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Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Fuchs
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hervorzog, alles offensichtlich Dinge, an denen Gretlin vor dem schrecklichen Erlebnis in jener Nacht und ihrem Umzug ins Kloster der Büßerinnen gearbeitet hatte.
    Etwas enttäuscht hob Johanna das fransige Stück Stoff, in dem diese Habseligkeiten gewickelt waren, an, um es genauer zu betrachten. Das ehemals prächtige Gewebe hatte von der Lagerung unter den schmutzigen Brettern erheblich gelitten. Von der ursprünglichen Farbe war nichts mehr zu erkennen, nur mehr matt glänzte es. Johanna berührte die mit doppelten Perlreihen eingerahmten Medaillons, in deren Mitte Adler aus schwarzer Seide gearbeitet waren. Daneben fühlte sie metallene Plättchen mit bunten Gravuren, die sie so gar nicht einordnen konnte. Überhaupt war ihr diese Stickerei in ihrer ganzen Ausführung fremd. Ratlos wandte sie sich an Dorthe.
    »Bist du sicher, dass das die Sachen von der Gretlin sind?«
    »Ja freilich. Von ihr und von der Elsbeth.«
    »Aber woher hatte denn das Mädchen so a komische Art zu sticken gelernt, von der Mutter, der Elsbeth etwa gar?«
    »Was meinst jetzt?«, fragte Dorthe verblüfft, »von der Mutter oder von der Elsbeth?«
    »Na, die Mutter von der Gretlin mein i, die Elsbeth. Geh, Dorthe, bist jetzt scho ganz alt und deppert«, lachte Johanna gutmütig.
    »Ja Kruzifix, Hannerl, wer is da alt und deppert? Die Elsbeth is do gar net die Mutter von der Gretlin gwesen!« Dorthe schnaubte verächtlich und setzte bereits zu neuen Schimpftiraden an, als sie die verdatterte Miene Johannas sah.
    »Sag bloß«, murmelte sie, »du hast des net gwußt!«
    »Ka Ahnung hab i ghabt«, hauchte Johanna.
    »Vielleicht hat des Madl in der Elsbeth die Mutter sehen wollen, aber sie war’s net. Die Gretlin is a angnommenes Kind gwesn.« Begütigend tätschelte Dorthe Johannas zitternde Hand und blickte besorgt in das bleiche Gesicht der Büßerin.
    »So a armer Wurm war’s, gfunden hat sie’s in der Nacht auf der Straßn, hat uns die Elsbeth damals erzählt, und sie hat sich gekümmert um das klane Bauxerl. Gholfen hat ihr niemand und gfragt hat auch kaner nach der Gretlin. Scho komisch eigentlich …«, versonnen schaute Dorthe in die dunkle Ecke, wo die Truhe stand. »So a guate Haut, die Elsbeth, und so grauslich hat’s ihr Leben lassen müssen. Und jetzt die Yrmel nur knapp davonkommen …«
    Auf einmal hielt es Johanna in diesem Haus in der Laimgruben nicht mehr aus. Der Dunst der ausschweifenden Feierlichkeiten, der Mief der ungewaschenen Körper, die verdorbenen Speisen auf dem Tisch, die Erinnerung an Elsbeth, die Würgemale an Yrmels Hals, dieser ganze Ärger mit der Gretlin – all das bereitete ihr plötzliche Übelkeit. Sie verabschiedete sich von Dorthe. »Bleib nur sitzen, meine Liebe, ich find allein raus, und danke für alles.« Damit zeigte sie noch einmal auf das gelbe Tüchel, raffte schnell die Stickereien in ihren Beutel und flüchtete hinaus in den kalten Morgen. Nach ein paar tiefen Atemzügen war Johanna wieder so weit, dass sie den Rückweg in die Stadt antreten konnte. Und sie musste so schnell wie möglich zurück, das war ihr klar. Zwar beruhigten sich ihre Magennerven bei jedem Schritt ein wenig mehr, doch das Durcheinander ihrer Gedanken schien sich zu vergrößern, je mehr sie über das nachdachte, was sie soeben erfahren hatte. Resolut, wie sie war, beschloss sie kurzerhand, überhaupt nicht mehr weiter zu rätseln, sondern sich Hilfe zu holen. Jeder Mensch bekommt so viel, wie er verträgt, sagte sie sich, und ich hab mir weiß Gott genug aufgetan. Sie machte sich Sorgen um Yrmel, deren Verband sie erneuern sollte, hoffentlich hatte Barbel, die ja fast jeden Morgen in die Küche kam, die richtigen Kräuter dabei! Und die vermaledeite Hündin, die brauchte was Warmes zu saufen, die hustete, weil sie die ganze Nacht draußen auf dem kalten Erdboden neben der Yrmel gelegen war. Um die Gretlin wollte sich Hanna zum Schluss kümmern. Erst einmal zur Kathi in die Kärntnerstraße laufen mit den Essiggurkerln. Wenn ihr nur der Knöchel nicht so verdammt wehgetan hätte!
    Gerade als sie in der Weihburggasse eingetroffen war, nach einem beschwerlichen Fußmarsch und möglichst ungesehen über die Gartenpforte in die Küche huschen wollte, prallte sie mit einem Knecht zusammen. Stumm hielt er ihr zwei Fasanen und drei Rebhühner, aufgehängt am Hals mittels einer groben Schnur, entgegen. Johanna drängte den Mann unwirsch weg: »Ja sapperlot, bring ma des Zeug bloß net glei in die Küch!« Unbeeindruckt

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