Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)
nächstbeste Trumm und drosch damit auf ihren Küchentisch. Dieses Mal erwischte sie den Fleischklopfer, den sie normalerweise für die besonders zähen Schweinekoteletts verwendete. Als sie endlich zum fünften Schlag ausholte, wurde es mucksmäuschenstill. Erwartungsvoll blickte Barthel sie an, die Meisterin sah fragend in ihre Richtung, dem Kräuterweib blieb das letzte Schimpfwort im Hals stecken, und Krispin drückte sich noch tiefer in seine Ecke. Dann räusperte sich Johanna vernehmlich und sagte in einem für ihre Verhältnisse sehr ruhigen Ton:
»Ich stelle fest, dass ich unerwartet Besuch in meiner Küche bekommen habe. Und das zu so früher Stunde. Mir scheint, dass es noch einige Zeit bis zum Läuten der Sext dauert.«
Barthel blieb der Mund offen, selten hörte man seine Hannerl in so vollendeter Weise sprechen.
Als sich die Meisterin wieder einschalten wollte und zu »Ich hab ja auch gesagt, dass …« ansetzte, genügte nur ein fuchsteufelswilder Blick von Johanna, um sie wieder zum Innehalten zu bewegen.
»Aus diesem Grunde würde ich vorschlagen, dass du, Barthel, dich verabschiedest und deinen feinen Freund, der da in der Ecke lümmelt, gleich mitnimmst.«
Ein Murren war die Antwort.
»Und du, Barbel, schnappst dir deinen vermaledeiten Korb und gehst deiner Wege. Dich möchte ich frühestens wieder morgen sehen, um die Terz herum, aber mit Petersil und Senfsaat.«
Murrend entfernte sich die Alte. Als Johannas Blick auf die Meisterin fiel, hob diese beschwichtigend beide Hände und wandte sich Richtung Tür. Dort drehte sie sich in einer abrupten Geste noch einmal um und meinte: »Auch ich komme später wieder in die Küche und möchte dann erfahren, was du, Johanna, in dieser Angelegenheit«, damit zeigte sie auf das Mädchen am Boden, »zu tun gedenkst. Ja und außerdem, ich warte auf meinen Haferbrei … und vergiss die Nüsse nicht.«
Natürlich, immer alles abwälzen auf die Johanna, die darf sich ja um jeden Dreck kümmern, dachte die Angesprochene und gab dem Köter am Boden einen Tritt mit ihrer Fußspitze. Das Tier winselte kurz, um sich dann noch enger an den Körper des Mädchens zu drücken.
Jetzt, da in der Küche bedeutend mehr Platz war, wandte sich Johanna den Männern der Stadtwache zu und bat sie, ihnen ihren Besuch und das ›Mitbringsel‹ zu erklären. Da sie wusste, dass die Kehlen der Männer meist ausgetrocknet waren, und sie außerdem das Gefühl hatte, dass sie für gute Stimmung sorgen sollte, erhitzte sie drei Becher ihres sorgsam gehüteten Kochweins, gab ein paar ihrer speziellen Gewürze hinein und lud die Männer ein, sich an den Tisch zu setzen. Nach ein paar Schlucken war die Situation gleich viel entspannter, und einer der Männer begann zu erzählen. Sie hätten das Mädchen heute bei ihrem ersten Rundgang in aller Frühe gefunden, in der Nähe des Lichtenstegs, gleich neben der Mörung. Am Boden sei sie gelegen und ein Fetzenbündel so fest umschlungen gehalten, dass man sie nur mit Gewalt davon herunterzerren konnte. Mit Grauen erzählten die Männer, dass sie darin eine fürchterlich zugerichtete Leiche gefunden hätten.
»Aber was hat euch dann bitteschön bewogen, das Mädel nach Sankt Hieronymus zu bringen?«, erlaubte sich Johanna eine Frage und bemühte sich, freundlich zu klingen.
»Na wegen dem da, natürlich!«, antwortete einer der Männer und zeigte auf den Arm des Mädchens.
»Natürlich, wegen dem da, was denn sonst«, seufzte Johanna schwer und schenkte den Männern noch einmal nach.
»Für uns wär die Sach dann erledigt«, meinte einer der beiden, »wir haben mit der Leich sowieso noch genug Scherereien. Wenns was weiß, die Kleine, dann lass es uns wissen, Hannerl. Ansonsten … Dank schön fürn Wein.« Damit rüsteten sie sich zum Aufbruch.
»Halt«, rief Johanna ihnen noch einmal nach, »was mach ich mit dem Köter?«
»Mit dem kannst machen, was du willst. Der ist ka Fall für die Stadtguardia, sondern für den Hundsschlager.« Damit gingen sie hinaus auf die Straße.
»Ja, das mein ich auch«, murmelte Johanna und wollte schon wieder die Tür schließen, als sich aus dem Morgengrauen eine Gestalt löste, Johanna zur Seite drängte und schnell in die Klosterküche huschte.
»Mei, Barthel, hast du mich jetzt erschreckt!«, Johanna fasste sich an den Hals, »was soll denn das?«
»Ich kann di do net so einfach allein lassen mit dem da. Ich bin doch nicht die Meisterin Cäcilie, die alles an dir abputzt, Hannerl. Komm, schau
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