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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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ergreifen, sie nach allen Seiten hin zu durchdenken und in dem Maße seinen Bedürfnissen anzupassen, daß er sie vollständig zu seiner eigenen machte, entwickelte er dann einen ganzen Plan: er wollte »LʼEspérance« kaufen, die erbitterten Polemiken dämpfen und die Zeitung seinem Bruder zu Füßen legen, der sich ihm dafür wohl oder übel würde erkenntlich zeigen müssen; aber sie sollte ihren katholischen Ruf bewahren und in seiner Hand eine Drohung bleiben, eine Maschine, die jederzeit bereit wäre, ihren schrecklichen Feldzug für die Sache der Religion wiederaufzunehmen. Und wenn man unfreundlich mit ihm umsprang, konnte er das Banner Roms schwenken und den großen Coup mit Jerusalem wagen. Das wäre am Ende ein hübscher Streich.
    »Hätten wir freie Hand?« fragte er unvermittelt.
    »Vollkommen freie Hand: sie haben die Nase voll, die Zeitung ist einem abgebrannten Kerl in die Hände gefallen, der sie uns für etwa zehntausend Francs abtreten würde. Wir können daraus machen, was uns gefällt.«
    Saccard überlegte noch eine Minute.
    »Na schön, abgemacht! Vereinbaren Sie eine Zusammenkunft, bringen Sie Ihren Mann her … Sie sollen Direktor werden, und ich will zusehen, daß wir in Ihren Händen unsere ganze Werbung zentralisieren können, die außergewöhnlich sein soll, riesengroß … oh! später, wenn wir etwas haben, um die Maschine tüchtig anzuheizen!«
    Er hatte sich erhoben. Jantrou stand ebenfalls auf und verbarg seine Freude über den gefundenen Broterwerb unter dem spöttischen Lachen eines Deklassierten, der des Pariser Schmutzes überdrüssig ist.
    »Endlich kann ich in mein Element zurückkehren, zu meiner geliebten Literatur!«
    »Stellen Sie jetzt noch niemand ein«, fuhr Saccard fort, als er ihn hinausbegleitete. »Aber weil ich gerade daran denke, merken Sie sich doch einen Schützling von mir, Paul Jordan, ein junger Mann, den ich für ein beachtliches Talent halte und aus dem Sie einen ausgezeichneten Literaturredakteur machen können. Ich schreibe ihm gleich, daß er Sie besuchen soll!«
    Als Jantrou durch die Nebentür hinausging, fiel ihm auf, wie vorteilhaft die zwei Ausgänge waren.
    »Sieh einer an, das ist bequem!« sagte er in seiner vertraulichen Art. »Man läßt die Leute verschwinden … Zum Beispiel wenn schöne Damen kommen, wie ich eben im Vorzimmer eine begrüßt habe, die Baronin Sandorff …«
    Saccard wußte noch nicht, daß sie da war, und mit einem Achselzucken wollte er seine Gleichgültigkeit zum Ausdruck bringen; aber der andere grinste und glaubte nicht recht an diese Teilnahmslosigkeit. Die beiden Männer tauschten einen kräftigen Händedruck.
    Als Saccard allein war, näherte er sich instinktiv dem Spiegel und brachte sein Haar in Ordnung, in dem noch kein weißes Fädchen schimmerte. Dennoch hatte er nicht gelogen, die Frauen kümmerten ihn kaum, seitdem ihn die Geschäfte wieder voll in Anspruch nahmen; er folgte nur der unwillkürlichen Galanterie, weil ein Mann in Frankreich mit einer Frau nicht allein sein kann, ohne befürchten zu müssen, als Dummkopf zu gelten, wenn er sie nicht erobert. Sobald er die Baronin hatte eintreten lassen, zeigte er sich sehr zuvorkommend.
    »Gnädige Frau, wollen Sie bitte Platz nehmen …«
    Noch nie hatte er sie so seltsam verführerisch gesehen mit ihren roten Lippen, den brennenden Augen, den blauen Lidern, die tief unter dichten Brauen lagen. Was konnte sie bloß von ihm wollen? Und er war überrascht, fast ernüchtert, als sie ihm den Grund ihres Besuches nannte.
    »Mein Gott, Herr Saccard, ich bitte Sie um Entschuldigung, daß ich Sie unnötigerweise störe; aber in unseren Kreisen muß man sich wohl solche kleinen Dienste erweisen … Sie hatten da letztlich einen Küchenchef, den mein Mann jetzt einstellen will. Ich möchte einfach nur Erkundigungen über ihn einziehen.«
    Nun ließ er sich ausfragen und antwortete mit der größten Gefälligkeit, ohne sie dabei aus den Augen zu lassen; er glaubte nämlich zu erraten, daß diese Geschichte nur ein Vorwand war: die Baronin scherte sich einen Dreck um den Küchenchef, sie kam offensichtlich wegen einer ganz anderen Sache. Und in der Tat nannte sie nach einigen Umschweifen schließlich einen gemeinsamen Freund, den Marquis de Bohain, der ihr von der Banque Universelle erzählt hatte. Es sei ja so schwierig, sein Geld anzulegen und sichere Papiere zu finden! Kurzum, er merkte, daß sie gern Aktien nehmen wollte, und zwar mit der den Konsortiumsmitgliedern

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