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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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gegen sie gezetert und immer wieder behauptet, das seien Spielhöllen und Räuberhöhlen! In Wahrheit hätten wir ohne die Aktiengesellschaften weder Eisenbahnen noch irgendeins der riesigen modernen Unternehmen, die die Welt erneuert haben; denn ein Einzelvermögen hätte nicht ausgereicht, sie zu einem guten Ende zu führen, und ebensowenig wäre ein einzelner oder auch eine Gruppe von einzelnen Leuten willens gewesen, die Risiken auf sich zu nehmen. Die Risiken, darin liegt alles, auch die Größe des Ziels. Es bedarf eines großen Vorhabens, dessen Umfang die Phantasie fesselt; es bedarf der Aussicht auf einen beträchtlichen Gewinn, auf einen Lotterietreffer, der das Einlagekapital verzehnfacht, falls man es nicht einbüßt. Dann entzünden sich die Leidenschaften, das Leben strömt herbei, jeder bringt sein Geld, und Sie können die Erde neu formen. Wo sehen Sie darin ein Übel? Die Risiken werden freiwillig in Kauf genommen; auf unendlich viele Menschen verteilt, sind sie je nach Vermögen und Kühnheit eines jeden ungleich und begrenzt. Man verliert, doch man gewinnt auch, man hofft auf eine Glückszahl, aber man muß auch immer damit rechnen, eine Niete zu ziehen, und die Menschheit kennt keinen hartnäckigeren, keinen glühenderen Traum, als das Glück zu versuchen, von seiner Laune alle Wünsche erfüllt zu bekommen, König zu sein, Gott zu sein!«
    Allmählich hörte Saccard auf zu lachen, reckte sich auf seinen kurzen Beinen hoch, redete sich in eine lyrische Begeisterung hinein und schleuderte seine Worte mit großen Gebärden in alle vier Himmelsrichtungen.
    »Schauen Sie, werden wir nicht mit unserer Banque Universelle einen unendlich weiten Horizont, ein großes Tor zur alten Welt Asiens auf tun, ein unbegrenztes Feld für die Hacke des Fortschritts und die Träume der Goldsucher erschließen? Sicherlich hat es nie einen hochfliegenderen Ehrgeiz gegeben, und nie sind – ich gestehe es – die Bedingungen für den Erfolg oder Mißerfolg so ungewiß gewesen. Aber damit sind wir ja beim eigentlichen Kern unseres Problems, und deshalb werden wir auch, davon bin ich überzeugt, beim Publikum außerordentliche Begeisterung auslösen, sobald wir einmal bekannt sind … Mein Gott, zunächst wird unsere Banque Universelle ein Haus im herkömmlichen Sinne sein, das die üblichen Bank-, Kredit- und Diskontgeschäfte betreibt, Einlagen durch Kontokorrentgeschäfte erhält, Anleihen aufnimmt, Wechselgeschäfte tätigt oder Darlehen vergibt. Nur will ich daraus vor allem ein Instrument, eine Maschine machen, die die großen Vorhaben Ihres Bruders fördern soll: das wird ihre eigentliche Aufgabe sein, dadurch werden ihre Profite anwachsen, wird ihre Macht nach und nach beherrschend werden. Mit einem Wort, sie wird gegründet, um mit ihrem Kredit Finanz- und Industrieunternehmungen zu stützen, die wir im Ausland aufbauen wollen, deren Aktien wir plazieren werden und die uns so ihre Existenz verdanken und uns zugleich die Herrschaft sichern … Und angesichts dieser blendenden Zukunft, die so viele Eroberungen verspricht, fragen Sie mich, ob es erlaubt sei, ein Konsortium zu bilden und die Mitglieder mit einer Prämie zu begünstigen, die man nur auf die Gründungskosten zu verbuchen braucht. Sie machen sich Sorgen wegen der unvermeidlichen kleinen Unregelmäßigkeiten, wegen der nicht gezeichneten Aktien, die die Gesellschaft unter dem Deckmantel eines Strohmannes besser für sich behält. Sie ziehen gegen das Börsenspiel zu Felde, gegen das Börsenspiel – Herr im Himmel! –, das die Seele des Ganzen ist, das Feuer, die Flamme dieses Riesenmechanismus, von dem ich träume … Lassen Sie sich gesagt sein, daß das alles noch gar nichts ist! Dieses armselige kleine Kapital von fünfundzwanzig Millionen ist einfach nur ein Reisigbündel, das zum Anheizen unter die Maschine geworfen wird, und ich hoffe sehr, es in dem Maße zu verdoppeln, zu vervierfachen, zu verfünffachen, wie sich unsere Geschäfte ausdehnen. Wir brauchen den Hagel der Goldstücke, den Tanz der Millionen, wenn wir dort unten die angekündigten Wunder vollbringen wollen. Ich kann freilich nicht für die Scherben einstehen, man krempelt die Welt nicht um, ohne ein paar Leuten auf die Füße zu treten.«
    Sie schaute ihn an, und bei ihrer Liebe zum Leben, zu allem, was stark und aktiv ist, fand sie ihn schließlich schön und in seiner Begeisterung und seinem Glauben verführerisch. Ohne seinen Theorien beizupflichten, die ihren geraden, klaren

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