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Das Geisterhaus

Das Geisterhaus

Titel: Das Geisterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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hatte, daß der Verwalter der Drei Marien die Probleme
der Hintersassen löste.
»Was willst du?« fragte er ihn.
Esteban García zögerte. Er konnte die Worte nicht finden, die
er sich monatelang bis ins kleinste zurechtgelegt hatte, ehe er es
gewagt hatte, an die Tür des Patrons zu klopfen.
»Mach schnell, ich habe nicht viel Zeit«, sagte Trueba.
Stotternd brachte Esteban García seine Bitte vor. Er hatte es
geschafft, an der Schule von San
Lucas den Abschluß zu
machen und wollte nun eine Empfehlung für die Polizeischule
und ein staatliches Stipendium, damit er seine Ausbildung
bezahlen konnte.
»Warum bleibst du nicht auf dem Land wie dein Vater und
dein Großvater?« fragte der Patron.
»Entschuldigen Sie, Señor, aber ich will Polizist werden«, bat
Esteban García.
Trueba erinnerte sich, daß er ihm die Belohnung für den
Verrat an Pedro Tercero vorenthalten hatte, und fand, dies sei
eine gute Gelegenheit, sich seiner Schuld zu entledigen, und
nebenbei einen Diener bei der Polizei zu haben. »Man weiß nie,
plötzlich kann ich ihn brauchen«, dachte er. Er setzte sich an
seinen schweren Schreibtisch, nahm einen Bogen Papier mit
dem Briefkopf des Senators, schrieb eine Empfehlung in der
üblichen Form und reichte sie dem stehend wartenden jungen
Mann.
»Da, nimm. Ich freue mich, daß du diesen Beruf gewählt hast.
Wenn es dich danach verlangt, Waffen zu tragen, dann ist es
besser, du wirst Polizist, als du wirst Verbrecher, weil du als
Polizist Straffreiheit hast. Ich werde meinen Freund, Major
Hurtado, anrufen, damit du das Stipendium bekommst. Und laß
es mich wissen, wenn du etwas brauchst.«
»Vielen Dank, Patron.«
»Du brauchst mir nicht zu danken, Junge. Ich helfe meinen
Leuten gern.«
Er verabschiedete ihn mit einem freundschaftlichen Schlag
auf die Schulter.
»Warum haben sie dich Esteban getauft?« fragte er ihn an der
Tür.
»Ihretwegen, Señor«, antwortete der andere errötend.
Trueba dachte nicht weiter über die Sache nach. Die
Hintersassen tauften ihre Kinder oft, zum Zeichen ihres
Respekts, auf die Vornamen ihrer Grundherren.
Clara starb an dem Tag, an dem Alba sieben Jahre alt wurde.
Die erste Ankündigung ihres Todes war nur ihr wahrnehmbar.
Da begann sie heimlich Vorkehrungen für die Reise zu treffen.
Unauffällig verteilte sie ihre Kleider unter die Dienstboten und
die Schar der Schützlinge, die sie immer hatte, und behielt nur
das Unentbehrliche für sich zurück. Sie ordnete ihre Papiere,
indem sie ihre Lebensnotizhefte aus vergessenen Winkeln
rettete. Sie band sie mit bunten Bändern zusammen, sie nach
Ereignissen bündelnd, nicht in chronologischer Ordnung, denn
das einzige, was sie zu notieren vergessen hatte, waren die
Daten, und in der Eile ihrer letzten Stunden fand sie, daß sie
keine Zeit mehr damit verlieren konnte, sie nachzuprüfen. Bei
der Suche nach den Heften waren in Schuhschachteln,
Strumpfbeuteln und hintersten Schrankwinkeln auch die
Juwelen zum Vorschein gekommen, die sie immer gleich
weggeräumt hatte, wenn ihr Mann, in der Annahme, er könnte
damit ihre Liebe gewinnen, sie ihr geschenkt hatte. Sie steckte
sie in einen alten Wollstrumpf, verschloß ihn mit einer
Sicherheitsnadel und übergab ihn Bianca.
»Heben Sie sich das gut auf, Tochter. Eines Tages kann Ihnen
das zu mehr verhelfen als zu einer Maskerade«, sagte sie.
Bianca sprach mit Jaime darüber, und dieser begann seine
Mutter zu beobachten. Er stellte fest, daß sie anscheinend ein
ganz normales Leben führte, aber fast nichts aß. Sie ernährte
sich von Milch und ein paar Löffeln Honig. Sie schlief auch
nicht viel, sondern verbrachte die Nächte schreibend und durchs
Haus wandernd. Langsam schien sie sich von der Welt zu lösen,
sie wurde leichter, durchscheinender, beflügelter.
»Eines schönen Tages wird sie uns davonfliegen«, sagte
Jaime bekümmert.
Plötzlich bekam sie Erstickungsanfälle. Sie spürte in der Brust
den Galopp eines wild gewordenen Pferdes und die Angst eines
in höchster Eile gegen den Wind ankämpfenden Reiters. Sie
sagte, es sei das Asthma, aber Alba merkte, daß sie nicht mehr
mit dem silbernen Glöckchen gerufen wurde, damit sie ihre
Großmutter mit lang andauernden Umarmungen heilen konnte.
Eines Morgens sah sie ihre Großmutter mit unerklärlicher
Freude alle Vogelkäfige öffnen. Clara schrieb kleine Kärtchen
an alle ihre Lieben, deren Zahl groß war, und legte sie in eine
Schachtel, die sie unter ihrem Bett versteckte. Am

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