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Das Geloebnis

Titel: Das Geloebnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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Sheng.
    »Jawohl. Gerade das sollte verhindert werden, doch niemand verhindert es.«
    Plötzlich hielt der General inne und betrachtete sie ungeduldig. »Weiter habe ich Euch nichts mitzuteilen«, fuhr er dann ebenso unvermittelt fort. »Gar nichts, denn ich weiß nichts. Aber wenn in den nächsten Tagen keine Nachrichten eintreffen, werde ich den Allerhöchsten ersuchen, mich meines Kommandos hier zu entheben. Ich muß gegen dieses Warten Einspruch einlegen. Sollen wir hier wie brütende Hennen sitzen und abwarten, bis Rangun fällt?« Mit einer Handbewegung deutete er an, daß sie entlassen waren.
    Die Offiziere erhoben sich und gingen hinaus, mit ernsten Gesichtern, denn wo gab es einen Befehlshaber gleich diesem, den der Allerhöchste über sie gesetzt hatte? Jung und doch in vielen Kriegen erfahren, geschult im Gebirgskampf und der Tapfersten einer – keinen gab es wie ihn.
    Sehr bedrückt kehrte Sheng zu seinem Quartier zurück, und er blickte so finster drein, daß keiner seiner Soldaten, die ihn vorbeigehen sahen, ihn anzusprechen wagte.
    Der General beobachtete die jungen Offiziere, als sie sein Zimmer verließen. Alle hatten sie den langen, leichten Schritt des Soldaten, der geschult worden ist, zu gehen, nicht zu marschieren. Sie waren schlank, anmutig, hatten federnde Sehnen und straffe Muskeln. Er war ein harter Mann, und er konnte grausam sein, aber sein Herz war seinen Leuten gegenüber weich wie das eines Weibes. Sie waren ihm teuer, und er kannte sie, sowohl als Menschen wie als Soldaten. Name und Gesicht bildeten eine Einheit in seinem Geist, und obwohl er seine Leute entschlossen einsetzte, wenn es galt, dem Feinde Boden abzuringen, ging er doch abseits und weinte im geheimen, wenn er sie unnötigerweise verlor, nicht aus Wut, sondern weil die Herzen, auf die er vertraut, zu schlagen aufgehört hatten, weil die Leiber, auf die er stolz gewesen, verstümmelt und zerstört waren. So war es seine Leidenschaft, seine Leute nicht zu verlieren, ohne vom Feind den vollen Preis dafür einzutreiben.
    Durstig trank er Tee; denn in diesem Klima schien es ihm, als könnte er die Flüssigkeit nie so schnell in sich hineingießen, wie sie ihn in Schweißtropfen verließ. Dann ging er zur Tür und versperrte sie. Hierauf schloß er einen Wandschrank auf, dem er einen kleinen Radio-Apparat entnahm. Das war sein kostbarster Besitz, denn der Apparat bedurfte keiner Drähte oder sonst einer Maschinerie, um den Anschluß an die Luft zu finden. Der General hatte nicht gewußt, daß es so etwas gab, bis ihm das Ding zusammen mit anderer Kriegsbeute gebracht worden war, und er hatte nicht gewußt, wie es benutzen, bis er einen gleichen Apparat im Hause des Präsidenten gesehen hatte. Einen Augenblick hatte er mit sich gekämpft, im Zweifel darüber, ob er von dem Funde nicht Mitteilung machen mußte, weil diese Apparate so selten waren; doch hatte er sein Gewissen beschwichtigt. Auf seinem Feldzug würde er den Rundfunkempfänger bitter nötig haben.
    Jetzt stellte er ihn auf den Schreibtisch, so daß er die Knöpfe vor sich hatte, und setzte ihn diesem und jenem Winde aus. Dies Zauberding konnte ihn alle Sorgen und Kümmernisse vergessen machen. Es war ihm, als wäre seine Seele imstande, den Körper zu verlassen und mit Winden und Wolken zu wandern. Musik drang an seine Ohren, süß und wild; Stimmen redeten in unverständlichen Sprachen, sie stöhnten und schluchzten und stammelten, als wären es keine Menschen. Aber hin und wieder konnte er ein Wort verstehen, entweder in seiner eigenen Sprache oder in der des Feindes. Er verstand den Feind sehr gut, denn als Kind hatte er sich fünf Jahre lang in Japan aufgehalten. Weil er die Menschen dort so gut kannte, konnte er sie fürchten und hassen. Und es war recht nützlich für ihn, daß er zu verstehen vermochte, was gesagt wurde.
    Als er den Empfänger südwärts nach Thailand ausrichtete, kam eine scharfe, metallene Stimme durch den Abend.
    »Rangun brennt! Die Verteidiger sind geschlagen, und sie setzen ihre eigene Stadt in Brand. Heute haben unsere Luftstreitkräfte die Stadt erbarmungslos bombardiert, und auch diese Feuer brennen. Die Briten schlossen Tausende von Kulis auf den Docks ein, weil sie befürchteten, daß die Kulis unter unseren Bomben davonlaufen würden. Sie erlitten einen grausamen Tod, da sie nicht flüchten konnten. Die britischen Offiziere und Stadtbewohner sind in den Bergen in Sicherheit. Ihre Ämter in der Stadt werden von Eingeborenen

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