Das Geloebnis
Volkes durch die Luft; darin teilten sie dem Volk von Burma mit, daß sie kämen, um es von der Herrschaft der Weißen zu befreien, und sie sagten ihm, es solle sich nicht fürchten. Was taten die Weißen gegen dieses Übel? Sie sandten ebenfalls eine Botschaft aus, in der sie das Volk beschwichtigten und ermahnten, nicht auf Geschwätz zu lauschen – aber diese Botschaft war in englischer Sprache verfaßt, die das Volk von Burma nicht verstehen konnte!«
Wehmütiges und spöttisches Gelächter erhob sich.
»Ich hätte es fast lieber, wenn sie Feiglinge statt Dummköpfe wären«, bemerkte Sheng. »Feiglinge laufen nur fort, aber Dummköpfe bleiben, um ihre Dummheiten zu begehen.«
Der General sprach nicht. Er saß nur da, das Haupt mit beiden Händen haltend.
»Geht nun«, sagte er schließlich. »Geht alle und laßt mich allein, damit ich überlege, was ich tun muß. Pao Chen, Ihr bleibt da und schreibt eine Nachricht an den Allerhöchsten. Ich möchte noch einmal in ihn dringen, daß er … bedenken möge, was er tut.«
Die jungen Männer standen auf, salutierten und entfernten sich. Charlie folgte ihnen, und der General ließ ihn gehen, bis er die Tür erreicht hatte. Da rief er ihn zurück.
»Ich werde Euch nicht vergessen«, sagte er bedeutungsvoll.
»Dann sendet mich wieder aus«, versetzte Charlie fröhlich, und er salutierte nochmals, daß sein zerlumptes Priestergewand flatterte.
Der General lachte. »Zieht Eure Uniform an«, befahl er. »Ihr könnt niemanden täuschen, der den Unterschied zwischen einem Priester und einem Soldaten kennt!«
12
Der General war mißmutig und beunruhigt, um so mehr, als es ihm viele Tage lang nicht möglich gewesen war, den Präsidenten um Rat zu fragen. Der kleine Rundfunkempfänger, den er nach Burma mitgebracht hatte, versagte den Dienst, und niemand konnte ihn instand setzen. So rief er eines Tages Pao Chen zu sich und befahl ihm: »Schreibt dem Präsidenten etwas, das sein Herz rühren wird und das ihn erkennen läßt, was er von uns fordert. Teilt ihm mit, daß der Apparat zerbrochen ist und daß ich seine Befehle nicht mehr hören kann. Schreibt ihm, daß ich keine Furcht habe. Schreibt ihm, daß ich kämpfen will, wo er mir zu kämpfen befiehlt, aber, im Namen unseres Volkes, schreibt ihm, daß er mir die Freiheit geben soll, unsern eigenen Krieg auszufechten und nicht an einer Schlacht teilzunehmen, die von einem Verbündeten abhängt, welcher sich zurückzieht, bevor wir zu ihm stoßen können. Fragt an, ob wir in Rangun einziehen sollen, auch wenn das Schicksal der Stadt besiegelt ist. Sagt ihm, daß er – und nicht ich – entscheiden muß, ob diese unsere besten Truppen in den Urwäldern verlorengehen sollen, damit die Weißen gerettet werden, oder ob wir für unsere eigene Sache kämpfen sollen. Legt all Eure Kraft in die Worte, Chen, und laßt sie sich ihren Weg durchs Papier bahnen. Schreibt ihm, daß die Weißen uns keinen Reis kaufen lassen wollen. Fragt ihn, wo der Amerikaner sich aufhält. Sagt ihm, daß wir hier wie die Affen auf den Bäumen sitzen und abwarten, während der Feind sich nimmt, was er will. An die sechzigtausend Gegner stecken in der Wildnis an der Grenze von Thailand, zum Angriff bereit. Diese Wildnis ist das schlimmste Schlachtfeld der Welt, und sollen wir dort kämpfen, nicht um unsere Heimat zu verteidigen, sondern um den Weißen ihr Weltreich zu erhalten? Sagt ihm, daß soeben zwanzigtausend Gegner die andere Grenze von Thailand überschritten haben und daß sich zwischen den feindlichen Heeren eine Vorhut ihrer Leute befindet. Dort ist das Schan-Gebirge, dessen Berge sich zu zweitausend Meter Höhe erheben und dessen Täler von Urwald bestanden sind. Das sei unser Schlachtfeld, sagt ihm dies. Sagt ihm, daß unsere Späher uns berichtet haben, die Weißen ließen die Ölfelder unberührt zurück – nichts sei zerstört oder jedenfalls so wenig, daß wenige Monate oder sogar wenige Wochen genügen werden, damit die Gegner Nutzen davon haben. Sagt ihm …«
Pao Chens Feder flog übers Papier, und der Schweiß lief ihm übers Gesicht.
»Malt es so schwarz wie möglich; Ihr könnt es gar nicht schwarz genug malen«, rief der General leidenschaftlich.
»Ich male es schwarz«, murmelte Pao Chen.
Schweigend saßen beide eine Weile da; in der Stille war nur das Kratzen von Pao Chens ausländischer Feder zu hören, die kühne Schriftzeichen aufs Papier warf.
»Soll ich den Brief vorlesen?« fragte Pao Chen, nachdem er das
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