Das Geloebnis
versehen. Die Briten fragen nicht nach dem Leben der Eingeborenen. Wir aber kommen, die Sklaven zu befreien. Unsere Streitkräfte stehen nur noch siebenundzwanzig Kilometer vor Rangun. Fliehe nicht, Volk von Rangun! Du sollst errettet werden.«
Er schaltete die Stimme ab. Konnten diese Dinge wahr sein? Er drehte erneut an den Knöpfen, rechtsherum, linksherum, aber es kam keine andere Stimme, nur die des Feindes, der in die Luft hineinrief.
»Wir bauen Straßen nach dem Norden von Burma. Norden und Süden greifen wir an. Der Gegner ist zwischen unseren beiden Händen gefangen. Fasse Mut, Volk von Burma! Du wirst von deinen Tyrannen befreit werden. Wir sind deine Brüder, Menschen gleicher Rasse. Werden die Weißen dich jemals als gleichberechtigt betrachten? Sie erlauben keinem von uns, ihre geheiligten Länder zu betreten. Asien den Asiaten!«
Abermals schaltete er ab. Es war unmöglich, diese Stimme zu ertragen, falls sie auch nur ein Wörtlein der Wahrheit sprach. Diese Furcht hielt ihn in der Nacht wach. Konnte es sein, daß ihnen selbst dann nicht die Freiheit gewiß war, wenn sie gekämpft und ihren Krieg gewonnen hatten?
Zusammengesunken saß er am Schreibtisch, regungslos; seine geballten Hände lagen vor ihm.
Wer hätte es zu sagen gewußt? Wären die Japaner nicht so grausam gewesen, wären sie nicht eingefallen, hätten sie andere Mittel denn Tod und Vernichtung benutzt, so hätten sie recht haben mögen. Wem aber konnte sein Volk jetzt vertrauen? Es gab nichts anderes zu tun, als weiterzukämpfen. War dieser Krieg gewonnen und wartete dann ein anderer, so mußte auch der neue Krieg geführt werden. Aber heute war Japan der Feind.
Nachdem er diese Gedanken bewegt hatte, stand er auf und schloß den Rundfunkempfänger wieder fort; dann öffnete er die Tür und rief hinaus. Ein Soldat eilte herbei, und der General fragte: »Wartet noch jemand darauf, mit mir zu sprechen?« Es war spät, und er fühlte sich müde, aber oft kamen abends seine Späher zu ihm, die sich über das ganze Land verteilten, vor und hinter den Truppen, je nachdem, wie sie marschierten.
»Zwei Männer warten«, antwortete der Soldat salutierend.
»Sie sollen hereinkommen«, ordnete der General an.
Gleich darauf traten zwei Männer ein, die die Tür hinter sich schlossen. Er erkannte in ihnen zwei von seinen eigenen Leuten, die er vor Wochen nach Burma gesandt hatte. Sie waren wie burmesische Bauern gekleidet, hatten eine dunkelgefärbte Haut und trugen einen baumwollenen Turban.
Er begrüßte sie mit einem Lächeln, während sie wartend dastanden, bis sie an der Reihe wären zu sprechen.
»Ihr kommt zu rechter Zeit«, sagte er. »Wenn ihr von Süden kommt – ist es wahr, daß Rangun brennt?«
»Zweifellos ist es wahr«, erwiderte der Ältere. »Denn jeder konnte sehen, was es dort geben mußte. Wir brachen vor drei Tagen auf, und wir kamen zu Fuß und mit Fuhrwagen her, aber wir konnten sehen, daß die Stadt fallen mußte. Es sind keine Vorbereitungen getroffen worden, sie zu halten, mein General. Niemals bestand die Absicht, sie zu halten. Feindliche Schiffe kommen vom Meer herein, und überall dringen die gegnerischen Truppen vor, trotz Hitze und Durst. Sie leiden unter großem Durst, und sie fürchten, die Brunnen seien vergiftet, so daß sie daraus nicht zu trinken wagen; aber sie dringen weiter vor.« Der General hielt die Augen auf die Männer gerichtet, während er zuhörte. Ja. Er kannte die fürchterliche Unerschrockenheit des Feindes. Sein Mut war ganz, wie ein Felsen ohne Fuge. Er konnte nicht erschüttert werden, der standhafte Mut des Feindes.
»Die Gegner kommen lachend nach Rangun«, berichtete der Jüngere. »Da Malakka jetzt verloren ist, können sie ihre Streitkräfte dort vereinigen.«
»Ihr müßt nicht sagen, daß alles verloren ist«, entgegnete der General mit leiser Stimme. »Es ist nicht alles verloren, wenn wir hier warten.«
»Ihr wartet tatsächlich, großer Bruder«, betonte der ältere Mann. Er war dunkel und so mager, daß sich seine Haut über den Knochen spannte. »Und Ihr werdet warten und warten, Herr, bis die Städte fallen.« Er wandte sich an seinen Kameraden: »Wollen wir ihm nicht erzählen, was wir sahen?«
»Ist es nicht unsere Pflicht?« gab der andere zurück.
»Warum sollte mir etwas verheimlicht werden?« forschte der General.
So berichteten sie ihm, mal der eine, mal der andere, daß ihr eigenes Volk so sicher gewesen sei, der Feind werde gewinnen, daß es auf der
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