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Das geraubte Paradies

Das geraubte Paradies

Titel: Das geraubte Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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um mich kümmerst statt andersherum.« Er grinste ein wenig kläglich, bevor er ein Seufzen ausstieß. »Also dann …« Umständlich begann er seine Jacke und das Hemd auszuziehen.
    Carya half ihm dabei. Anschließend wickelte sie vorsichtig den Verband ab. Wie sie es befürchtet hatte, war die Wunde rot und nässte leicht. Aber Deniers Fäden waren zum Glück nicht gerissen. Carya tupfte die Wunde mit Desinfektionsmittel ab, das sie dem Verbandskasten des Einsiedlers verdankten. Dann brachte sie etwas Wundsalbe auf, ebenfalls eine Gabe von Denier. Wie es aussah, hatte er fast den ganzen Inhalt seiner Privatapotheke in die eine Tasche gepackt, zusammen mit einem Schnappmesser, einem Kompass und einem kleinen blauen Kästchen, das Carya als Strahlungsmessgerät erkannte. »Wenigstens wird dadurch ein Teil unserer verlorenen Ausrüstung ersetzt«, stellte sie fest, als sie es herausholte.
    »Ein Navigator oder eine Landkarte ist nicht zufällig in der Tasche?«, wollte Jonan wissen, während er Hemd und Jacke wieder anzog.
    Bedauernd schüttelte Carya den Kopf.
    »Wäre auch zu schön gewesen.« Ächzend erhob sich Jonan und streckte die Glieder.
    »Was hast du vor?«, wollte Carya wissen.
    »Ich schaue mich draußen um«, antwortete Jonan. »Ich möchte einfach ein Gefühl für die Umgebung bekommen, sollten wir zu einem überhasteten Aufbruch gezwungen sein.«
    »Du glaubst nicht ernsthaft an einen nächtlichen Angriff, oder?«
    »Eigentlich nicht. Aber ich will trotzdem vorbereitet sein.«
    »Na gut.« Carya erhob sich ebenfalls. »Dann komme ich mit. Ein kleiner Abendspaziergang wäre nett.« Sie schenkte ihm ein vielsagendes Lächeln.
    Jonans Mundwinkel zuckten verräterisch. Dann drehte er den Kopf. »Pitlit!«, rief er.
    Zwischen zwei Regalreihen tauchte der Straßenjunge auf. Er hatte einen Pappkarton mit verblasstem Aufdruck wie einen Hut verkehrt herum auf dem Kopf sitzen und beide Arme voll mit Krempel. »Hm?«
    »Wir sind ein paar Minuten draußen. Überprüfen die Umgebung.« Mit einer vagen Geste deutete Jonan in Richtung Tür. »Die Sachen lassen wir hier.«
    Pitlits Blick glitt von Carya zu Jonan und zurück. »Ist gut. Geht nicht zu weit weg. Und passt auf
unsichere Bereiche
auf.« Er grinste breit.
    »Schätze, den hatte ich verdient«, brummte Jonan an Carya gerichtet.
    Bevor Carya die Ausrüstungstasche verschloss, nahm sie das Schnappmesser heraus und ließ es verstohlen in ihre Hosentasche gleiten. Seit sie in Paris ihren Bogen eingebüßt hatte, besaß sie keine Waffe mehr. Die Attentäterin in ihr machte das überraschend nervös. Anschließend drehte sie sich arglos lächelnd zu Jonan um, und gemeinsam verließen sie das Gebäude.
    Die Sonne war beinahe untergegangen, doch die Wärme des Tages lag noch in der Luft und strahlte vom steinernen Boden des Parkplatzes ab. Carya und Jonan liefen einmal um das Gebäude herum. Unkraut hatte den Asphalt zu ihren Füßen aufgesprengt, und Gestrüpp säumte ihren Weg. An der Rückseite des Gebäudes sahen sie einige Rampen, die einst Lieferanten gedient haben mochten. Außerdem gab es dort eine rostige Metalltreppe, die aufs Dach hinaufführte.
    »Wollen wir hochsteigen?«, fragte Jonan.
    »Ich schätze, das ist einer der Bereiche, die Pitlit als unsicher bezeichnen würde«, konterte Carya neckend.
    Jonan zwinkerte ihr zu. »Wenn du nichts verrätst, verrate ich auch nichts.«
    Die Treppe erwies sich als stabiler, als sie ausgesehen hatte, und sie erreichten ohne größere Schwierigkeiten das weitläufige Dach des Einkaufsmarkts. Ursprünglich schien es mit Kies bedeckt gewesen zu sein, wie man an einigen Stellen noch erkennen konnte. Der Großteil war mittlerweile jedoch von Moos, Gras und niedrigem Strauchwerk überwuchert.
    Vorsichtig schritten sie über das Dach bis zum Ostrand, von wo aus sie die Ruinen der Stadt sehen konnten. Die letzten rötlichen Strahlen der untergehenden Sonne fielen auf sie, und hier und da spiegelte sich das Licht in Metallflächen. Zwischen den Hochhäusern in der Ferne wurden jedoch bereits die Schatten länger und dunkler. Trotz aller Gefahren, die, wie Carya wusste, an Orten wie diesen lauern mochten, haftete dem Anblick zerfallener Zivilisation, deren Ruinen mehr und mehr von der Natur vereinnahmt wurden, nach wie vor etwas Magisches an. Es war ein ähnliches Gefühl wie früher, wenn sie mit Rajael hoch oben auf der Krone des Aureuswalls gehockt und von der schützenden Festungsmauer Arcadions hinaus ins Ödland

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