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Das Geloebnis

Titel: Das Geloebnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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gut verteidigt?«
    »Er wird überhaupt kaum verteidigt«, gab Charlie Auskunft. »Es sind nur armselige Verteidigungsmaßnahmen geplant oder vorgenommen. Doch ist es ein sehr großer Hafen. Mir wurde gesagt, daß in dem Hafen zur Zeit der Reisernte mehr Leute von Indien ein und aus gehen als in dem amerikanischen Hafen von New York im Laufe eines Jahres. Tatsächlich ist das ganze Gebiet für die Weißen sehr wertvoll, weil dort Reis und Öl und Metall und kostbares Holz wie Teak …«
    »Wird die Stadt gar nicht verteidigt?« unterbrach der General.
    »Gar nicht. Und ich hörte noch viele unerfreuliche Dinge. Längs der Docks sah ich Stacheldraht-Barrikaden mit Toren und großen Schlössern an den Toren. Ich dachte, daß man diese Barrikaden als Verteidigungsmaßnahme gegen die Landung des Feindes errichtet habe, und doch wunderte ich mich darüber, denn sicherlich mochten sogar die Weißen wissen, daß die Gegner nicht zu Wasser, sondern zu Land kommen würden. Dann sagte man mir, daß diese Barrikaden nicht dem Feinde gelten, sondern den Kulis, die die Schiffsladungen tragen. Die Weißen befürchteten, daß diese unwissenden Arbeiter bei einer Bombardierung der Stadt in die Berge fliehen würden, so daß niemand mehr zum Tragen der Waren da wäre. Deshalb ließen sie die Barrikaden errichten, und als der Feind über die Stadt kam, befahlen sie, die Tore zu versperren, so daß die Kulis im Hafen nicht flüchten konnten.«
    »Wurden sie nicht getötet?« rief Sheng.
    »Sind ihre Leiber nicht unseres Fleisches und Blutes?« entgegnete Charlie.
    Niemand sprach eine Weile.
    »Erzählt weiter«, befahl der General schließlich.
    »Das Volk in jener Gegend ist elend und armselig«, sprach Charlie langsam. »Viele sterben an Lungenkrankheit. Mir wurde berichtet, daß in der Stadt Rangun mehr Menschen an verdorbenen Lungen sterben als durch Bomben, obwohl bei einem Bombardement im zwölften Monat an einem Tag über tausend Menschen ums Leben kamen.«
    »Weiter«, sagte der General, »weiter! Können wir davon reden, daß heutzutage Menschen sterben? Sagt mir, saht Ihr auf den Flugplätzen für unser Land bestimmte Waren?«
    »Hunderte von Tonnen, Waren aus Amerika, verpackte Flugzeuge, die daraufwarten, über die Große Straße gesandt zu werden.«
    Der General zündete sich wiederum eine Zigarette an; diesmal zitterte seine rechte Hand. »Sie werden nie dorthin gelangen«, murmelte er. »Alles wird verloren sein – diese Kostbarkeiten, auf die wir monatelang gewartet haben! Die Gegner werden Rangun vorher einnehmen. Natürlich werden sie Rangun vorher einnehmen, die Stadt, über der alle ihre fliegenden Schiffe kreisen wie Krähen über dem Kadaver einer Kuh. Sie ist das Herz Burmas.«
    »In einigen Tagen wird sie nicht mehr vorhanden sein«, bemerkte Charlie mit leiser Stimme. »Binnen weniger Tagen muß sie verloren sein. Sie werden sie nicht halten.«
    Die rotglühende Zigarette des Generals flammte leicht auf, so stark zog er daran. »Was heißt das – sie werden sie nicht halten?« fragte er.
    »Die Weißen werden sie nicht halten«, erwiderte Charlie. Seine Stimme verlor jählings ihre Sanftheit. »Sie werden sich zurückziehen!« rief er.
    Die zuhörenden jungen Männer brachen in Stöhnen und Fluchen aus. Der General zerdrückte seine Zigarette in der linken Handfläche.
    »Das habe ich vorausgesagt«, erklärte er kurz. »Wir sind nicht überrascht. Wir wollen uns nicht überraschen lassen.«
    »Machen wir aber weiterhin mit?« erkundigte sich Yao Kung. Er war ein magerer junger Mann; zu Hause hatte er ein junges Weib, das er liebte, und drei kleine Söhne.
    »Wartet«, versetzte der General. Seine Stimme klang mit einem Male so belegt, daß alle ihn anblickten. Er wandte sich an Charlie: »Ist keiner von den Weißen in der Stadt zurückgeblieben?«
    »Nur wenige«, gab Charlie Bescheid. »Ich hörte von einem, der mit seinen Leuten im Hafen geblieben ist. Er hat eine junge Frau und zwei kleine Kinder, die alle dort sind. Solange er bei seinen Männern bleibt, laden sie die hereinkommenden Schiffe aus.«
    »Sind die Weißen Feiglinge?« erkundigte sich der General.
    »Sie sind keine Feiglinge«, antwortete Charlie bedächtig. »Feiglinge nicht, aber ob sie nicht Dummköpfe sind? Sie haben nichts vorbereitet, das Volk haben sie in einer Verwirrung ohnegleichen zurückgelassen …« Er beugte sich vor, die Hände auf die Knie gestützt. »Die Gegner sandten eine Botschaft in der Sprache des burmesischen

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