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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Stammkapital von fünfundzwanzig Millionen gründen, vorher aber ein Konsortium von Freunden, Bankiers und Industriellen bilden wolle, die im voraus den Erfolg der Emission gewährleisten und sich verpflichten sollten, vier Fünftel dieser Emission – also mindestens vierzigtausend Aktien – zu übernehmen. Daigremont war sehr ernst geworden, hörte zu und betrachtete Saccard, als suchte er in der Tiefe seines Hirns zu erforschen, welche Leistung, welche für ihn selbst nutzbringende Arbeit noch herauszuholen war aus diesem Mann, den er als so rührig kennengelernt hatte, so voll wunderbarer Eigenschaften trotz seiner fieberhaften Zerfahrenheit. Er zögerte zunächst.
    »Nein, nein, ich habe mich übernommen, ich möchte nichts Neues anfangen.«
    Dann geriet er dennoch in Versuchung, stellte Fragen und wollte die Projekte kennenlernen, die das neue Kreditinstitut finanzieren sollte, aber sein Gesprächspartner war klug genug, darüber nur mit äußerster Zurückhaltung zu sprechen. Und als Daigremont von dem ersten Geschäft hörte, mit dem man beginnen wollte, jenem Plan, alle Reedereien des Mittelmeerraumes unter dem Firmennamen »Allgemeine Gesellschaft der vereinigten Dampfschiffahrtslinien« in einem Kartell zusammenzufassen, schien er sehr beeindruckt und gab plötzlich nach.
    »Na schön, ich bin einverstanden und mache mit. Aber nur unter einer Bedingung … Wie stehen Sie eigentlich zu Ihrem Bruder, dem Minister?«
    Saccard war überrascht und zeigte offen seine Verbitterung.
    »Zu meinem Bruder … Nun ja, er betreibt seine Geschäfte und ich die meinen. Er hat keine sehr brüderliche Ader, mein Bruder.«
    »Schade!« erklärte Daigremont unumwunden. »Ich beteilige mich an Ihrem Geschäft nur, wenn auch Ihr Bruder sich beteiligt … Sie verstehen mich, ich möchte nicht, daß Sie zerstritten sind.«
    Mit einer zornigen Gebärde der Ungeduld erhob Saccard Einspruch. Wozu brauchte man Rougon? Hieß das nicht, sich an Händen und Füßen mit Ketten zu fesseln? Aber gleichzeitig sagte ihm eine Stimme der Vernunft, die stärker war als seine Erregung, daß man sich wenigstens der Neutralität des großen Mannes versichern müßte. Indessen lehnte er das Ansinnen rundweg ab.
    »Nein, nein, er ist immer zu niederträchtig zu mir gewesen. Ich werde niemals den ersten Schritt tun.«
    »Hören Sie«, versetzte Daigremont, »um fünf erwarte ich Huret wegen eines Auftrags, den er übernommen hat … Sie fahren jetzt zum Corps législatif, nehmen Huret beiseite und erzählen ihm von Ihrem Geschäft. Er wird sofort mit Rougon darüber reden und in Erfahrung bringen, was dieser davon hält. Um fünf haben wir dann die Antwort hier … Also, treffen wir uns um fünf?«
    Mit gesenktem Kopf überlegte Saccard.
    »Mein Gott, wenn Sie darauf bestehen!«
    »Oh, unbedingt! Ohne Rougon nichts. Mit Rougon alles, was Sie wollen.«
    »Gut, ich fahre.«
    Als Saccard nach einem kräftigen Händedruck schon gehen wollte, rief ihn der andere noch einmal zurück.
    »Ach, hören Sie, wenn Sie merken, daß die Dinge in Gang kommen, so gehen Sie doch auf dem Rückweg beim Marquis de Bohain und bei Sédille vorbei; sagen Sie den beiden, daß ich mich beteilige, und bitten Sie sie, auch mitzumachen … Ich möchte, daß sie mit von der Partie sind.«
    Vor dem Tor fand Saccard seine Droschke wieder, die er behalten hatte, obwohl er nur ein Stück die Straße hinunterzugehen brauchte, um zu Hause zu sein. Er schickte sie weg, weil er damit rechnete, am Nachmittag anspannen lassen zu können, und ging rasch nach Hause, um Mittag zu essen. Man erwartete ihn schon nicht mehr, die Köchin servierte ihm selbst ein Stück kalten Braten, das er verschlang, während er sich mit dem Kutscher herumzankte. Er hatte ihn heraufkommen und sich vom Besuch des Tierarztes berichten lassen, der angeordnet hatte, dem Pferd drei oder vier Tage lang Ruhe zu gönnen. Mit vollem Mund beschuldigte Saccard den Kutscher schlechter Pflege und drohte ihm mit Frau Caroline, die Ordnung in das Ganze bringen werde. Zuletzt schrie er ihn an, er solle wenigstens eine Droschke holen. Erneut prasselte sintflutartiger Regen auf die Straße nieder, Saccard mußte über eine Viertelstunde auf den Wagen warten, stieg unter strömendem Regen ein und rief dem Kutscher zu:
    »Zum Corps législatif!«
    Er wollte noch vor der Sitzung ankommen, so daß er Huret im Vorbeigehen abpassen und in Ruhe mit ihm sprechen konnte. Leider befürchtete man an diesem Tag eine leidenschaftliche

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