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Das Geisterhaus

Das Geisterhaus

Titel: Das Geisterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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verabschieden, bis er
sie zuletzt taktvoll verließ. Oft, wenn eine von ihnen im Schlaf
neben ihm seufzte, schloß er die Augen und dachte an Bianca,
ihren vollen, reifen Körper, ihre üppigen Brüste, die feinen
Falten um ihren Mund, das tiefe Schwarz in ihren arabischen
Augen, und fühlte, daß ein unterdrückter Schrei ihm die Brust
sprengte. Er versuchte, es bei anderen Frauen länger
auszuhalten, durchlief, sich von Bianca entfernend, viele Wege
und viele Körper, aber im Augenblick der Intimität, der
Einsamkeit und des vorgefühlten Todes war sie immer die
einzige. Am Morgen begann dann der sanfte Prozeß der
Loslösung von der neuen Geliebten, und kaum hatte er sich
wieder frei gemacht, kehrte er zu Bianca zurück, magerer und
hohläugiger, schuldbewußter, aber mit einem neuen Lied in der
Gitarre und neuen, unerschöpflichen Liebkosungen für sie.
Bianca ihrerseits hatte sich daran gewöhnt, allein zu leben. Sie
fand zuletzt den Frieden in ihren Aufgaben im großen Eckhaus,
in ihrer Töpferwerkstatt und bei ihren Krippenfiguren, von
denen allein die Heilige Familie, verloren in einer Unmenge
erfundener Ungeheuer, den Normen der Biologie entsprach.
Pedro Tercero García war der einzige Mann in ihrem Leben,
weil sie zu der einen, ausschließlichen Liebe berufen war. Die
Kraft dieses unwandelbaren Gefühls rettete sie vor dem
Mittelmäßigen und dem Traurigen ihres Schicksals. Auch in den
Zeiten, in denen er irgendwelchen langbeinigen, glatthaarigen
Nymphen nachlief, blieb sie ihm treu und liebte ihn wegen
dieser Eskapaden nicht weniger. Anfangs glaubte sie jedesmal,
wenn er sich von ihr entfernte, sie würde sterben, aber bald
wurde ihr klar, daß seine Abwesenheiten nur einen Seufzer lang
dauerten und er unweigerlich verliebter und sanfter zu ihr
zurückkehrte. Bianca gab den heimlichen Begegnungen mit
ihrem Geliebten in einem Stundenhotel den Vorzug vor der
Routine eines Lebens zu zweit, der Ehemüdigkeit und dem
Alptraum von dem gemeinsamen Altwerden mit der geteilten
Geldnot an Monatsenden, dem beiderseits schlechten
Mundgeruch beim Erwachen, der Langeweile der Sonntage und
den Beschwerden des Alters. Sie war eine unverbesserliche
Romantikerin. Manchmal war sie in Versuchung, ihren
Clownskoffer und den Rest der Schmuckstücke im Wollstrumpf
zu packen und mit ihrer Tochter zu ihm zu ziehen, aber zuletzt
überwog immer die Feigheit. Vielleicht fürchtete sie, daß diese
grandiose Liebe, die so viele Proben überstanden hatte, die
schrecklichste von allen, das Zusammenleben, nicht überleben
würde. Alba wuchs schnell heran, und Bianca begriff, daß sie
den guten Vorwand, sie müsse auf ihre Tochter aufpassen, nicht
mehr lange würde vorbringen können, um den Forderungen
ihres Geliebten auszuweichen, aber immer wieder schob sie die
Entscheidung hinaus. Im Grunde schreckte der Lebensstil Pedro
Terceros sie nicht weniger als die Angst vor der Routine: sein
ärmliches Häuschen aus Brettern und Zink in einer
Arbeitersiedlung, eines von Hunderten ebenso ärmlichen, ohne
Wasser, mit einem Fußboden aus gestampfter Erde und einer
einzigen, von der Decke hängenden Glühbirne. Ihretwegen
verließ er die Siedlung und zog in ein Appartement im Zentrum,
wodurch er, ohne es zu beabsichtigen, in eine Mittelklasse
aufstieg, der anzugehören nie sein Ziel gewesen war. Aber auch
das genügte Bianca nicht. Sie fand die Wohnung schmierig,
dunkel, eng und die Promiskuität im Haus abstoßend. Sie könne
nicht zulassen, sagte sie, daß Alba dort aufwachse, mit anderen
Kindern auf der Straße und im Treppenhaus spiele und eine
staatliche Schule besuche. So verging ihre Jugend, sie trat in die
Zeit der Reife ein und hatte sich damit abgefunden, daß sie
keine anderen Augenblicke der Lust hatte als jene Rendezvous,
zu denen sie sich heimlich in ihren besten Kleidern aus dem
Haus stahl, parfümiert und in der Reizwäsche, die Pedro Tercero
gefiel und die sie jedesmal in den hintersten Winkeln des
Kleiderschranks versteckte, schamrot bei dem bloßen Gedanken
an die Entschuldigungen, die sie erfinden müßte, wenn jemand
sie dort entdeckte. Diese in jeder Hinsicht praktische und
irdische Frau sublimierte ihre Leidenschaft aus Kindertagen,
indem sie sie tragisch auslebte. Sie nährte sie mit ihren
Phantasien, idealisierte sie, verteidigte sie mit Klauen und
Zähnen, reinigte sie von prosaischen Wahrheiten und konnte sie
in eine Romanliebe verwandeln.
Was Alba betraf, so lernte sie, Pedro

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