Das Geloebnis
und wenn ein Heer wie dieses durch sein Dorf gekommen wäre, hätte er sich gewiß ebenfalls angeschlossen. Er gliederte diese jungen Männer bei den Trägern ein, da sie keine ausgebildeten Soldaten waren. So stiegen sie von den höchsten Bergen nieder, und so näherten sie sich der Grenze von Burma.
Sheng hatte von nichts anderem geträumt als davon, nach Burma zu kommen und geradewegs zum Schlachtfeld zu marschieren. Oft hatten seine Leute ihn gefragt: »Was ist Euer Plan, wenn wir die Grenze erreichen?« Und stets hatte er geantwortet: »Wir werden es erfahren, sowie wir die Grenze erreicht haben. Der ausländische Kommandant, dem wir unterstellt werden, wird es uns dort mitteilen. Sicher aber wird es keinen Aufschub geben, denn die Gegner haben Thailand {*} überredet, und sie sind schon im Süden. Seid versichert, daß der Mann von Mei uns wissen lassen wird, was wir tun sollen.«
Denn so groß war das Vertrauen des Allerhöchsten in seine Verbündeten, daß er seine besten Truppen der Führerschaft eines Ausländers übereignet hatte. Wer kannte diesen Mann nicht? Ein jeglicher von Shengs Leuten kannte seinen Namen, und obwohl niemand ihn gesehen hatte, fragten sie oft nach ihm, aber Sheng hatte ihn noch nie zu Gesicht bekommen.
Der General hatte nur gesagt: »Wir werden unter einem Mann des Landes Mei dienen.« Dies sprach der General am letzten Tag, an jenem Tag, da Sheng Mayli in ihrem langen Cape durchs Haus des Generals huschen sah. Geist und Gefühle hatten sich bei ihm völlig verwirrt, doch gleichwohl hörte er die Worte des Generals deutlich genug, um zu fragen: »Warum hat der Präsident uns einem ausländischen Führer unterstellt?«
»In diesem Krieg gibt es Dinge, die nicht zu verstehen sind«, erwiderte der General. »Erklärt es Euch so: Die Männer von Ying werden mit ihm leichter Umgang pflegen als mit uns.« Seine Lippen verzogen sich in Bitterkeit. »Die Ying-Männer reden nur eine Sprache, und das ist ihre eigene«, fügte er hinzu.
Die jungen Offiziere, die an jenem Tag mit Sheng vor dem General standen, hatten darauf nicht geantwortet. Jeder dachte, es sei wirklich sonderbar, daß sie sich von einem Ausländer anführen lassen mußten; aber wenn der Präsident es so entschieden hatte, was konnte man da tun? Sie konnten nur einwilligen.
»Ist dieser weiße Mann guten Herzens?« fragte Sheng nach einer Weile.
»Ich habe ihn zweimal gesehen und mit ihm gesprochen«, versetzte der General, »und es scheint mir, daß sein Herz gut ist. Er ist groß und dünn, nicht mehr jung, und er gebärdet sich mit Vernunft. Er erhebt sich weder über seine Leute noch über uns. Die ihn kennen, sagen, daß er an der Front mitkämpft. Er ist nicht wie die Männer von Ying, die erwarten, daß sogar ein Sterbender vor seinem Offizier strammsteht, wie das Gerede geht.«
»Und wie sollen wir diesen Ausländer verstehen, wenn er spricht?« erkundigte sich ein anderer Offizier.
»Er spricht unsere Sprache«, gab der General Bescheid. Dann lehnte er sich über seinen Schreibtisch, blickte alle der Reihe nach durchbohrend an und sagte: »Hört mich an. Es ist mein Glaube, daß wir diesem einen folgen und vertrauen können. Aber er ist nicht der oberste Befehlshaber. Sie haben noch einen über ihn gesetzt, diese Inselbewohner. Er ist unser Befehlshaber, doch ihm wird befohlen.«
Sie gaben seinen Blick zurück und versuchten, die Bedeutung dieser Warnung einzuordnen, und sie warteten ab, ob er wohl noch mehr sagen würde. Er schlug jedoch mit der Hand auf den Schreibtisch. »Ich habe Euch auf alles vorbereitet«, schloß er, »und Ihr habt Eure Befehle.«
Darauf hatten sie den Raum verlassen, und Sheng hatte den General nicht mehr wiedergesehen.
Sheng war nun außerordentlich gespannt darauf, zu erfahren, wie der Krieg in Burma stand. Während des vieltägigen Marsches war er von allen Nachrichten abgeschnitten gewesen. Wo befand sich der Feind jetzt? Hatten sich die Weißen gehalten? Wenn sie Rangun halten konnten, so wäre alles gut, denn wenn die Weißen diese Stadt, die Zugang zum Bengalischen Golf hatte, hielten, konnten die Chinesen die Straße von Lashio und vom Norden halten, da die Gegner ihr Material Hunderte von Kilometern von Bangkok herbeischaffen mußten.
Doch als er dann die Grenzen von Burma erreichte, gab es keinerlei Neuigkeiten. Alles war so friedvoll, als ob nirgends in der Welt Krieg wäre. Er führte seine Leute in die Außenquartiere einer kleinen Stadt, und da sie die Vorhut
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