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Das geraubte Paradies

Das geraubte Paradies

Titel: Das geraubte Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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sie es aussprach, erkannte sie, dass das nicht einmal gelogen war. Die Trauer hatte sie vergessen lassen, wie lange sie keine richtige Mahlzeit mehr zu sich genommen hatte. Aber mit dem Geruch der warmen Gemüsesuppe machte sich das Bedürfnis nach etwas Essbarem plötzlich bemerkbar.
    Freeman zog einen kleinen weißen Tisch unter dem Bett hervor und stellte ihn aufs Bett. Dann platzierte er das Tablett darauf. »Bitte«, sagte er aufmunternd, bevor er sich wieder zurückzog und auf den Hocker setzte, den Caryas voriger Besucher beim Hinausgehen zurück neben die Tür gestellt hatte.
    Carya probierte einen Löffel. Sie musste gestehen, dass die Suppe ausgezeichnet war. Etwas so Gutes war ihr nicht mehr untergekommen, seit sie Château Lune verlassen hatte. Hungrig machte sie sich über die Schale her. Freeman sah ihr stumm zu. Ein eigenartiger Ausdruck lag dabei auf seiner Miene, wie Carya bei einem Seitenblick bemerkte. Er sah zufrieden aus und wie von einer stillen Freude erfüllt.
    Nachdem Carya ihre Mahlzeit beendet hatte, räusperte er sich. »So, nun können wir reden, nehme ich an.«
    Diese Worte machten Carya bereits wieder misstrauisch. »Sind Sie jetzt der nette Inquisitor?«, fragte sie. »Denn es war schon jemand hier, der reden wollte, und der hat mich deutlich spüren lassen, dass er mich nicht mag.«
    Freeman schnaubte. »Oberst Davin Dymond. Ja, man könnte ihn als unangenehmen Zeitgenossen bezeichnen. Aber das musst du ihm nachsehen. Er ist der Sicherheitschef. Es ist seine Aufgabe, misstrauisch und ein wenig feindselig zu sein.«
    »Und wer sind Sie?«
    »Ich bin Wissenschaftler, Gentechniker um genau zu sein. Weißt du, was das ist?«
    Carya schüttelte den Kopf.
    »Ich entwickle und erschaffe künstliches Leben, Invitros, um genau zu sein. Ich bin …« Er hielt kurz inne, und ein Lächeln erschien auf seinen Zügen. »Ich bin sozusagen dein Vater.«
    Verwirrt blickte Carya ihn an. »Mein Vater?« Hatte Cartagena ihr nicht auf Château Lune eröffnet, dass Magister Milan, den Carya auf seinen Befehl hin und gegen ihren Willen umgebracht hatte, ihr Vater gewesen war?
    »Nun, einer deiner Väter, um genau zu sein«, schränkte Freeman ein. »Das Erschaffen von Invitros ist keine Kleinigkeit. Natürlich arbeiten wir immer in Gruppen.«
    Ihr lag die Frage auf der Zunge, ob er Milan gekannt hatte, aber damit hätte Carya verraten, dass
sie
ihn gekannt hatte, und so viel wollte sie auch ihrem zweiten Gesprächspartner nicht preisgeben – zumindest noch nicht.
    Stattdessen richtete sie eine Frage an ihn, die sie schon seit ihrem Aufwachen hier beschäftigte. »Doktor Freeman, wenn Sie nicht so sind wie dieser Oberst …«
    »Dymond.«
    »… Dymond, dann verraten Sie mir doch bitte, wo ich bin. Und wie es meinem Freund geht, Pitlit, dem dreizehnjährigen Jungen, den Sie gefangen genommen haben.«
    »Zu deiner ersten Frage können wir gleich kommen«, sagte Freeman. »Widmen wir uns erst einmal deiner zweiten. Einen Moment, Aurelie.«
    »Carya«, verbesserte Carya ihn.
    Der Wissenschaftler hob die Augenbrauen. »Wie bitte?«
    »Ich heiße Carya. So haben mich meine Eltern getauft, als sie mich damals in der Kapsel des abgestürzten Raketenflugzeugs fanden.« Unwillkürlich berührte sie die Stelle an ihrer Brust, wo für gewöhnlich der Schlüssel zur Kapsel an der dünnen Silberkette hing. Zu ihrem Erschrecken musste sie feststellen, dass er nicht mehr da war. Er fehlte, genau wie ihre Kleidung und die Tasche mit dem Proviant von Reno.
    »Ah, natürlich, Carya«, antwortete Freeman lächelnd. »Ein sehr schöner …«
    »Wo ist meine Kette?«, unterbrach ihn Carya. »Sie haben mir meine Kette weggenommen! Und überhaupt: Wo sind meine ganzen Sachen?«
    Beschwichtigend hob Freeman die Hand. »Ganz ruhig, Carya. Auch das bringe ich in Erfahrung. Eins nach dem anderen. Wir sind bestimmt keine Diebe.« Er griff in die Tasche seines Kittels und holte ein kleines, weißes, blank poliertes Kästchen heraus. Mit einem Finger fuhr er über die Oberfläche des Kästchens. Was genau er da tat, konnte Carya nicht sehen. Jedenfalls hielt er es sich plötzlich ans Ohr und begann zu sprechen.
Ein Funkgerät?
, wunderte sich Carya.
Aber es ist so winzig …
    Freemans Stimme klang ruhig, aber entschieden. Carya verstand kein Wort, glaubte jedoch, dass er auf Albionisch sprach. Es gefiel ihr nicht, im Unklaren darüber zu sein, was gerade geschah, andererseits wäre es vermessen gewesen, davon auszugehen, dass

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