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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Schwierigkeiten auf, die Sache zog sich hin, fünf Monate vergingen, ohne daß man etwas abschließen konnte. Es war bereits Ende September, und Saccard hätte aus der Haut fahren mögen, weil er mit ansehen mußte, daß sich trotz seines Eifers ständig neue Hindernisse ergaben, eine ganze Reihe von zweitrangigen Fragen, die zunächst gelöst werden mußten, wollte man etwas Ernsthaftes und Solides begründen. In seiner wachsenden Ungeduld war er einen Augenblick nahe daran, das Konsortium zum Teufel zu schicken, denn ihn plagte und verführte der plötzliche Gedanke, das Geschäft ganz allein mit der Fürstin dʼOrviedo zu machen. Sie hatte die für den Start erforderlichen Millionen, warum sollte sie sie nicht in dieser prächtigen Unternehmung anlegen, bis bei künftigen Kapitalerhöhungen, die er schon plante, die kleinen Kunden kamen? Er war ehrlich überzeugt, ihr eine Anlage zu bieten, bei der sie ihr Vermögen, dieses Vermögen der Armen, verzehnfachen und dann in noch reichlicheren Almosen verteilen konnte.
    Also ging Saccard eines Morgens zur Fürstin hinauf; in seiner Doppelrolle als Freund und Geschäftsmann erklärte er ihr den Zweck und den Mechanismus der Bank, die er erträumte. Er sagte alles, zeigte ihr Hamelins Mappe und ließ nicht eine der Unternehmungen im Orient aus. Während er sich mit der ihm eigentümlichen Gabe an seiner Begeisterung berauschte und sich durch sein brennendes Verlangen nach Erfolg zum Glauben aufschwang, rückte er sogar mit dem verrückten Traum von der päpstlichen Herrschaft in Jerusalem heraus und sprach vom endgültigen Triumph des Katholizismus; an den heiligen Stätten thronend, werde der Papst die Welt beherrschen und dank der Gründung der Bank zum Heiligen Grab über ein königliches Budget verfügen. Bei ihrer inbrünstigen Frömmigkeit zeigte sich die Fürstin allein von diesem höchsten Vorhaben, dieser Krönung des Gebäudes, beeindruckt; seine überspannte Größe schmeichelte ihrer ausschweifenden Phantasie, die sie verleitete, ihre Millionen in guten Werken von einem kolossalen, sinnlosen Luxus zu verschleudern. Gerade zu der Zeit waren die Katholiken in Frankreich konsterniert und erzürnt über das Abkommen, das der Kaiser mit dem König von Italien geschlossen hatte65 und durch das er sich unter Ausbedingung gewisser Garantien verpflichtete, den französischen Truppenteil, der Rom besetzt hielt, zurückzuziehen; mit großer Sicherheit hieß das Rom an Italien ausliefern, man sah schon den Papst, vertrieben und auf Almosen angewiesen, mit dem Bettelstab durch die Städte irren; und nun so eine wunderbare Lösung – der Papst als oberster Priester und König in Jerusalem, dort eingesetzt und unterstützt von einer Bank, deren Aktionär zu sein den Christen der ganzen Welt zur Ehre gereichen mußte! Das war so schön, daß die Fürstin diesen Plan für den größten Gedanken des Jahrhunderts erklärte, würdig, jeden wohlgeborenen und religiösen Menschen zu begeistern. Der Erfolg schien ihr gesichert, er mußte wie ein Blitz einschlagen. Dadurch wuchs ihre Wertschätzung für den Ingenieur Hamelin, den sie mit Hochachtung behandelte, seit sie wußte, daß er streng gläubig war. Aber sie lehnte es rundweg ab, sich an dem Geschäft zu beteiligen; sie wollte dem Schwur treu bleiben, den sie geleistet, den Armen ihre Millionen zurückzugeben, ohne daraus je wieder einen Centime Zinsen zu schlagen; das aus dem Börsenspiel gewonnene Geld sollte verlorengehen und von der Armut aufgesogen werden wie vergiftetes Wasser, das verschwinden muß. Der Einwand, daß die Armen aus der Spekulation Nutzen ziehen könnten, rührte sie nicht, erzürnte sie sogar. Nein, nein! Die verfluchte Quelle sollte versiegen, sie hatte sich keinen anderen Auftrag erteilt.
    Saccard, der seine Pläne durchkreuzt sah, konnte ihr Wohlwollen für sie nur so weit ausnutzen, daß er von ihr eine Erlaubnis erlangte, um die er bislang vergeblich nachgesucht hatte. Er war auf den Einfall gekommen, die zu gründende Banque Universelle im Hause der Fürstin unterzubringen, oder es war vielmehr Frau Caroline gewesen, die ihn auf diesen Gedanken gebracht hatte, denn er wollte mehr und hätte sich sofort einen Palast gewünscht. Man würde einfach den Hof mit einem Glasdach versehen, damit er als Schalterhalle dienen konnte; das ganze Erdgeschoß, die Ställe und die Remisen sollten in Büros umgewandelt werden; im ersten Stockwerk wollte Saccard seinen Salon für den Verwaltungsrat, sein Eßzimmer

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