Das geraubte Paradies
war eine unerfreuliche Verkettung von Zufällen. Ich hatte einen Zusammenstoß mit der Stadtwache, von dem Gamilia Luceno berichtete. Zum Glück ist es mir gelungen, heil aus der Geschichte rauszukommen. Leider konnten wir diese Neuigkeit nicht mehr weiterleiten, denn just in jenen Stunden wurde die Inquisition auf Gamilia aufmerksam. Sie musste das Café übereilt schließen und fliehen. Dabei haben wir die Funkanlage verloren, und der Kontakt zur Insel ist abgebrochen.« Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Aber das sind Probleme von gestern. Heute ist ein neuer Tag. Also kommt erst einmal rein. Wer ist deine kleine Freundin? Und wo ist Carya?«
»Das erzähle ich Ihnen alles gerne. Genau genommen bin ich deswegen hier. Sind noch andere Mitglieder der Ascherose da?«
»Der
neuen
Ascherose meinst du wohl«, verbesserte Enzo, während er Jonan und Elje einließ. Matti verabschiedete sich unterdessen. »Muss noch ein bisschen Schrott sammeln gehen«, verkündete er.
»Danke für Ihre Hilfe«, sagte Jonan.
»Nichts zu danken. Mischen Sie den Lux Dei mal wieder kräftig auf. Ist so ruhig in der Stadt geworden.« Er lachte, dann schlurfte er zu dem Fahrrad mit dem Anhänger zurück.
Enzo schloss die Tür und übernahm die Führung. »Matti ist ein guter Mann, vielleicht etwas eigenbrötlerisch, aber das ist in Ordnung.«
»Ist er ein Mitglied der neuen Ascherose?«, wollte Jonan wissen.
»Nein, eher ein Sympathisant«, erwiderte Enzo. »Aber Gamilia gehört jetzt zu unserer Gruppe. Und Professore Adara leitet uns nach wie vor.«
»Was ist mit den anderen: Dino? Stephenie? Picardo?«
»Die früheren Mitglieder sind alle untergetaucht und haben sich auch bislang nicht mehr gemeldet. Dieser verrückte Kunstmaler, Picardo, bildet die Ausnahme. Der zeichnet immer noch mit Begeisterung seine Spottbildchen. Ich bin ja kein großer Kunstliebhaber, aber trotz seiner geckenhaften Art hat der Kerl Schneid, das muss man ihm lassen.«
Während Enzo redete, brachte er Jonan und Elje in den Keller des Hauses. Es war dunkel dort unten, aber offenbar arbeitete da jemand, denn hinter einer Holztür waren Stimmen zu vernehmen sowie ein regelmäßiges Quietschen und Knarzen.
Enzo machte die Tür auf. »Besuch!«, rief er in den Raum.
Um eine kleine Handdruckerpresse standen drei Leute, die offenbar damit beschäftigt waren, einen ganzen Stapel Flugblätter anzufertigen. Die auf eine herbe Weise durchaus schön zu nennende Frau mittleren Alters, die mit hochgekrempelten Ärmeln und roten Wangen den Hebel der Presse bediente, kannte Jonan nicht. Er tippte darauf, dass es sich bei ihr um Gamilia handelte. Auch der hagere Bursche mit dem strähnigen Haar und der runden Nickelbrille, der etwas jünger als Jonan sein mochte, war ihm fremd. Den dritten Anwesenden erkannte er dagegen sofort.
»Jonan, was für eine Überraschung!« Adara stand von seinem Platz auf, wo er gerade den Druck der Flugblätter kontrolliert hatte, und kam ihnen entgegen. Mit festem Händedruck begrüßte er ihn.
»Professore Adara, es freut mich, dass Sie bei guter Gesundheit sind und weiterhin für die gerechte Sache kämpfen.«
Adara lächelte und strich sich über den gepflegten Bart. »Ja, wir haben die Hände nicht in den Schoß gelegt, auch wenn die Ascherose damals einen ziemlichen Schlag erlitten hat. Dino ist ausgestiegen, und Stephenie wird wohl erst in ein oder zwei Monaten zurückkehren. Sie traut dem Frieden noch nicht. Von Francetta habe ich gar nichts mehr gehört, seit sie zu ihrer Schwester nach Firanza gereist ist.« Er räusperte sich. »Aber dafür haben wir Neuzugänge zu vermelden. Gamilia beispielsweise, die wirklich gute Kontakte zu den Invitro-Kreisen in der Stadt hat. Und Otho, dessen flammenden Aufruf, sich für eine bessere Zukunft einzusetzen, wir hier gerade vervielfältigen.«
»Angenehm.« Jonan begrüßte die Runde und stellte auch Elje vor.
Adara ordnete eine kleine Arbeitspause an und entkorkte eine Flasche Wein, Gamilia brachte Brot und einen Krug Wasser, und so versammelten sie sich um den Tisch neben der Druckerpresse. »Was führt Sie zu uns, Jonan?«, erkundigte sich Adara. »Ich hoffe, Sie haben nicht wieder eine tolldreiste Unternehmung vor, für die Sie unsere Hilfe benötigen.«
»Genau genommen schon«, antwortete Jonan. »Allerdings muss dabei diesmal nur ich mein Leben riskieren.«
»Dann lass mal hören«, ermunterte Enzo ihn. Er schien auf eine gute Geschichte zu brennen.
Jonan hob sein Glas und
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