ,Scheiß’ nannte.
    Hanna Neu wandte sich an die
Komplicin.
    „In den Nebengebäuden ist kein
Telefon. Von dort hat also keiner telefoniert. Wir können davon ausgehen, daß
die Bullen noch nichts wissen.“
    Francesca Oliviri nickte. Ohne
die Pistole aus der Hand zu legen, trat sie nach vorn.
    „Damit ihr wißt, worum es
geht“, sagte sie

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