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Das Gelobte Land

Das Gelobte Land

Titel: Das Gelobte Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Einar Kárason
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dünn, unter der Haut sah man jede kleinste Unregelmäßigkeit der Schädelknochen, und mit einem Oberlippenbart wie Clark Gable. Seine Augen wanderten in alle Richtungen, sahen aber niemals denjenigen direkt an, mit dem er gerade sprach. Er war sehr zustimmend. Er begann schon, mit dem Kopf zu nicken und yeah yeah zu sagen, bevor man ihm überhaupt den Namen, geschweige denn irgendetwas mehr gesagt hatte. Und so ging es immer weiter, er nickte mit dem Kopf und stimmte allem zu, das gesagt wurde, auf isländisch wie auf Englisch, und auch wenn niemand etwas sagte, deshalb wurde die Stille nie ungemütlich, weil er die ganze Zeit weiter zustimmte; vielleicht hatte er sich mal mit Tollwut angesteckt, das war einfach nicht mehr normal. Rodney der Schweinehirt. Sie zeigten uns das Haus, zwei Schlafzimmer, Wohnzimmer und Küche, und da hatte ich auf einmal das Gefühl, dass Daisy und Rod davon ausgingen, dass wir drei diesen ganzen langen Weg aus fernen Ländern und hinaus in die abgelegensten Dörfer des amerikanischen Flachlandes mit Sicherheit nur zurückgelegt hätten, um zu ihnen zu Besuch zu kommen. Zu Leuten, von denen ich nicht einmal wusste, ob wir jemals zuvor von ihnen gehört hatten. Wir waren in den Augen des Schweinehirten wie die europäischen Freunde der Familie, ganz besondere Leute. Bóbó hatte sich an den Küchentisch gesetzt und angefangen, eine Zeitung mit raschen Handbewegungen durchzublättern, aber Manni war nur daran interessiert, Onkel Baddi zu treffen, hatte die Schaukeln
und die Wippe, die sein Werk waren, gründlichst untersucht; aus einem Katalog bestellt, hatte ich den Eindruck, aber er betrachtete diese Dinge mit der gleichen Andacht wie ein Pilger, der das Leichentuch von Turin zu sehen bekommt.
    Oma war kaum ins Haus gekommen, da hatte sie schon angefangen abzuwaschen, dann staubte sie alles im Wohnzimmer ab, und ehe man sichs versah, hatte sie es auch noch geschafft, überall im Haus gründlich staubzusaugen in dieser Viertelstunde, die sie blieb, aber trotzdem verlor sie nicht einmal den Faden in ihrer pausenlosen Rede, und immer wippte eine Zigarette zwischen ihren Lippen. Von dem Haus war nichts Besonderes zu berichten, aber in dem einen Schlafzimmer gab es ein großes Wunder, nämlich das Bett des Ehepaares: ein Wasserbett. Ich schien von uns drei Besuchern der höflichste und wohlerzogenste zu sein, und daher sparte ich nicht mit Lob für diesen neuen Schatz des Hauses, als ich sah und fühlte, wie sehr das Paar mein Lob genoss; das war vielleicht das Großartigste, das sie in dieser Welt erreicht hatten. Ich legte mich zur Probe darauf, hörte das Gluckern und fand, dass nur seefeste Leute sich auf dieser Fläche wohl fühlen konnten. Aber egal, ich sprach darüber wie über ein neugeborenes Kind. Übrigens, das Kind, sagte Daisy nicht, dass sie ein Kind hatte? Und wo war es jetzt? Ich unterließ es, danach zu fragen, es schien nicht zu Hause zu sein, und man wusste ja nie. Dafür gab es einen kleinen Köter, der unter Jammern und Winseln auf dem Boden herumkroch. – Das ist ein Welpe, sagte Oma, – und der hat dauernd Dünnpfiff! – Armer kleiner Wauwau, sagte ich, glücklich zu hören, dass es nur ein Welpe war, und wollte das arme Vieh streicheln, aber es lief mit einem Klagelaut vor mir weg.
    Rodney, der Schweinehirt, bot in der Küche Bierdosen an, und Bóbó, nie lahm, bei Angeboten zuzugreifen, hatte schon gleich die zweite Dose zur Hälfte geleert, und der unruhige
Zug verlor sich auf seinem Gesicht, der Funke in seinen Augen entzündete sich aufs neue. Daisy wollte Oma für die Nacht zu ihrem Mobilhome bringen, und Manni schlug sofort vor, dass wir zwei ja schnell mitfahren könnten, einfach so zur Begleitung. Ich wusste, dass er es kaum erwarten konnte, Baddi zu treffen, und stimmte gleich zu. Bóbó zuckte desinteressiert die Schultern, als wir fuhren, und blieb bei dem Schweinehirten und dem Bier aus seinem Kühlschrank zurück.

Darf ich reinkommen?
    Bóbó war noch schulpflichtig, als er von zu Hause floh und vor seiner Mutter und ihrer Sippschaft. Direkt zu seinem guten, seligen Zufluchtsort: nach Hause zu Oma und Opa in der Neuen Hütte.
    Aber manchmal kam ihm die Mutter nach, und das waren fast schlimmere Attacken, als wenn Onkel Baddi während seiner grauenvollen Saufanfälle zu ihnen kam. Es konnte nichts Schlimmeres im Leben geschehen, als dass Dollí, verheult und vergrämt, auf einmal abends vor der Tür stand, am besten, wenn es regnete, eindringlich

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