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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Energie verzehnfacht sich, und es gibt ein solches Gedränge, daß die Leute, die einzig und allein um ihres Vergnügens willen schwitzen, manchmal auch Kinder dabei zeugen, ich will sagen, lebendige, große und schöne Dinge vollbringen … Ach freilich! Es gibt viele unnütze Gemeinheiten, aber ohne sie wäre es um die Welt bestimmt geschehen.«
    Auch Frau Caroline lachte jetzt, denn sie war keineswegs prüde.
    »Sie meinen also«, sagte sie, »man muß sich darein fügen, weil das nun einmal in der Natur der Sache liegt … Sie haben ja recht, das Leben kennt keine Moral.«
    Und bei dem Gedanken, daß jeder Schritt nach vorn durch Blut und Schmutz getan wurde, war eine richtige Kampfeslust über sie gekommen. Man mußte eben wollen! Sie hatte den Blick nicht von den Plänen und Zeichnungen an den Wänden gelassen, und vor ihren Augen erstand die Zukunft, neue Häfen, Kanäle, Straßen, Eisenbahnen, Fluren mit riesigen Bauernhöfen, die wie Fabriken mit Gerätschaften versehen waren, neue, gesunde, aufblühende Städte, in denen man sehr alt wurde und sehr weise lebte.
    »Schon gut«, versetzte sie heiter, »ich muß wohl nachgeben, wie immer … Versuchen wir, ein wenig Gutes zu tun, damit uns verziehen werde.«
    Ihr Bruder, der bisher geschwiegen hatte, trat auf sie zu und umarmte sie. Sie drohte ihm mit dem Finger.
    »Oh, du bist mir schon ein Schmeichler. Ich kenne dich … Morgen, wenn du uns verlassen hast, wirst du dich kaum darum kümmern, zu erfahren, was hier vorgeht; und sobald du dich dort unten in deine Arbeit vertieft hast, ist alles gut, und du träumst vom Triumph, während uns vielleicht das Unternehmen unter den Füßen zusammenkracht.«
    »Aber es ist doch abgemacht«, rief Saccard scherzhaft, »daß er Sie bei mir läßt, als Gendarm, der mich am Kragen nimmt, wenn ich mich schlecht aufführe!«
    Alle drei brachen in Lachen aus.
    »Und Sie können sicher sein, ich werde Sie am Kragen nehmen! Denken Sie daran, was Sie uns versprochen haben, erst uns und dann so vielen anderen, meinem braven Dejoie zum Beispiel, den ich Ihnen sehr ans Herz lege … Ach, und auch unseren Nachbarinnen, den armen Damen Beauvilliers; ich habe gesehen, wie sie heute ihre Köchin beim Waschen von ein paar Kleidungsstücken beaufsichtigten, zweifellos um die Rechnung für die Wäscherin klein zu halten.«
    Einen Augenblick plauderten sie noch alle drei sehr freundschaftlich, und Hamelins Abreise wurde endgültig festgelegt.
    Als Saccard wieder in sein Arbeitszimmer hinunterging, meldete ihm der Kammerdiener, daß eine Frau hartnäckig noch auf ihn warte, obwohl er ihr geantwortet habe, daß eine Sitzung stattfinde und Herr Saccard sie ganz sicher nicht empfangen könne. Müde, wie er war, brauste er zuerst auf und gab Anweisung, die Frau wegzuschicken; doch der Gedanke, daß er es dem Erfolg schuldig war, und die Angst, das Glück zu verscheuchen, wenn er seine Tür verschlossen hielt, stimmten ihn um. Die Flut der Bittsteller wurde von Tag zu Tag größer, und diese Menge machte ihn trunken.
    Im Arbeitszimmer brannte nur eine einzige Lampe, so daß er die Besucherin nicht deutlich sehen konnte.
    »Herr Busch schickt mich, Monsieur …«
    Vor Zorn blieb er stehen und hieß sie nicht einmal, Platz zu nehmen. An dieser dünnen Stimme in diesem unförmigen Körper hatte er Frau Méchain erkannt. Eine hübsche Aktionärin, die die Aktien gleich pfundweise kaufte!
    Sie erklärte in aller Ruhe, Busch habe sie geschickt, um Auskünfte über die Emission der Banque Universelle einzuholen. Waren noch Aktien verfügbar? Durfte man hoffen, in den Genuß der Prämie zu gelangen, die den Konsortiumsmitgliedern gewährt wurde? Aber das war sicher nur ein Vorwand, sich Einlaß zu verschaffen, sich das Haus anzusehen, auszuspionieren, was sich dort tat, und ihm selber auf den Zahn zu fühlen; denn ihre kleinen Augen, die wie mit dem Bohrer in das Fett ihres Gesichts eingelassen schienen, stöberten überall herum und richteten sich dann immer wieder auf Saccard, um ihn bis auf den Grund zu erforschen. Nachdem Busch sich lange geduldet und die famose Sache mit dem ausgesetzten Kind hatte reifen lassen, war er jetzt entschlossen zu handeln und schickte sie als Aufklärer.
    »Es gibt nichts mehr«, antwortete Saccard grob.
    Sie spürte, daß sie mehr nicht in Erfahrung bringen konnte und daß jeder weitere Versuch unklug wäre. Daher tat sie an diesem Tag, ohne ihm Zeit zu lassen, sie hinauszudrängen, von selber einen Schritt zur

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