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Das Geisterhaus

Das Geisterhaus

Titel: Das Geisterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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sich die Seeleute auf den fernsten
Meeren erzählten. Den größten Anteil am Erfolg hätten die
Verkleidungen, weil sie die erotischen Phantasien der Kunden
anregten, und der Hurenkatalog, den sie vervielfältigt und in
einige Provinzen versandt hätten, um in den Männern den
Wunsch zu wecken, eines Tages dieses berühmte Bordell
kennenzulernen.
»Es ist blöd, in diesen Fetzen und mit diesen falschen Trauben
herumzulaufen, Patron, aber den Männern gefällt das. Sie
erzählen es herum, und das lockt die anderen an. Es geht uns
gut, das Geschäft blüht, und keiner fühlt sich hier ausgebeutet.
Es ist das einzige Hurenhaus in ganz Chile, das einen echten
Neger hat. Die Neger in anderen Häusern sind bloß angemalt,
aber Mustafa bleibt schwarz, wie er ist, und wenn Sie ihn mit
Schmirgelpapier abreiben. Und alles ist sauber. Hier kann man
aus der Kloschüssel Wasser trinken, weil wir sie mit Lauge bis
in ungeahnte Tiefen waschen, und wir werden alle von der
Gesundheitsbehörde kontrolliert. Es gibt keine
Geschlechtskrankheiten.«
Tránsito nahm den letzten Schleier ab, und ihre herrliche
Nacktheit überwältigte mich so, daß ich eine tödliche Müdigkeit
verspürte. Mein Herz war schwer von Traurigkeit, und mein
Geschlecht hing schlaff und unnütz wie eine welke Blume
zwischen meinen Beinen.
»Ach, Tránsito, ich glaube, ich bin dazu schon reichlich alt«,
stammelte ich.
Aber Tránsito begann die um ihren Nabel tätowierte Schlange
zu wellen, mich hypnotisierend mit den sanften Schwingungen
ihres Bauchs, und lullte mich ein mit ihrer heiseren
Vogelstimme, die mir von den Gewinnen der Kooperative und
den Vorteilen des Katalogs sprach. Ich mußte lachen, trotz
allem, und allmählich fühlte ich, daß dieses Lachen wie ein
Balsam wirkte. Ich versuchte mit dem Finger den Windungen
der Schlange zu folgen, aber er rutschte mir bald nach oben,
bald nach unten ab. Ich wunderte mich, daß diese Frau, die
längst nicht mehr in ihrer ersten, nicht einmal mehr in ihrer
zweiten Jugend stand, noch eine so feste Haut und so zarte
Muskeln hatte, daß sie dieses Reptil bewegen konnte, als hätte
es ein Eigenleben. Ich beugte mich über die Tätowierung, um
sie zu küssen, und stellte befriedigt fest, daß sie nicht parfümiert
war. Der warme, sichere Geruch ihres Bauchs stieg mir in die
Nase und brachte, indem er mich ganz durchdrang, mein schon
kalt geglaubtes Blut in Wallung. Ohne mit Sprechen aufzuhören,
machte Tránsito Soto die Beine auf, trennte wie in einer
zufälligen Bewegung, so als ob sie die Stellung verändern
wollte, die sanften Säulen ihrer Schenkel. Ich begann mit den
Lippen über sie hinzustreifen, atmend, bohrend, leckend, bis ich
die Trauer und die Last der Jahre vergaß und mir das Begehren
mit der Kraft aus früheren Jahren zurückkam. Ohne mit
Streicheln und Küssen aufzuhören, riß ich ihr verzweifelt die
Unterwäsche vom Leib und drang, glücklich in dem Gefühl
meiner wiedererstarkten Männlichkeit, in das warme,
erbarmende Tier ein, das sich mir darbot, bis ich, eingewiegt
von der heiseren Vogelstimme, umschlungen von den Armen
der Göttin, aufgerüttelt von der Kraft dieser Hüften, alles um
mich vergaß und im Genuß verging.
Danach plätscherten wir im lauen Wasser der Badewanne, bis
mir die Seele in den Leib zurückkehrte und ich mich fast geheilt
fühlte. Einen Augenblick spielte ich mit dem Gedanken, daß
Tránsito die Frau sei, die ich immer gebraucht hätte, und daß ich
an ihrer Seite in die Zeiten zurückversetzt werden würde, in
denen ich fähig war, eine kräftige Bäuerin hochzuheben, auf die
Kruppe meines Pferde zu setzen und sie gegen ihren Willen in
die Büsche zu zerren.
»Clara…« murmelte ich unwillkürlich, und da fühlte ich, daß
eine Träne über meine Wange rollte, und noch eine und wieder
eine, bis es ein Sturzbach von Tränen war, ein Tumult von
Schluchzen, ein Ersticken an Wehmut und Traurigkeit, das
Tránsito ohne Mühe erkannte, weil sie seit langem in den
Kümmernissen der Männer erfahren war. Sie ließ mich alles
Elend und alle Einsamkeit der letzten zwanzig Jahre ausweinen,
dann half sie mir mit der Fürsorglichkeit einer Mutter aus der
Badewanne, trocknete mich ab, massierte mich, bis ich weich
wie gewässertes Brot war, und deckte mich zu, als ich im Bett
lag und die Augen schloß. Sie küßte mich auf die Stirn und ging
auf Zehenspitzen hinaus.
»Wer mag Clara sein?« hörte ich sie beim Hinausgehen
murmeln.

Elftes

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