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Das Geloebnis

Titel: Das Geloebnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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Mayli entsann sich plötzlich des kleinen Hundes, und sie rannte zurück, um ihn zu holen, und so mußten die beiden sogar in diesem Augenblick streiten. Denn als Sheng sah, daß sie den Hund im Arm trug, beschimpfte er sie wegen ihrer Torheit, entwand ihr das Tier und warf es zu Boden. Dann stieß er sie zum Tor hinaus und hielt sie so fest an seiner Seite, daß sie sich trotz heftigen Widerstands nicht frei zu machen vermochte.
    »Oh, du Tochter einer verfluchten Mutter!« rief er mit erregter Stimme. »Wenn deine zwei Füße schneller laufen müssen als eines Tieres vier Füße, dann hältst du um eines Hundes willen an – um eines wertlosen Hundes willen, der sein Fressen nicht verdient …«
    Aber sie bog und wand sich, um sich von ihm frei zu machen, und je mehr sie sich bog und wand, um so fester hielt er sie, und die ganze Zeit trieb er sie die Straßen hinunter zum Südtor. Einige Leute wunderten sich sogar trotz ihrer Eile über den großen Mann, der das sich wehrende Mädchen vorwärts zwang. Hinter ihnen rief und keuchte Liu Ma, aber Sheng blieb nicht stehen, um sie anzuhören.
    »Ihre Füße sind nicht eingebunden«, murmelte er. »Sie soll sie nur benutzen.« Einmal schrie ein alter Mann hinter ihm her: »Geht Ihr zu einer solchen Stunde gegen eine Frau mit Gewalt vor, Soldat? Laßt sie in Ruhe, oder Ihr werdet getötet und kommt in die Hölle …«
    Er glaubte nichts anderes, als daß Sheng eine junge Frau gegen ihren Willen aufgegriffen habe, wie die Soldaten es manchmal taten, und daß Liu Ma des Mädchens Mutter sei, die ihn verzweifelt abzuhalten suchte. Aber Sheng rief dem Alten nur »Du Schildkröte!« zu und hastete weiter. Und schließlich gab Mayli ihren Widerstand auf und ging ruhig mit; jetzt lockerte er seinen Griff, doch hielt er noch immer ihre Hand fest.
    Inzwischen hörten sie das Brummen der Flugzeuge, das näher und näher kam, und noch hatten sie das Stadttor nicht erreicht. Aber sie konnten sich ungehindert bewegen, denn die Straßen waren leer. Die Leute hatten sich in ihren Häusern versteckt, um auf das zu harren, was vom Himmel herabkommen mochte. Doch das Tor lag vor ihnen, und im Nu waren sie in den kühlen Schatten der zehn Meter dicken Stadtmauern gelangt, die sich über der Straße wölbten, und am Ende dieses langen Bogengangs befand sich das Tor.
    In dem Augenblick, da sie in den Schatten tauchten, bemerkte Sheng, daß das Stadttor geschlossen war. Oftmals war er unter dieser Stadtmauer dahingeschritten, um sich ins offene Land hinauszubegeben, denn das Leben in den einschließenden Mauern war ihm nicht vertraut. Beim Betreten des Bogengangs, wo der Kies der Straße fortwährend naß war, weil die Sonne nie hierhin gelangte, bedeutete es ihm immer eine Freude, jenseits des offenen Tores die sonnenglänzende Landschaft zu sehen. Jetzt war dort nur Dunkelheit, und in diese Dunkelheit traten sie ein. Im Bogengang wimmelte es von Menschen, die hier Schutz gesucht hatten, Leute, die kein Heim besaßen, Reisende, die sich zufällig in der Stadt befanden, und Bettler.
    Im kühlen Dämmer unter der Mauer gewahrten Sheng und Mayli diese Menschen, die zusammengeschart waren und sich aneinanderpreßten. In einer solchen Stunde hielt sich keiner vom andern fern, auch wenn es ein zerlumpter Bettler war. Nur ein Bettler, dessen Wangen vom Aussatz zerfressen waren, stellte sich von selbst so abseits wie möglich. Aber ganz gelang ihm das doch nicht, und da er zufällig als letzter hereingekommen war, befand er sich zunächst dem Eingang, als Sheng und Mayli anlangten. Und bevor Mayli einen Gedanken faßte, schrie sie beim Anblick des verstümmelten Mannes auf.
    »Oh, Sheng, sieh nur den Mann dort – er hat Aussatz!« Damit wandte sie sich, um wieder hinauszulaufen.
    Inzwischen aber waren die fliegenden Boote über den Nordwesten der Stadt gelangt, und schon hatte der schwere Donner der Bomben begonnen. Sheng streckte die Arme aus und hielt Mayli fest, und doch wurde auch er von seinem Entsetzen vor dem Aussatz und seiner Furcht vor den Bomben zerrissen.
    »Warte!« rief er und stellte sich zwischen Mayli und den Aussätzigen, wobei er jedoch sorgfältig darauf bedacht war, den Mann nicht zu berühren.
    Jetzt erhoben sich Stimmen gegen den Aussätzigen; man rief, er hätte sich nicht zu den andern Menschen gesellen dürfen, und immer mehr Stimmen klagten ihn an.
    »Hat es einen Wert, daß dein Leben gerettet wird, du fauliger Knochen?«
    »Sollen wir den Teufeln da draußen

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