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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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vierhunderttausend Francs belief und die die Versammlung, seinem Vorschlag folgend, auf die Gründungskosten verbuchte. Diese Kleinigkeit mußte man schon springen lassen; und während die Masse der Kleinaktionäre wie eine trappelnde Herde sich verlief, blieben die Großen bis zuletzt und drückten sich noch auf dem Bürgersteig lächelnd die Hand.
    Schon am nächsten Tag trat der Verwaltungsrat im Palais dʼOrviedo in Saccards ehemaligem Salon zusammen, der in einen Sitzungssaal umgewandelt worden war. In der Mitte des Raumes stand ein großer, mit einem grünen Samttuch bedeckter Tisch, um ihn herum zwanzig mit dem gleichen Stoff bezogene Sessel; das übrige Mobiliar beschränkte sich auf zwei Bücherschränke mit kleinen, ebenfalls grünen Seidenvorhängen innen an den Scheiben. Die dunkelroten Wandbespannungen verdüsterten das Zimmer, dessen drei Fenster auf den Garten des Palais Beauvilliers gingen. Von dort kam nur ein Dämmerlicht herein, gleichsam der Friede eines alten Klosters, das unter dem grünen Schatten seiner Bäume schlummert. Alles wirkte streng und vornehm, altehrwürdige Wohlanständigkeit umfing den Eintretenden.
    Der Verwaltungsrat versammelte sich, um seinen Vorstand zu benennen, und war, als es vier Uhr schlug, fast sofort vollzählig beisammen. Der Marquis de Bohain verkörperte mit seinem stattlichen Wuchs und seinem blassen, kleinen aristokratischen Kopf das alte Frankreich, während der leutselige Daigremont mit seinen glänzenden Erfolgen die reichen Emporkömmlinge des Kaiserreiches repräsentierte. Sédille, weniger von Angst gepeinigt als sonst, plauderte mit Kolb über eine unvorhergesehene Entwicklung auf dem Wiener Markt; und um sie herum lauschten die übrigen Administratoren, der große Haufe, und versuchten einen Börsentip aufzuschnappen oder unterhielten sich über ihre persönlichen Belange, denn sie waren nur dazu da, die Zahl voll zu machen und an den Beutetagen ihr Teil einzuheimsen. Ganz außer Atem kam Huret wie immer zu spät, in letzter Minute war er aus einer Ausschußsitzung in der Kammer entwischt. Er entschuldigte sich, und man nahm um den Tisch herum in den Sesseln Platz.
    Der Alterspräsident, der Marquis de Bohain, hatte auf dem Präsidentenstuhl Platz genommen, der höher und reicher vergoldet war als die anderen Sessel. Saccard als Direktor saß ihm gegenüber. Und als der Marquis erklärte, man wolle nun zur Wahl des Präsidenten kommen, erhob sich Hamelin sofort, um jegliche Kandidatur abzulehnen. Er glaube zu wissen, daß mehrere der anwesenden Herren daran gedacht hätten, ihn zum Präsidenten zu machen; er gebe jedoch zu bedenken, daß er schon am nächsten Tag in den Orient abreisen müsse und daß er außerdem in Fragen der Rechnungsführung, des Bank- und Börsenwesens völlig unbewandert sei; mit einem Wort, er könne die Last dieser Verantwortung nicht übernehmen. Saccard hörte seine Worte mit großem Erstaunen, denn noch am Abend zuvor galt die Sache als abgemacht, und er erriet den Einfluß von Frau Caroline auf ihren Bruder, mit dem sie, wie Saccard wußte, am Morgen ein langes Gespräch geführt hatte. Weil er aber unbedingt Hamelin zum Präsidenten machen wollte und nicht irgendeinen Unabhängigen, der ihm vielleicht ins Gehege kommen würde, erlaubte er sich zu intervenieren und erklärte, dieses Amt sei vor allem ein Ehrenamt und es genüge, wenn der Präsident bei den Generalversammlungen anwesend sei, um die Vorschläge des Verwaltungsrates zu unterstützen und die üblichen Reden zu halten. Im übrigen werde man ja einen Vizepräsidenten wählen, der die Unterschriften zu leisten habe. Und was den Rest betreffe, den rein technischen Teil, die Rechnungsführung, die Börse, die tausenderlei internen Dinge eines großen Kreditinstituts, sei er ja schließlich da, er, Saccard, der Direktor, den man gerade zu diesem Zweck ernannt hatte. Nach den Statuten müsse er die Arbeit der Abteilungen leiten, die Einnahmen und die Ausgaben regeln, die laufenden Geschäfte erledigen, die Beschlüsse des Verwaltungsrates durchsetzen, mit einem Wort: er sei die Exekutive. Diese Gründe schienen einleuchtend. Trotzdem sträubte sich Hamelin hartnäckig noch eine Zeitlang. Daigremont und Huret selber mußten ihn sehr eindringlich bitten. Hoheitsvoll stellte der Marquis de Bohain sein Desinteresse zur Schau. Schließlich gab der Ingenieur nach und wurde zum Präsidenten ernannt; zum Vizepräsidenten wählte man einen unbekannten Landwirt und ehemaligen

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