Das Generationenschiff
eingehen.«
»Sehr klug«, sagte Sassinak.
Im persönlichen Gegenüber sah er genauso aus wie auf dem Bildschirm: vielleicht fünf Jahre jünger als sie, professionell, aber nicht steif, und offenkundig intelligent.
»Sie haben um Landurlaub für Ihre Mannschaft gebeten. Um offen zu sein, hätten Sie sich keinen ungünstigeren Ort aussuchen können, vor allem zur Zeit. Wissen Sie, daß in diesem Jahr der Hohe Rat tagt?«
Sassinak gab ungern zu, daß sie nur vage Vorstellungen davon hatte, in welchen Abständen der Hohe Rat der Föderation tagte, und gab eine nichtssagende Antwort. Dallish fuhr fort, als habe sie etwas Intelligentes gesagt.
»Natürlich wird die ganze Arbeit in den vorausgehenden Sektiohssitzungen erledigt. Der Hohe Rat hat vor allem eine repräsentative Funktion. Aber er tagt noch, wenn das Winter-Assisengericht zusammentritt. Ein günstiges Zusammentreffen für die Delegierten, wenn ein großer interkultureller Fall verhandelt wird. So wie diesmal. Und das bedeutet, daß die Hotels schon Monate vorher mit Delegationen aller Mitgliedsplaneten ausgebucht sind. Das Begleitpersonal trifft noch früher ein. Ihre Mannschaft wird natürlich, weil sie in den Fall verwickelt ist, vom Nachrichtendienst und vom Sicherheitsdienst der Flotte unter die Lupe genommen. Und wenn ihre Leute sich danach auf den Planeten wagen, werden die Presseleute sie bestürmen.«
Sassinak runzelte die Stirn. »Wie auch immer, ich kann sie nicht die ganze Zeit ins Schiff einsperren. Wir hängen fest, und es gibt nicht viel zu tun.« Im Hinterkopf ging sie die vielen langweiligen, zeitraubenden Routinearbeiten durch, die sie zuteilen konnte, aber da die Waffensysteme lahmgelegt und die Flugdecks wahrscheinlich abgesperrt waren, hätte sie ihre Mannschaft höchstens komplett beschäftigen können, wenn sie ihr befohlen hätte, das ganze Lebenserhaltungssystem mit Zahnbürsten zu säubern.
»Ich würde Ihnen empfehlen, Captain, daß Sie die Leute, die bereits unter Eid ausgesagt haben und deren Aussage bestenfalls von untergeordneter Bedeutung ist, zum Landurlaub auf Sechs schicken. Das ist ein Erholungsgebiet: Jagen, Fischen, Segeln, ein paar gute Casinos. Und die Flotte unterhält eine Jagdhütte in den Bergen. Ihre Leute würden einen zivilen Frachter nehmen müssen, aber wenigstens hätten Sie sie vom Hals.«
»Ich reiße meine Mannschaft nicht gern auseinander.« Ohne die Daten abzurufen, wußte sie nicht genau, wie lang die Reise nach Sechs dauern würde; auf einer zivilen Insystem-Fähre würde es aber sicher Tage dauern. Wenn unterwegs etwas passierte … Sie verfolgte diesen Gedanken nicht weiter. Besser war’s, wenn sie das ganze Lebenserhaltungssystem mit Zahnbürsten reinigten. Sie hatte die Erfahrung gemacht, daß man Ärger aus dem Weg gehen konnte, wenn man auf ihn vorbereitet war. Und es gab schlimmere Probleme als Langeweile.
viertes kapitel
»Mein lieber Junge!« Tante Q , dachte Ford, war die archetypische verwöhnte, reiche Witwe. An jedem Zentimeter nackter Haut trug sie funkelnde Juwelen: Ringe, Armbänder, Halsketten, Ohrringe und sogar einen zwischen die Augen implantierten Rubin. Ford hoffte zumindest, daß es ein Rubin war und nicht ein Blindes Auge, ein gentechnisch erzeugtes Schmuckstück. »Du ahnst nicht, wie sehr ich mich darauf gefreut habe, dich zu sehen!« Tante Q. hatte außerdem diese Stimme, vor der ihn sein Vater gewarnt hatte. Er hatte bereits das Gefühl, daß sein Rückgrat weich wurde und ihn zu einer ehrerbietigen Haltung zwang.
»Ich freue mich auch sehr«, brachte er über die Lippen.
Er hoffte, daß es aufrichtig klang. Ansonsten würde es ihm schlecht ergehen. Es hatte ihn viel Zeit und Geld gekostet, um Tante Q. aufzuspüren. Die meisten unmittelbaren Angehörigen hatten ihre Adresse absichtlich verlegt, und ihre Anwälte waren nicht geneigt, den privaten Kommunikationscode ihrer Jacht einem angeheirateter Großneffen zu verraten, der auf einem Flottenkreuzer diente. Er hatte sich schließlich an Vetter Chalbert wenden müssen, was mit einem qualvollen Verhör endete, das mit einer ganz harmlosen Frage anfing. »Aber warum willst du sie unbedingt sehen? Sind deine Mittel knapp oder etwas in der Art?« Am Ende hatte er alle läßlichen und Todsünden gestehen müssen, die er je begangen hatte.
Danach hatte er die Reise auf dem Tanker durchstehen müssen, dessen Brückenmannschaft Spaß daran hatte, es einem Mann, der von einem Kreuzer kam, möglichst schwer zu machen.
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