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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Debatte, denn ein Mitglied der Linken sollte die leidige Mexikofrage anschneiden, und Rougon würde zweifellos antworten müssen.
    Als Saccard die Vorhalle betrat, hatte er Glück und traf auf den Abgeordneten. Er zog ihn in einen der kleinen Salons nebenan, wo sie dank der großen Erregung, die auf den Gängen herrschte, allein waren. Die Opposition wurde immer gefährlicher, der Wind der Katastrophe, der noch stärker werden und alles niedermachen sollte, begann schon zu wehen. So verstand Huret, der mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt war, zunächst nicht und ließ sich den Auftrag, mit dem man ihn betraute, zweimal erklären. Da geriet er noch mehr außer sich.
    »Mein lieber Freund, wo denken Sie hin? Mit Rougon sprechen, in diesem Augenblick? Er wird mich zum Teufel schicken, soviel steht fest.«
    Dann kam die Sorge um sein persönliches Interesse zum Vorschein. Er existierte ja nur durch den großen Mann, dem er seine offizielle Kandidatur, seine Wahl zum Abgeordneten verdankte, seine Stellung als Mädchen für alles, das von den Brosamen der Gunst des Meisters lebt. Bei diesem Metier vergrößerte er seit zwei Jahren mit Hilfe von Bestechungsgeldern und heimlich eingestrichenen bescheidenen Gewinnen seine ausgedehnten Ländereien im Calvados und spielte mit dem Gedanken, sich nach dem Zusammenbruch dorthin zurückzuziehen und dort zu thronen. Sein pfiffiges breites Bauerngesicht hatte sich verdüstert und verriet die Verwirrung, in die ihn diese Bitte um Vermittlung stürzte, ohne daß man ihm die Zeit gab, sich darüber klarzuwerden, ob er Nutzen oder Schaden davon hätte.
    »Nein, nein, ich kann nicht! Ich habe Ihnen den Willen Ihres Bruders übermittelt, ich kann ihm nicht noch einmal damit kommen. Zum Teufel, denken Sie doch auch einmal an mich. Er ist nicht gerade zart, wenn man ihn ärgert, und ich habe wahrhaftig keine Lust, für Sie zu bezahlen und meinen Kredit dabei zu verlieren.«
    Jetzt begriff Saccard und bemühte sich nur noch, ihn von den Millionen zu überzeugen, die es durch die Gründung der Banque Universelle zu verdienen gab. In großen Zügen schilderte er mit seiner glühenden Beredsamkeit, die eine Geldgeschichte in ein Märchen verwandelte, die prächtigen Unternehmungen, den sicheren und riesigen Erfolg. Daigremont sei begeistert und stelle sich an die Spitze des Konsortiums. Bohain und Sédille hätten schon darum gebeten, mitmachen zu dürfen. Es sei unmöglich, daß er, Huret, sich ausschließe: diese Herren wollten ihn unbedingt dabei haben wegen seiner hohen politischen Stellung. Ja, man hoffe sogar sehr, daß er Mitglied des Verwaltungsrates werde, weil sein Name für Ordnung und Rechtschaffenheit bürge.
    Bei diesem Versprechen, zum Mitglied des Verwaltungsrates ernannt zu werden, sah ihm der Abgeordnete scharf ins Gesicht.
    »Also was wünschen Sie von mir, welche Antwort soll ich Rougon entlocken?«
    »Mein Gott!« versetzte Saccard. »Ich selbst hätte liebend gern auf meinen Bruder verzichtet. Aber Daigremont verlangt, daß ich mich mit ihm aussöhne. Vielleicht hat er recht … Ich denke, Sie sollten mit dem fürchterlichen Mann einfach über unser Geschäft sprechen, damit er, wenn er uns schon nicht hilft, wenigstens nicht gegen uns ist.«
    Huret hielt die Augen halb geschlossen und konnte sich noch immer nicht entscheiden.
    »Das wärʼs! Wenn Sie ein nettes Wort bringen, bloß ein nettes Wort, verstehen Sie, so wird sich Daigremont damit zufriedengeben, und wir drei machen die Sache heute abend perfekt.«
    »Na schön, ich willʼs versuchen«, erklärte unvermittelt der Abgeordnete und heuchelte bäurische Treuherzigkeit, »aber es muß in Ihrem Namen geschehen, denn er ist schwierig, o ja! – vor allem wenn ihm die Linke zusetzt … Dann bis um fünf!«
    »Bis fünf!«
    Saccard blieb fast noch eine Stunde und war in großer Sorge wegen der umlaufenden Gerüchte über Auseinandersetzungen. Er hörte, wie einer der großen Redner der Opposition ankündigte, daß er das Wort ergreifen werde. Bei dieser Nachricht verspürte er für einen Augenblick Lust, Huret noch einmal aufzusuchen und ihn zu fragen, ob es nicht klüger sei, das Gespräch mit Rougon auf den nächsten Tag zu verschieben. Dann aber fürchtete er als Fatalist, der an die Wechselfälle des Glücks glaubt, alles zu verderben, wenn er änderte, was beschlossene Sache war. Vielleicht ließ sein Bruder in der Hitze des Gefechts das erwartete Wort leichter fallen. Und um den Dingen ihren Lauf zu lassen,

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