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Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Das gelbe Hurentuch: Hannerl ermittelt (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Fuchs
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beherbergen, die gegen alles Böse, Unangenehme und Schreckliche helfen sollten. Beutel mit Haaren von dreifärbigen Glückskatzen, Mäusedreck und getrocknete Rattenohren halfen bei kleineren Übeln. Bei größeren Schwierigkeiten musste man schon tiefer in die Tasche greifen: besonders geformte Kieselsteine, Hasenpfoten, grotesk verbogene Äste von heiligen Bäumen. Aber auch ganz einfache Glücksbringer wie ein Thymianzweig konnten bei der Barbel wundertätig sein, behauptete sie jedenfalls. Alle Amulette gab es versehen mit einem Segenswunsch an den betreffenden Heiligen. Der Blasius gegen Halsschmerzen, die Gertrude gegen Fieber oder die Apolonia gegen Zahnweh. Gut für die alte Barbel, dass niemand genau nachprüfen konnte, ob das denn ein Amulett mit oder ohne Segenswunsch war, es war von außen ja schließlich nicht zu sehen. Merken konnte man es nur am Preis, das war wieder gar nicht zu übersehen, denn die Barbel ließ sich den Aberglauben der Wiener fürstlich belohnen, so ausgekocht war sie. Johanna durchschaute die Geschichten der Alten und ließ sie gewähren. Der Grund war recht einfach: Niemand bot so gute und frische Ware an wie das Kräuterweibel Barbel. Und Johanna war auf Gewürze und Kräuter angewiesen, ohne die geeigneten Pflanzen konnte sie ihre ganze Essigherstellung vergessen. Regelmäßig benötigte sie Unmengen an Senfsaat, Wacholder, Liebstöckel und Kümmel. So viel konnte sie in ihrem eigenen Kräutergarten gar nicht hegen, pflegen und ernten, was sie in ihre Steinguttöpfe und Krüge hineinzupfte. Also trafen die beiden Frauen eine stille Abmachung: Johanna bekam immer die beste Ware und ließ Barbel dafür ihren Hokuspokus treiben. Nur heute, nein heute wollte sie von den wüsten Prophezeiungen der Alten nichts hören.
    Aber Barbel ließ nicht locker: »Hannerl, ich mein es ernst.«
    »Du meinst es immer ernst.«
    »Es ist was Furchtbares passiert, und das kommt jetzt auch zu dir …«
    »Ja freilich, wahrscheinlich geht mir der Germteig net auf oder die Milch wird sauer …«
    »Nein, Hannerl, es geht um Leben und Tod. Hör zu, gleich werden die Männer der Stadtguardia kommen, die …«
    Lautes Gepolter und tiefes Stimmengewirr unterbrochen von schrillem Gejammer kündigten an, dass Barbel dieses Mal nicht nur die Wahrheit gesagt hatte, sondern ihre oft so unsicheren Weissagungen sich dieses Mal genau im Moment erfüllten. Drei Männer in grobem Schuhwerk stürmten in die Küche. Zwei von ihnen schleiften eine schmächtige Gestalt zwischen sich herein, deren Gesichtszüge von wirrem Haar verdeckt und daher nicht gleich zu erkennen waren. Offensichtlich war die Person nicht bei Sinnen, denn sie ließ sich gänzlich willenlos, ohne die eigenen Beine zu Hilfe zu nehmen, in Johannas Küche schleifen. Am Arm des dritten Mannes hing die Meisterin Cäcilie, noch blasser als sonst, und zeterte: »Meine Herren, das ist ein Kloster, kein Armenasyl. Wir nehmen keine Kranken auf und auch niemanden sonst, den ihr in der Gosse aufgelesen habt. Das geht nicht..:« Krispin, der ja ständig irgendetwas auf dem Kerbholz hatte, sprang vor lauter Schreck im Angesicht der ehrfurchtgebietenden Männer in eine Ecke und stieß dabei den Sack mit Gerste um. Barthel, neugierig, wie er war, stellte sich auf die Zehenspitzen, um nur ja nichts vom Schauspiel zu verpassen, und stützte sich dabei auf dem Buckelkorb der Barbel ab, in dem sie immer ihre Kräuter transportierte. Prompt riss der schon altersschwache Lederriemen, und munter purzelten Bärlauch, Majoran, Dill und Kerbel in Bündeln auf den Boden. Sofort breitete sich ein penetranter Knoblauchgeruch in der Küche aus, der Bärlauch war ja eben erst in mühevoller Arbeit in den Donauauen frisch gepflückt worden. Dementsprechend laut setzte Barbel eine Schimpftirade Richtung Barthel ab. Völlig unbeeindruckt vom Geschrei des Kräuterweibels und der Meisterin legte die Stadtwache ein, wie Johanna nun erkannte, bewusstloses junges Mädchen vor ihr auf den Küchenfußboden, der aus rohen Brettern zusammengefügt und nun mit Gerstenkörnern und zertrampelten Kräuterpflanzen verziert war. Wäre dieses Durcheinander nicht schon genug, so kam zu allem Überfluss ein offensichtlich streunender Hund mit einem ganzen Schwall an undefinierbaren, aber eindeutig aus der Gosse stammenden Gerüchen behaftet, herein und legte sich mit der größten Selbstverständlichkeit neben den Kopf des am Boden liegenden Mädchens.
    Johanna reagierte wie immer. Sie nahm das

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