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Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Fuchs
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geendet hatte.
    Eine lange Weile ritt Ludwig nur stumm neben Sander einher, sodass der junge Mann schon glaubte, er sei mit seinen Ausführungen zu weit gegangen und habe den Freund der Familie vollends überfordert. Doch da täuschte er sich. Nach alter Kaufmannsgewohnheit durchdachte Ludwig Schritt für Schritt das eben Gehörte und sagte dann ganz ruhig, aber bestimmt: »Du, ich kenn da wen, der ist mit einer bekannt, die wiederum eine andere kennt, die weiß alles und kann dir ganz sicher helfen.«
    »Aha«, sagte Sander, »das wäre dann wohl die Wiener Art.«
    »Genau. Du lernst schnell, das muss man dir lassen!«
    »Und was ist mit den Minderen Brüdern?«
    »Nun, die kannst du immer noch befragen. Wissen tun sie alles, aber sagen werden sie dir nichts. In Wien sagt man auch, trau keinem Pfaffen! Meistens stimmt das auch.«
    Entmutigt seufzte Sander.
    Ludwig bemühte sich, Sander aufzuheitern: »Na, eines nach dem anderen, mein junger Freund. Jetzt bezwingen wir beide einmal die Alpen und erobern Wien. Wie der Zufall so will, werden wir zu Santa Katharina beim Kärntnertor einreiten.«
    »Warum Zufall?«, fragte Sander interessiert.
    »Schmarrn Zufall. Ist Absicht. Am Tag der Heiligen Katharina ist Jahrmarkt in Wien. Da herrscht absolute Zollfreiheit.«
    »Ja klar, das ist schon wichtig«, meinte Sander enttäuscht. Diese Kaufleute waren schon eine eigene Rasse, dachte er bei sich.
    »Aber das Beste ist das Scharlachrennen!«, setzte Ludwig nach und grinste Sander breit an.
    »Was ist denn das?«
    »Lass dich überraschen. Nur so viel: A echte Gaudi!«, gluckste Ludwig und gab seinem Pferd die Sporen.
    »Aha. A Gaudi. Was immer das ist«, murmelte Sander und bemühte sich, Ludwig zu folgen.

    *
    Er dachte schon, es würde kein Ende nehmen. Er überlegte bereits, sein Vorhaben aufzugeben. Er wollte einfach nur Ruhe haben. Und dann sah er ihn. Er war da, er war wirklich gekommen. Wieder trafen sich ihre Wege. Das Blut rauschte in seinen Adern, sein Verstand war wach, er war beweglich, lebendig und bereit. Er würde es ihm zeigen, ihn beeindrucken, verblüffen und überraschen. Endlich wusste er wieder, was sein Weg war, welches Ziel auf ihn wartete. All die Jahre waren nicht umsonst gewesen, sie hatten ihn ausdauernder, überlegter und weiser gemacht. Gleich einem kleinen Wanderfalken, einem Sprenkel, der nach und nach frei wird von allen Fesseln, von Hunger, von Kälte, von Dunkelheit. Jetzt war er ausgelernt, er kannte seine Beute, er wusste, wie ihr beizukommen war. Klug blickte er in die Welt. Ein aufmerksamer, entschlossener, verlässlicher Jäger, der nur eines kennt: die Jagd nach dem Gemeinen, dem Schmutzigen und Abtrünnigen.
    Er war da, kaum konnte er sein Glück fassen! Jetzt war viel zu tun. Vorausdenken, vorausplanen, sich wappnen, bereit sein. Er streckte sich, viel zu lang hatte er untätig die Stunden des Tages verbracht. Und das Beste daran war: Es war so leicht, so unglaublich einfach, an alle Auskünfte zu gelangen. Er hatte gelernt, sich unsichtbar zu machen. Niemand nahm ihn wahr, im Gegenteil, keiner wollte seine verwachsene Gestalt, sein abstoßendes Äußeres, das jedes Auge beleidigte, sehen. Umso besser für ihn, umso leichter, an das zu kommen, was er wollte. Eigentlich musste er nur das tun, was er bisher gemacht hatte. Schweigen und sich an die Fersen derjenigen heften, die ihn zu seinem Ziel führen würden. Niemand erkannte ihn, niemand sah ihn, denn jeder nahm nur das wahr, was er wirklich sehen wollte. Und ihn wollte man sicherlich nicht erblicken. Das war sein Vorteil und eines noch: Geduld und Ruhe, doch die Sinne geschärft, die Ohren auf Empfang und die Augen offen.

    *

    »Alessandro, ich finde es ja sehr aufmerksam von dir, dass du zu Ehren der Heiligen Katharina gleich ihre Kapelle aufsuchst, aber bitte spute dich, ich habe heute noch ein wichtiges Geschäft zu erledigen, ein wirklich wichtiges, das keinen, aber auch gar keinen Aufschub duldet.« Schon ein wenig erbost blickte Ludwig zu seinem jungen Reisegefährten, der seelenruhig von der imposanten Kirche der Minderen Brüder über den stillen Kreuzgang zum Langchor schlenderte. Völlig unbeeindruckt von der offensichtlichen Eile seines Gefährten meinte Sander: »Hier irgendwo muss es sein!« Wieder schlenderte er herum, wandte sich dann nach Westen und stand mitten in der großen Hallenkirche, ein hohes Gewölbe, getragen von dicken Strebepfeilern. Zweifelnd blickte er zum Altar, bekreuzigte sich und lenkte seine

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