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Das geraubte Paradies

Das geraubte Paradies

Titel: Das geraubte Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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wir zu unseren Maschinen zurück«, sagte Enzo, während er den Strahler wieder verstaute und den Holzkasten unter dem Gestrüpp verbarg. Sie begaben sich zu ihren Gefährten und warteten darauf, dass das Boot bei ihnen anlegte.
    »Sehe ich einen Geist oder bist du es wirklich, Enzo?«, fragte der kompakte Mann mit dem silbergrauen Haar, der am Steuer stand und dem Invitro-Soldaten wie aus dem Gesicht geschnitten war.
    Enzo lachte. »Ich bin es wirklich«, antwortete er. »Aussagen über meinen Tod waren etwas voreilig. Tut mir leid, dass wir das nicht geradebiegen konnten. Wir hatten ein paar schwierige Tage in Arcadion. Aber jetzt bin ich hier.«
    »Und in Begleitung, wie ich sehe.« Lucenos Blick fiel auf Jonan und Elje.
    »Genau genommen begleite ich Jonan«, entgegnete Enzo. »Er muss mit euch reden – und ich für meinen Teil denke, sein Anliegen ist es wert, angehört zu werden.«
    Draußen vor dem Fenster verschwand die Sonne gerade hinter den Hügeln jenseits des Sees, als Jonan zum zweiten Mal an diesem Tag seine Geschichte erzählte. Sie befanden sich in einem leicht heruntergekommenen Versammlungssaal in dem kleinen Schloss an der Südspitze der Insel, und diesmal war sein Publikum deutlich größer. Es umfasste sicher hundert Männer und Frauen, die meisten von ihnen grauhaarige Veteranen, die siebzig Jahre und älter sein mussten. Doch ungeachtet ihres Alters strahlten viele von ihnen noch eine Energie aus, um die sie manch Jüngerer beneidet hätte. Es waren ernste Gesichter, die Jonan entgegenblickten, faltig und mit eindringlichen Augen, und viele von ihnen ähnelten sich, als wären sie Geschwister – Invitros der gleichen Zuchtreihe.
    Genau wie gegenüber der Ascherose hielt Jonan, was die politischen Geschehnisse der letzten Wochen und insbesondere der vergangenen Tage anging, mit nichts hinter dem Berg. Auch die Rolle der Erdenwacht, wie er sie verstand, schilderte er ausführlich. Caryas Geschichte ließ er wiederum außen vor, Pitlit nannte er nur, wo es nötig war, und Elje, die stumm neben der Tür des Versammlungssaals hockte und das Ganze beobachtete, erwähnte er gar nicht.
    »Und daher«, sagte Jonan schließlich am Ende seiner Schilderung, »bitte ich Sie um Ihre Hilfe. Ich verfüge über die alte Kriegsmaschinerie, aber ich habe niemanden zur Hand, der damit umgehen, der sie reparieren und steuern kann. Ich hoffe, dass ich ein paar von Ihnen für diese Aufgabe zu gewinnen vermag. Denn ohne Sie ist mein Plan zum Scheitern verurteilt und Tausende tapferer Soldaten werden in der Schwarzen Zone den Tod finden.« Er hob in einer Geste der Ergebenheit die Arme. »Das ist alles, was ich Ihnen sagen kann.«
    Ein tiefes Schweigen schloss sich an seine Rede an. Jonan ließ seinen Blick über die Anwesenden schweifen. In den Mienen der Männer und Frauen las er vor allem eines: Verhaltenheit. Obwohl sich zahlreiche ehemalige Soldaten im Publikum aufhielten, schienen sie von der Aussicht, erneut in einen Krieg zu ziehen – und darüber hinaus in einen, der sie eigentlich nichts anging –, nicht sehr angetan zu sein.
    Einer der Männer, ein Soldat, erhob sich. »Signore Estarto, ich fürchte, Sie haben sich an die Falschen gewendet. Wir haben vor vielen Jahren unseren Dienst für die Menschheit geleistet. Für verschiedenste Herren sind wir in den Krieg gezogen, haben unser Leben riskiert und nicht wenige von uns sind gestorben. Wie hat man es uns gedankt? Nach den Dunklen Jahren waren wir auf einmal die Sündenböcke. Man hat unsereins gejagt und getötet. Dabei wollten wir nichts weiter, als unseren Lebensabend friedlich verbringen. Aber wir sind ja nur
lebende Verbrechen
an der Schöpfung – oder wie immer es der Lux Dei formuliert. Also haben wir uns ins Exil begeben, hierher. An diesem Ort können wir in Ruhe leben, unsere Felder bestellen und unsere letzten Jahre genießen. Ihr Anliegen mag nobel sein, doch es betrifft uns nicht. Die Menschheit hat uns verstoßen, warum sollten wir ihr helfen? Das ist meine Meinung.«
    Zustimmendes Gemurmel erhob sich. »Cordoba hat recht«, sagte eine Frau zwei Stühle weiter. »Gehört nicht sogar der Lux Dei zu den Angreifern, die jetzt in der Klemme sitzen und Hilfe benötigen? Ich wüsste nicht, warum wir ausgerechnet dem Lux Dei helfen sollten. Er ist dafür verantwortlich, dass wir uns auf dieser Insel verstecken müssen. Er hat die Inquisition ins Leben gerufen, die es sich auf die Fahnen geschrieben hat, alle Invitros vom Angesicht der Erde

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