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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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hat es eilig, Nathalie auch …«
    Das junge Mädchen, das mit seinem klaren, so kühlen und entschlossenen Blick lächelnd zuhörte, nickte plötzlich zustimmend.
    »Natürlich … Mir macht das auch keinen Spaß, ich will damit zu einem Ende kommen, so oder so.«
     Erneut fiel ihnen Saccard ins Wort. Sein Urteil stand fest: der Mann war beschränkt, aber sehr redlich, sehr gutwillig und an militärische Disziplin gewöhnt. Im übrigen genügte es, daß Frau Caroline ihn empfohlen hatte.
    »In Ordnung, lieber Freund … Ich werde bald eine Zeitung haben und nehme Sie als Bürodiener … Lassen Sie mir Ihre Adresse da, und auf Wiedersehen.«
    Dejoie indessen ging keineswegs. Er fuhr verlegen fort:
    »Sie sind sehr freundlich, Herr Saccard, ich nehme die Stellung dankbar an, weil ich ja arbeiten muß, wenn ich Nathalie unter die Haube gebracht habe … Aber ich war wegen einer anderen Sache gekommen. Ja, ich habe von Frau Caroline und noch anderen Leuten erfahren, daß Sie sich mit großen Geschäften befassen wollen und daß Sie die Möglichkeit haben, Ihren Freunden und Bekannten Gewinne zu verschaffen, ganz nach Ihrem Belieben … Nun, wenn Sie sich wohl für uns interessieren wollten, wenn Sie einwilligten, uns von Ihren Aktien zu geben …«
    Saccard war ein zweites Mal gerührt, mehr noch als vorhin beim erstenmal, als ihm die Gräfin die Mitgift ihrer Tochter anvertraute. Dieser einfache Mann, dieser ganz kleine Kapitalist mit den Sou für Sou zusammengekratzten Ersparnissen, war das nicht die gläubige, vertrauensselige Menge, die große Menge, die die zahlreiche treue Kundschaft ausmacht, die fanatisierte Armee, die ein Kreditinstitut mit einer unbezwinglichen Kraft bewaffnet? Wenn dieser brave Mann schon herbeieilte, bevor noch jemand die Werbetrommel gerührt hatte, was sollte das erst werden, wenn die Schalter geöffnet waren? Voll Rührung zeigte er sich diesem ersten Kleinaktionär gewogen, er sah in ihm das Vorzeichen für einen großen Erfolg.
    »Einverstanden, lieber Freund, Sie sollen Ihre Aktien bekommen.«
    Dejoies Gesicht strahlte wie bei der Verkündigung einer unverhofften Gnade.
    »Sie sind zu liebenswürdig, Herr Saccard … In sechs Monaten, nicht wahr, kann ich doch mit meinen viertausend Francs zweitausend dazugewinnen, um die Summe voll zu machen … Und wenn Sie einverstanden sind, will ich lieber alles gleich erledigen. Ich habe das Geld mitgebracht.«
    Er suchte in seinen Taschen herum, zog einen Umschlag heraus und reichte ihn Saccard, der reglos dastand und keine Worte fand, vor Bewunderung wie verzaubert. Und der schreckliche Freibeuter, der schon so viele Vermögen abgesahnt hatte, brach schließlich in ein gutmütiges Lachen aus, ehrlich entschlossen, auch diesen Mann des Glaubens zu bereichern.
    »Aber mein Bester, so macht man das doch nicht … Behalten Sie Ihr Geld, ich werde Sie eintragen, und Sie werden zur rechten Zeit und am rechten Ort einzahlen.«
    Diesmal verabschiedete er die beiden, nachdem ihm Dejoie durch Nathalie hatte danken lassen, in deren kalten, unschuldigen schönen Augen ein zufriedenes Lächeln aufblitzte.
    Als Maxime endlich wieder mit seinem Vater allein war, sagte er mit seiner unverschämten spöttischen Miene:
    »Jetzt versorgst du also die jungen Mädchen mit einer Mitgift?«
    »Warum nicht?« antwortete Saccard vergnügt. »Das Glück der anderen ist eine gute Kapitalanlage.«
    Er ordnete noch einige Papiere und wollte sein Arbeitszimmer schon verlassen, als er unvermittelt fragte:
    »Und du, willst du keine Aktien?«
    Maxime, der mit kleinen Schritten auf und ab ging, fuhr mit einem Ruck herum und pflanzte sich vor ihm auf.
    »Nein, danke! Hältst du mich für so blöd?«
    Saccard machte eine zornige Bewegung, er fand die Antwort beklagenswert respektlos und wenig geistvoll und wollte ihm beinahe ins Gesicht schreien, daß das wirklich ein großartiges Geschäft sei, daß Maxime ihn wahrhaftig für zu dumm halte, wenn er glaube, sein Vater sei ein einfacher Dieb wie die anderen. Doch als er ihn ansah, überkam ihn Mitleid mit seinem armen Sohn, der mit fünfundzwanzig Jahren schon verbraucht war, solide, sogar geizig geworden, durch seine Laster so gealtert, so besorgt um seine Gesundheit, daß er sich weder eine Ausgabe noch eine Freude zu gönnen wagte, ohne vorher den Vorteil erwogen zu haben. Richtig getröstet und ganz stolz auf die leidenschaftliche Kühnheit seiner fünfzig Jahre, begann er zu lachen und klopfte Maxime auf die

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