Das Generationenschiff
sein.
»Darüber soll sich Dupaynil den Kopf zerbrechen«, sagte Sassinak. »Was meinen Sie, könnten Sie mit einem direkten Anruf bei Ihrer Familie herausfinden, wo Ihre Großtante steckt?«
»Nein, wahrscheinlich nicht. Lassen Sie mich nachdenken. Die Familie trifft sich mindestens einmal pro Standardjahr in Homefaring, aber das sind fünf Monate von hier. Und sie reist viel durch die Gegend, wissen Sie. Angeblich besitzt sie eine der luxuriösesten Raumjachten. Vielleicht berichtet eines der Gesellschaftsmagazine über sie.«
»Gesellschaftsmagazine?«
Ford wurde rot. »So ist sie eben. Ich hab’s Ihnen gesagt. Sie gehört zur untergeordneten Aristokratie, hält sich aber für eine der ganz Großen. Wenn wir sie gefunden haben, kann ich eine Nachricht von der Familie fälschen – ich meine verfassen –, die einen Besuch rechtfertigt.«
Sassinak kannte nicht einmal die Namen der Magazine. Während der nächsten Schicht stellte Ford eine Verbindung zum Normalraum her. Sassinak überflog die Seiten nur. Selbst als qualitativ minderwertige Kopien funkelten die Photographien nur so vor Luxus: juwelenbehangene Frauen in glänzenden Kleidern, Männer in protziger Hofkleidung mit knielangen Ordensbändern, die verschwenderische Inneneinrichtung ›eleganter Häuser‹, wie sie genannt wurden, Häuser, die ausschließlich dem Zweck dienten, den Reichtum ihrer Besitzer zu demonstrieren. Sassinak konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, in einem der zur Schau gestellten Betten tatsächlich zu schlafen, einem Meisterwerk der Bildhauerkunst^ das tatsächlich von einem kleinen Wasserlauf geteilt wurde. Sassinak rümpfte unwillkürlich die Nase.
»Ah, da haben wir sie!« Ford zeigte auf einen Artikel. »Unter den angesehenen Gästen dieser Hochzeit -schauen Sie sich mal die sogenannte Braut an! – ist auch meine verehrte Tante. Sie wird anreisen, um in dieser Saison wieder an den Regenbogenfeiern teilzunehmen … und das heißt, daß sie sich irgendwo zwischen Zalaive und dem Regenbogen aufhält. Darf ich eine Suche starten?«
»Legen Sie los!« Sassinak hatte sich in eine Diskussion vertieft, in der es darum ging, warum Cuulinda in Kürze Folsath als neusten Lieblingssport der hohen Gesellschaft ablösen würde. Sie hatte von beidem noch nie gehört, und der Artikel erwähnte nicht, ob dieser Sport in Mannschaften, mit Tieren oder Computern gespielt wurde. Ford machte sich am Terminal zu schaffen und durchsuchte über Standardkontakt die umfassende Flottendatenbank, die über die Besitzer und aktuelle Position privater Schiffe Auskunft gab.
»Ah! Sie ist unterwegs nach Colles, zwei Wochen laut ETA, und es … Oh, zum Teufel!«
»Was?« fragte Sassinak und blickte auf.
»Nu ja. Ich kann Sie bis zu Ihrem nächsten Planetenaufenthalt erreichen, aber dafür müßte ich auf einem Tankschiff mitfliegen.«
Sassinak grinste ihn an. Tankschiffe standen im Ruf, daß sie die unbequemsten Transportmittel überhaupt waren, und die Besatzungen gaben sich keine Mühe, es Besuchern leichter zu machen:
»Das wird den Kontrast um so größer machen.« Sie warf einen Blick auf die Route, die er sich hatte anzeigen lassen. »Ich setzte Ihre Befehle außer Kraft, und Sie reservieren sich einen Platz auf diesem Tankschiff. Vergessen Sie nicht, dafür zu sorgen, daß Ihre Familie eine Nachricht schickt.«
»Mach ich.«
Seine Termine ließen ihnen nicht viel Zeit, aber da Lunzie und Dupaynil aus dem Weg waren, genossen sie einen letzten feierlichen Abend in Sassinaks Kabine. Dann war er fort, und Sassinak mußte sich um die letzten Planungen kümmern, während das Schiff sich dem übervölkerten inneren Sektor der Föderation näherte.
Sie fragte sich, wie Aygar auf die Publicity und den Kulturschock in der Föderationszentrale reagieren würde. Er hatte mehrere Stunden täglich in den Datenbanken der Zaid-Dayan recherchiert. Ford führte ein Protokoll seiner Zugriffe. Er hatte sich mit Marine- und Flottenpersonal unterhalten, und Einzelheiten darüber waren durch Kanäle zu Sassinak durchgedrungen, von denen Aygar sicher nichts wußte. Er hatte darum gebeten, einen der einfachen Eignungstests absolvieren zu dürfen, um seinen Ausbildungsstand einzuschätzen. Sassinak hatte die Erlaubnis erteilt, auch wenn Dr. Mayerd der Ansicht war, daß ›der Junge‹, wie sie ihn nannte, professionelle Hilfe brauchte.
Aus Respekt vor Aygars Privatsphäre hatte Lunzie noch nicht auf die Dateien zugegriffen, die die Ergebnisse enthielten.
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