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Das geraubte Paradies

Das geraubte Paradies

Titel: Das geraubte Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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die Trägheit, die durch das lange Starren hinaus auf die Straße von ihr Besitz ergriffen hatte, und sie drehte den Kopf, um Jonan anzuschauen. »Was machst du da?«, fragte sie.
    »Ich versuche auszurechnen, wie bald es zum Krieg kommen könnte, wenn die drei Wagen gestern Nacht wirklich Botschafter des Mondkaisers waren, die auf dem Weg nach Arcadion sind, um das Bündnis zu schließen, das auf Château Lune wegen Cartagena und seinen Mitverschwörern gescheitert ist.«
    Carya ließ den Anhänger in den Ausschnitt ihrer Bluse zurückgleiten und rutschte dichter an Jonan heran. Sie legte ihre Hände auf seine Schulter und stützte ihr Kinn darauf, um einen Blick auf den kleinen, rechteckigen Bildschirm des Geräts werfen zu können. »Und?«, fragte sie, als sie bloß eine winzige Karte von Francia erkennen konnte, durch die mehrere farbige Linien verliefen.
    Jonan verlagerte sein Gewicht ein wenig und hielt ihr den Navigator entgegen. Mit dem Finger fuhr er über die farbigen Linien. »Von Paris nach Arcadion sind es ungefähr tausendfünfhundert Kilometer. Wenn der Konvoi weiter in so scharfem Tempo gefahren ist – und wenn sie genug Treibstoff dabeihaben –, könnten sie heute am späten Abend oder morgen in aller Frühe dort sein.«
    »Dann ist das Bündnis aber noch nicht geschlossen«, gab Carya zu bedenken. »Wer weiß, wie der Lux Dei auf den Tod von Neve Arida reagiert. Vielleicht ist der Rat so wütend, dass alte Feindseligkeiten wieder hervorbrechen. Immerhin kommt es, schon solange ich denken kann, an den Grenzen zu Auseinandersetzungen mit Francia.«
    Jonan schüttelte den Kopf. »Ich würde dem Tod der Sondergesandten nicht zu viel Gewicht beimessen. Sicher werden sie ihn scharf verurteilen. Aber du darfst nicht vergessen, dass Arida offiziell bei dem Versuch gestorben ist, den Mondkaiser zu retten, dem eine Gruppe Verschwörer, die gegen diese Allianz war, nach dem Leben trachtete. Dazu kommt, dass
du
sie umgebracht hast. Wenn Großinquisitor Aidalon bei alldem ein Wörtchen mitzureden hat, wird er bestimmt lautstark hervorheben, dass die elende Rebellin Carya Diodato, die schon in Arcadion für Unruhe gesorgt hat, nun auch noch versucht, den Frieden mit Francia zu untergraben.«
    »Oje, jetzt, wo du es sagst …« Carya spürte, dass sich ihr bei dem Gedanken, wie die Inquisition einmal mehr die Wahrheit nach ihrem Belieben verdrehen würde, die Eingeweide verkrampften. Andererseits konnte sie Aidalon in diesem speziellen Fall kaum Vorwürfe machen. Dass sie unter dem Bann von Cartagena gestanden hatte, als sie den Anschlag auf den Kaiser verübt hatte, bei dem Arida zu Tode gekommen war, konnte er nicht wissen. Die Existenz der Erdenwacht war ein gut gehütetes Geheimnis, und dass Carya eine von dieser ominösen Gruppierung programmierte Attentäterin war, dürften außer Jonan, Pitlit und ihr nur eine Handvoll Leute wissen – in Arcadion wahrscheinlich lediglich Paladin Julion Alecander, und der würde schweigen, um seine eigene heimliche Mitgliedschaft in der Erdenwacht nicht zu gefährden.
    »Womöglich«, fuhr Jonan fort, »wird deine Rolle bei diesen Ereignissen die Bündnisverhandlungen sogar noch beschleunigen, denn solange Invitro-Mörderinnen und Ketzerkönige alle wahren Kinder des Lichts Gottes bedrohen, muss man zusammenstehen und Seite an Seite kämpfen. Oder so ähnlich. Du kennst die Propaganda ja.«
    »So gut wie du«, erwiderte Carya nickend.
    Jonan wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Navigator in seinen Händen zu. »Also nehmen wir an, sie brauchen noch zwei Tage, um die letzten Einzelheiten ihres Vertrags und des weiteren Vorgehens zu besprechen. Viel kann es ja nicht mehr sein, da die Verhandlungen, wenn ich dich richtig verstanden habe, in Château Lune schon weit fortgeschritten waren.«
    »So klang es wenigstens, als sich Cartagena und Ministerin Factice unterhalten haben«, bestätigte Carya. Sie hatte die Unterhaltung, versteckt unter dem Bett in Cartagenas Schlafzimmer, mitverfolgt, was zwar ihren Blick auf die Sprechenden, nicht aber ihr Hörvermögen eingeschränkt hatte.
    »Nun gut, gehen wir von höchstens zwei Tagen aus«, sagte Jonan. »Danach muss die Delegation zurückkehren, um alles Weitere in die Wege zu leiten. Das dauert noch einmal zwei bis drei Tage, sofern sie mit ihren Motorwagen problemlos durchkommen. Anschließend werden beide Parteien ihre Truppen mobilisieren. Ich nehme an, dass dafür höchstens eine Woche angesetzt wurde.«
    »Eine Woche

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