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Das Geloebnis

Titel: Das Geloebnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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entrinnen, nur um hier einem andern in die Arme zu laufen?«
    Solche Worte wurden gerufen; vor allem die Mütter, die ihre Kinder bei sich hatten, waren scharf in ihrem Zorn. Liu Mas Stimme aber war die lauteste von allen.
    »Bleib weg von uns, Schildkrötenei!« schrie sie den Aussätzigen an. Sie verfluchte den Aussätzigen, seine Mutter und seine Ahnen.
    Zu alledem sagte der Aussätzige kein Wort. Seine lidlosen Augen blinzelten bald den einen, bald den andern an. Etliche erklärten schon, sie wollten wegen des Aussätzigen wieder hinausgehen, obwohl die Bomben nun ringsum niederdonnerten. Inmitten des Trubels tauchte vom hinteren Ende des Torwegs ein buddhistischer Priester auf. Er trug sein graues Priestergewand, und in der Hand hielt er seine Bettlerschale; er war noch ein junger Mann, erst seit kurzem Priester, denn die neun heiligen Narben auf seinem Schädel waren rot und frisch.
    Was den Aussätzigen betrifft, so fühlte er sich zwar nichtswürdig und unrein, doch hing er am Leben, weil er nichts anderes hatte, und er machte keine Bewegung, um sich zu den Bomben hinauszubegeben. Jetzt war der Lärm draußen so laut, daß niemand mehr eine Stimme hören konnte. So drückte der Priester den Aussätzigen nur an die Wand und stellte sich selbst zwischen ihn und die andern. Alle standen mit gebeugtem Haupt da, während der schreckliche Regen vom Himmel niederkam.
    Die Luft in dem Torweg wurde dick von Staub, und ein paarmal erbebte die alte Mauer ringsum. Tausend Jahre vor diesem Tag war die Mauer erbaut worden, und wer von jenen, deren Hände sie errichtet, hätte sich einen solchen Feind vorstellen können? Doch weil sie die Grundsteine so tief und gut gelegt hatten, blieb die alte Mauer stehen, und dank der Gnade des Himmels fiel keine Bombe darauf, obwohl die Mauer sich um die Hügel herum durch die ganze Stadt wand. So fielen die Steine nicht auf die Köpfe der Menschen, die darunter Schutz gesucht hatten und stumm unter dem Regen dastanden.
    Dann war alles vorbei. Der Feind flog fort, und Sheng trat hinaus, um die Flugzeuge davonfliegen zu sehen. Er hatte sie beim Kommen erblickt; als hätte eines Malers Pinsel fliegende Wildgänse gezeichnet, so hatten sie sich deutlich vom Himmel abgehoben. Um den Fortzug zu sehen, kletterte er rasch auf die Mauer. Sie flogen ebenso regelmäßig ausgerichtet und anmutig heim, wie sie gekommen waren. Sheng fühlte eine solche Bitterkeit in seinem Herzen, daß er sie nicht zu verwinden vermochte. Nicht einmal die vollkommene Linie dieser Himmelsschiffe hatte man zerstören können. Sie waren gekommen, hatten ihr teuflisches Werk getan und waren gegangen, ohne auch nur ihre Form einzubüßen.
    Während er hinaufschaute, erinnerte er sich an Maylis Worte – daß die Maschinen und Fabriken im Land Mei täglich Dutzende solcher Schiffe herstellen konnten, und doch schickten die Menschen dort keine hundert übers Meer, um den neuen Feind zu schlagen. Der Ertrag eines Tages an Flugzeugen würde genügen! Und während Sheng beobachtend auf der Stadtmauer stand, dachte er daran, wie erdgebunden er selbst und alle seine Leute waren, und er sehnte sich danach, ebenfalls fliegen zu können, so daß es ihm möglich wäre, den Feind zu verfolgen. Aber nein, er war an die Erde gebunden. Auf seinen Füßen mußte er, seinen Leuten voraus, mühsam tausendfünfhundert Kilometer marschieren, um sich am Kampf zu beteiligen, während hier, wo die Geliebte lebte, der Feind auf Flügeln daherkam und tat, was er wollte.
    Er beugte sich über den grasbewachsenen Rand der Innenseite der Mauer und rief Mayli zu, daß sie heraufklettern solle. Alle Leute kehrten jetzt in die Stadt zurück, wo ihr Heim war, und die Reisenden zogen weiter ihres Weges, denn das Tor stand offen. Nur der Aussätzige saß neben dem Tor; er hatte kein Heim. Der Priester schritt außerhalb des Tores seinem Tempel in den Bergen zu; er war an diesem Tag nur in die Stadt gekommen, um zu betteln. Aber vorher hatte er einige Münzen aus der Bluse seines grauen Gewandes genommen und sie in die Hand des Aussätzigen fallen lassen.
    Mayli kletterte die Mauer hinauf. Als sie sich neben Sheng befand, sah er Pein in ihren Augen.
    »Ich muß heimgehen und mich waschen«, sagte sie. »Ich werde mich erst rein fühlen, wenn ich mich gewaschen habe.«
    Er wunderte sich, daß sie ein solches Aufhebens von dem Aussätzigen machte, und er sprach es auch aus. »Du hast den Mann nicht berührt, und er kann dir bloß Schaden tun, wenn er mit

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