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Das Generationenschiff

Das Generationenschiff

Titel: Das Generationenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey , Elizabeth Moon
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Dieselbe Frau, die bereit gewesen war, die Toten in einen Synthesizer zu stecken, rang nun mit dem haarigen Vieh und tötete es; aber nicht, ohne dabei von zweien seiner sechs Hörner aufgeschlitzt zu werden. Und damit war das Überleben der Kolonie gesichert, solang man bereit war, die Tiere zu töten und zu essen.
    Nur eine Frau hielt sich an das Verbot der Föderation und drohte, die anderen zu verraten. Sie wurde davon abgehalten, eine Nachricht zu schicken, und starb durch eigene Hand, nachdem sie in einer ausgedehnten Arie erklärt hatte, warum sie nicht nur sich selbst, sondern auch ihr ungeborenes Kind umbrachte.
    »Damit niemand von meinem Blut das Blut anderer vergießt, die so wie wir empfinden …«
    Lunzie stellte fest, daß das Stück sie mehr bewegte, als sie erwartet hatte. Ob es der Wahrheit entsprach oder nicht, ob alles sich so ereignet hatte oder aus diesen Gründen, war nicht wichtig – die Geschichte selbst nötigte einem Respekt und Mitgefühl ab. Und sie erklärte eine Menge über die Schwerweltler. Wenn man daran glaubte, wenn man mit diesen Bildern aufgewachsen war, wenn einen diese prunkvolle Musik davon überzeugt hatte, daß die Leichtgewichte vierzigtausend Menschen an Hunger und Kälte sterben ließen, weil ihre Rettung ihnen zu lästig war und die Profitspanne verringerte – war es dann ein Wunder, daß sie Leichtgewichten mißtrauten und ihre Eßgewohnheiten ablehnten?
    Hätte ich Fleisch gegessen, wenn es jemand durch den Synthesizer geschickt hätte? fragte sie sich. Sie erinnerte sich an ihre eigene Schwangerschaft und die Jahre, als Fiona noch ein Kleinkind mit rundem Gesicht gewesen war. Sie hätte Fiona um keinen Preis verhungern lassen.
    In einem pompösen Finale kehrten die Leichtgewichte in einer warmen Jahreszeit zurück und tadelten die Kolonisten für ihre Geburtenrate und ihre Eßgewohnheiten. Die führende Sopranistin, die inzwischen weiße Haare hatte und vielfache Großmutter war und um die sich die Kinder scharten, während sie sang, wies sie in volltönenden Phrasen und schwindelerregenden Melodiebögen zurück, die unmöglich einer einzigen Kehle entstammen konnten. Die Kolonisten erkannten die Ansprüche der Leichtgewichte nicht an, weigerten sich, ihren Vorschriften und ihren Gesetzen zu folgen, und verlangten Gerechtigkeit vor den Gerichten, sonst würden sie ihren eigenen Weg gehen.
    Die Leichtgewichte zückten Waffen, doch zwei Schwergewichte wuchteten sie verächtlich hoch und schleuderten sie – die kleinsten Schauspieler, die Lunzie bisher gesehen hatte – von sich, so daß sie derb zu Boden krachten. Dann stemmten die beiden das Raumschiff hoch, steckten den Abgesandten der Leichtgewichte hinein, und schleuderten das Ganze in den Weltraum hinaus. So erschien es jedenfalls. Lunzie vermutete, daß irgendein Mechanismus hinter der Bühne es nach oben zog.
    Die Vorhänge fielen, daß Licht ging an. Zebara wandte sich ihr zu.
    »Und? Was halten Sie von Zilmach?« Dann berührte sein stumpfer Finger sie an der Wange. »Sie haben geweint.«
    »Natürlich habe ich geweint.« Ihre Stimme bebte noch vor Emotionen. Für ihre eigenen Ohren klang sie grämlich. »Wenn das wahr ist …« Sie schüttelte den Kopf und fing wieder an. »Es ist großartig, es ist schrecklich, und Tränen sind die einzige angemessene Reaktion.« Was sie eigentlich sagen wollte, würde entweder einen Aufruhr hervorrufen oder keinen Sinn ergeben. Sie sagte statt dessen: »Was für Stimmen! Wenn ich mir vorstelle, daß ich diese Musik noch nie gehört habe … Warum ist sie nicht bekannter?«
    »Wir führen sie nur auf Diplo auf. Wir sind der Ansicht, daß Ihr Volk kein Interesse daran hätte.«
    »Musik ist Musik.«
    »Und Politik ist Politik. Kommen Sie! Würden Sie gern Ertrid kennenlernen, die Sie so zum Weinen gebracht hat?«
    Die einzige Antwort konnte nur ja sein, also sagte sie ja. Zebaras Rang öffnete ihm alle Türen, und Minuten später standen sie hinter der Bühne, wo sich herausstellte, daß Ertrid eine ebenso schöne Sprech- wie Gesangsstimme hatte. Lunzie hatte wenig Erfahrung mit Künstlern. Sie wußte kaum, worauf sie sich gefaßt machen mußte. Ertrid lächelte, wenn auch kühl, und dankte Lunzie für ihre Komplimente, wenn auch mit einem Unterton, als habe sie das Lob von Leichtgewichten nicht nötig. Aber sie umschmeichelte Zebara und schmiegte sich fast an ihn. Lunzie spürte einen Stich von völlig unvernünftiger Eifersucht. Ertrids Lächeln wurde breiter.
    »Sie

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