Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Generationenschiff

Das Generationenschiff

Titel: Das Generationenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey , Elizabeth Moon
Vom Netzwerk:
ihren Schwerweltlern aus. Das hat sich herumgesprochen, und wir haben einfach zu viele Jugendliche, die eine Zukunft in der Flotte sehen. Ganz zu schweigen von der Zahl an Schiffen, die sie im Laufe ihrer Karriere gesprengt hat. Außerdem haben die Seti eigene Pläne, die wir noch nicht ganz durchschaut haben. Sie sind an einigen Planeten interessiert, die wir besetzt haben, vor allem jenen, die für menschliche Besiedlung ungeeignet sind. Sie pumpen Geld in das Konsortium, und das Konsortium leitet einen kleinen Anteil davon an uns weiter.«

Es war fast zuviel, um es zu erfassen. »Was soll ich für Sie tun?« fragte Lunzie.
    »Schaffen Sie die richtigen Daten raus. Nicht das gefälschte Zeug, mit dem Sie erwischt werden sollen. Sie werden vor Ihrem Team abreisen müssen. Es soll so aussehen, als ob sie mit gestohlenen Informationen fliehen wollten. Wenn Sie es nicht tun, wird man wissen, daß ich Sie nicht überzeugt habe. Aber Sie können verschwinden, bevor jemand Verdacht schöpft. Ich könnte behaupten, Sie hätten mich getäuscht und den Paß benutzt, der Ihnen zu früh ausgehändigt wurde.«
    Es klang höchst unwahrscheinlich. Kein Leichtgewicht konnte unbemerkt von Diplo verschwinden. Sie wurde sicher beschattet. Wenn sie abzuhauen versuchte, würde man sicher auch Zebara vorladen. Und dann würde man die richtigen Daten entdecken, womit ihr beider Schicksal besiegelt wäre. Sie sagte ihm das sehr hastig und sehr leise ins Ohr. Er drückte sie mit einem festen Griff an sich, der sie beruhigt hätte, wenn ihr Kopf nicht schon die naheliegenden Schlußfolgerungen gezogen hätte.
    Er erwartete nicht von ihr, daß sie als Leichtgewicht fliehen sollte. Sie sollte nicht einfach die Rampe hochmarschieren, ihre Papiere vorzeigen und sich ins Shuttle setzen. Er hatte etwas anderes, weniger Auffälliges im Sinn. Vor ihrem geistigen Auge rollte eine Liste mit den Möglichkeiten wie über einen Bildschirm. Als Frachtstück? Ein Infrarotscanner würde sie schnell finden. Als …? – Sie erstarrte, zog den Kopf zurück und versuchte in dem abgedunkelten Saal Zebaras Gesicht zu erkennen.
    »Nein, nicht im Kälteschlaf.« Ihr Ton gab zu verstehen, daß sie darüber nicht mit sich reden ließ.
    »Es tut mir leid«, sagte er ihr ins Haar.
    »Nein«, erwiderte sie ruhig, aber entschlossen und ohne eine Spur von Kompromißbereitschaft. »Nicht noch einmal.«
    In diesem äußerst unpassenden Moment verstummte die weiche, leidenschaftliche Musik und tauchte den Saal in eine plötzliche, von Kleiderrascheln erfüllte Stille. Die Stille zog sich hin. Der langsame, unerbittliche Rhythmus einer einzigen Trommel kündigte ein verhängnisvolles Ereignis an, und die Rückenlehne ihres Sitzes drückte Lunzie hoch und weg von Zebara. Die Armlehne schob sich zwischen sie. Die Fußstütze sackte nach unten. Eine zweite Trommel, schwer und dumpf vor Trauer, schloß sich der anderen an. Auf der Bühne enthüllte die spärliche Beleuchtung die Konturen eines Haufens lebloser Körper und anderer, die immer noch lebten und hungerten. Das Opfer war umsonst gewesen. Sie würden doch alle sterben. Ein Kindersopran, spitz wie eine Nadel, schrie nach Essen, und Lunzie zuckte zusammen. Die Altstimme, die antwortete, drückte alle Bitterkeit der Geschichte aus.
    Es war sicher nicht so schlimm gewesen! Das war kaum vorstellbar! Der reglose Arm des Mannes, der neben ihr saß, beharrte aber darauf, daß es sich genauso zugetragen hatte. Zumindest glaubte er daran, und er fürchtete, die Zukunft könne ähnlich düster aussehen. Lunzie schluckte und kämpfte gegen Übelkeit an. Wenn tatsächlich auf der Bühne Kannibalismus dargestellt wurde … aber darauf wurde verzichtet. Es folgte ein Chor klagender Frauen und hungernder Kinder. Einer sang vor, und die anderen fielen in sein Wehklagen ein, und so ging es (wie so oft in Opern) etwas länger weiter, als nötig gewesen wäre, um jeden davon zu überzeugen, daß beide Seiten es ernst meinten.
    Einer nach dem anderen schlug sich, den Kindern zuliebe, auf die Seite des Schreckens, aber am Ende war es ein Kind, das einen zitternden Arm hob und auf einen neuen Aspekt in der Krise hinwies. Dieser neue Aspekt, der auf der Bühne als ein pelzbedeckter Roboter dargestellt wurde, war der einheimische Grasfresser, der die Tundra bewohnte. Diese zotteligen, schwerfälligen und dank göttlicher Vorsehung dummen Tiere waren durch die Wärme der Kolonistenhütten von ihren üblichen Wanderwegen weggelockt worden.

Weitere Kostenlose Bücher