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Das geraubte Paradies

Das geraubte Paradies

Titel: Das geraubte Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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hatte gelesen, dass solche Gefährte früher vor allem zum Transport von schwerer und sperriger Fracht eingesetzt worden waren. Heute bewahrte es eine ganz besondere Ladung in der länglichen Gondel, die mittig zwischen den beiden äußeren Traggaskörpern hing.
    Das Auftauchen des Luftschiffs war der abgesprochene Befehl zum Angriff. »Vorwärts!«, rief Nemours. Überall wurde sein Ruf aufgenommen, und mit einem Mal ging ein Ruck durch das vereinte Heer des Lux Dei und des Mondkaisers. Die Panzer richteten ihre Läufe aus. Die Kanonen auf den Hängen fingen an zu donnern. An der Gondel des Luftschiffs öffneten sich Klappen und ließen tödliche Fracht auf die zweifellos überraschten Einheiten der Erdenwacht regnen. Von einem Augenblick zum anderen brach die Hölle los, und eine Kakophonie von Explosionen hallte von den Bergen wider.
    »Ja!«, brüllte Jonan und stürmte mit Nemours und den francianischen Soldaten vorwärts. Er spürte, wie ihn die Begeisterung eines Kampfesrauschs überkam. Vielleicht würde das Ganze schneller vorbei sein, als es jeder gedacht hatte.
    Aber dann antwortete die Erdenwacht plötzlich!
    Das Blitzen Dutzender Mündungsfeuer gewitterte oben auf dem Pass. Ein Heulen wie von rasenden Geistern erfüllte die Luft, und winzige Objekte, auf gleißenden Flammen reitend, schossen in einem weiten Bogen auf die Angreifer zu. Gleichzeitig tauchte hinter den Feuerstellungen ein ganzes Geschwader der tropfenförmigen Rotorschweber auf, die zornig wie Insekten auf das Luftschiff zujagten. In der nächsten Sekunde schlugen die Geschosse der Erdenwacht ein, und die von den Panzern angeführten ersten Reihen des angreifenden Heeres verschwanden unter ohrenbetäubendem Donner in einer Flammenwand, die sich von Berghang zu Berghang erstreckte.
    Instinktiv schrak Jonan zurück.
Licht Gottes
, zuckte es ihm durch den Kopf. Sie hatten einen Fehler gemacht, einen riesigen, unverzeihlichen Fehler. Einen winzigen Augenblick lang hatten sie alle sich die Vorstellung gestattet, dass sie die Erdenwacht einfach so würden besiegen können. Für diesen Irrtum würden sie jetzt teuer bezahlen …

Kapitel 30
    Oh, nein! Oh, nein, nein, nein. Ihr seid zu früh dran. Ich bin noch nicht ganz fertig.« Wie im Rausch hackte Ferrer auf die Eingabefelder seines tragbaren Rechners ein. Er hatte die Maschine an das größere Kontrollpult angeschlossen, nachdem er festgestellt hatte, dass er so besser arbeiten konnte. Auf dem Schirm des Rechners und auch auf dem des Pults dahinter glitt Zeile um Zeile völlig unverständlichen Codes von unten nach oben. Hätte der Invitro-Techniker nicht gerade eben verkündet, dass die Bemühungen der letzten Stunden kurz vor dem Abschluss standen, hätte Carya nicht einmal ansatzweise zu sagen vermocht, ob er bei dem Versuch, die Systemsperre zu knacken, überhaupt schon merkliche Erfolge erzielt hatte oder nicht.
    In der Ferne, vom anderen Ende des Tals her, vernahmen sie das gedämpfte Donnern von Kanonenschüssen und das Grollen von Explosionen. Was das zu bedeuten hatte, musste keinem von ihnen erklärt werden. Der Kampf zwischen dem Lux Dei und dem Mondkaiser gegen die Zonengarde der Erdenwacht hatte begonnen. Und sie hatten keine Ahnung, wie er sich entwickeln würde.
    Wenn wir doch nur schon diese Rechner übernommen hätten,
ging es Carya durch den Kopf. Nervös durchmaß sie zum gefühlt hundertsten Mal die Zentrale der Kommunikationsanlage. Obwohl sie nun schon beinahe die ganze Nacht auf den Beinen war, verspürte sie nicht den Hauch von Müdigkeit. Viel zu sehr peitschte die Aufregung und die Sorge darüber, zu scheitern, ihren Körper auf.
    Emm schien es ähnlich zu gehen. Sie saß auf einem der Drehstühle der Zentrale, hatte ein Bein angewinkelt und den Fuß auf die Sitzfläche aufgestützt und kaute, ohne es zu bemerken, schon seit geraumer Zeit an den Fingernägeln ihrer rechten Hand. Seit sie einen der Techniker erschossen hatte, war sie nicht mehr zur Ruhe gekommen. Die Fassade aus Selbstbewusstsein war in sich zusammengestürzt wie ein Kartenhaus und hatte eine junge Frau enthüllt, die endlich erkannt hatte, dass es kein heiteres Katz-und-Maus-Spiel war, sich gegen ein übermächtiges Regime aufzulehnen, sondern dass dabei, wenn es hart auf hart kam, Menschen ihr Leben ließen.
    Der Einzige, der wusste, was zu tun war, wenn es nichts zu tun gab, und der konsequent danach handelte, war Pitlit. Nachdem sich abgezeichnet hatte, dass Ferrers Bezwingung der unsichtbaren

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